Klassiker in neuem Gewand

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Zum 66. Mal wurde in den vergangenen Tagen der rote Teppich ausgelegt, und bei kühlen Temperaturen, unter dem Lichtgewitter der Fotografen, feierten die Internationalen Filmfestspiele von Cannes am Mittwochabend mit Baz Luhrmanns „The Great Gatsby“ ihre Eröffnung.

Der australische Regisseur, bereits vor zwölf Jahren in Cannes mit „Moulin Rouge“ vertreten, ist unter anderem bekannt für seine prächtige Bildersprache, den pointierten Einsatz von populären Musikstücken sowie seine Methode, alte Geschichten in neuem Licht erscheinen zu lassen.

In unseren Kinos
„The Great Gatsby“

Der neue Luhrmann-Streifen läuft seit Mittwoch auch in unseren Kinos

www.utopolis.lu
www.caramba.lu

Luxemburger Wochenende

Das Wochenende wird ganz im Zeichen der luxemburgischen Filmproduktion
stehen: Ab Freitagabend wird der neue Medienminister Luc Frieden in Cannes sein. Neben einer offiziellen „Montée des marches“ wird er am Sonntagnachmittag eine Pressekonferenz geben, über die wir in unserer Dienstagsausgabe (21.05.13) berichten werden.

Bestes Beispiel in Luhrmanns Filmografie ist die „neue“ „Romeo + Juliet“-Version von 1996. Der Filmemacher zog hier alle Register seines Könnens, verwandelte den Klassiker unter allen Liebesgeschichten in eine moderne Pop-Love-Story und begeisterte mit der Neuauflage von Shakespeares Meisterstück gleichermaßen Presse wie auch Publikum. Luhrmann bleibt dieser Vorgehensweise auch bei seinem neuesten Projekt treu. F. Scott Fitzgerald, einer der Hauptvertreter der amerikanischen Prosa des 20. Jahrhunderts, schuf mit „The Great Gatsby“ ein Meisterwerk, das leider erst nach dem Tod des Autors die verdiente Aufmerksamkeit erhielt.

Aktualitätsbezug

Auslöser für den späten Erfolg des Romans war die Verfilmung von 1974 unter der Regie von Jack Clayton mit Robert Redford und Mia Farrow in den Hauptrollen. Für Luhrmann ist der Aktualitätsbezug von „The Great Gatsby“ größer denn je. In der Epoche, die Fitzgerald in seinem Buch beschreibt, sind bevorstehende Brüche zu erkennen, und die imminenten Veränderungen sollten auch nicht lange auf sich warten lassen. Veröffentlich wurde der Roman 1925, und die „Roaring Twenties“ gingen mit dem Börsenkrach von 1929 zu Ende. Als Pendant zu diesen historischen Ereignissen sieht Luhrmann die Bankenkrise von 2008, der eine ähnlich euphorische Stimmung voranging.

Um die aktuelle Botschaft auch einer jüngeren Generation vermitteln zu können, setzt Luhrmann auf zeitgenössische Musiker, bleibt dennoch dem Musikstil der 20er Jahre verpflichtet: dem Jazz. Die Liste der Interpreten liest sich wie ein Who’s Who der Musikszene: Bryan Ferry, Florence and the Machine, Q-Tip, GoonRock, Lana del Rey, Beyoncé, André 3000 usw. Das Resultat steht im Zeichen barocker Üppigkeit.

American Dream

Zentrales „Gatsby“-Thema ist auch der American Dream. Den Traum eines jeden Amerikaners, seines eigenen Glückes Schmied sein zu können und den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär zu schaffen, empfindet Fitzgerald als zerstört und pervertiert. Es gehe letztlich nur noch um Geld und Macht, das ursprüngliche Streben nach einer besseren Existenz in Freiheit und Glück existiere nicht mehr. Dies macht Fitzgerald zu einem typischen Vertreter der Lost Generation, der für sich und seine Altersgenossen die Situation so beschreibt: „Alle Götter tot, alle Kriege gekämpft, jeden Glauben in die Menschheit zerstört.“

„The Great Gatsby“, Version 2013, zeichnet sich durch verschwenderische Bilder und opulente Klänge aus. Imponierende schauspielerische Leistungen von Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire sowie Carey Mulligan tragen ganz wesentlich zum insgesamt eher positiven Eindruck bei. Die 3D-Technik kommt recht effektvoll zum Einsatz, nur die Gesamtdauer von 142 Minuten schießt etwas übers Ziel hinaus.

(Martine Reuter/Cannes/Tageblatt.lu)