Klangwelten: Luxemburgischer (Voll-)Rausch

Klangwelten: Luxemburgischer (Voll-)Rausch

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„Let’s make it happen“ – Luxemburgs Musik kommt  in unterschiedlichen Klangfarben daher. Wir besprechen hier vier neue Alben nationaler Künstler.
Eine neue Folge unserer Serie “Klangwelten”. 


Saturations cycliques

Si vous vous intéressez un tant soit peu à la scène musicale locale alternative, il y a de fortes chances que vous connaissez Cyclorama, qui a assuré la première partie pour maint groupe de post- ou noise-rock aux Rotondes et dont le postrock mâtiné de shoegaze a séduit à titre régulier au charmant „Out of the Crowd“ (en 2012 et 2015).

Pour ceux qui ne connaissent pas encore le groupe composé de Sébastien Laas et Pit Reyland, ce troisième album au titre discrètement éponyme est l’occasion rêvée pour rattraper le coup, puisque le disque démarre en puissance avec trois premiers titres qui à chaque fois créent une ambiance psychédélique par le biais de guitares saturées, sur quoi viennent se poser des nappes de synthés porteuses de mélodies diablement entraînantes. Ces nappes synthétiques ne sont pas sans rappeler les récents albums de Mogwai, même si les sons électros sont ici subordonnés à l’atmosphère alors que, chez les Ecossais de Mogwai, ils se font de plus en plus proéminents.

Là où „Tetra“ fait la part belle à des ambiances rêveuses et lancinantes, „Bad Make-Up“ démarre sur les chapeaux de roue avec un riff que n’auraient pas renié les regrettés Sonic Youth (un constat qui vaut aussi pour „Stargazer“) avant qu’une mélodie de synthé de toute beauté vienne donner de la profondeur mélodique à un titre très dansant. „Bright Shiny Morning“ ensuite plonge l’auditeur dans un mur de sons saturés, auxquels viennent s’ajouter des sons très New Wave rappelant un peu les premiers pas d’un groupe comme M83.

Si le côté répétitif au sein même de certaines chansons contribue à leur conférer cet air hypnotique qui fait le charme de ces compositions, l’on peut regretter qu’en milieu d’album, ces mêmes répétitions structurelles, quand ils s’accompagnent de mélodies moins ingénieuses („Mermaids on Fire“), ont pour résultat que notre attention part à la dérive. Heureusement, les bonnes idées reprennent le dessus dès „New Taste“ pour conclure ensuite avec le rêveur „Universe Shimmering“ et le somptueux „Monarch“.

Des airs de: Mogwai, A Place to Bury Strangers, Sonic Youth

Pour vous mettre dans le bain: Tetra, Bad Make-Up, Bright Shiny Morning

Jeff Schinker


LSD aus Luxemburg

Es ist ein richtig schön geschmeidiger Trip, der beginnt, wenn man die neue Platte von The Choppy Bumpy Peaches auflegt. Die Space-Rocker mit einer hörbaren Affinität für NeoPsychedelia werden ihr neues Album Sgt. Konfuzius & the Flowers of Venus heute Abend in den Rotondes präsentieren. Der sympathisch-absurde Titel hält, was er verspricht: philosophische Reflektionen gepaart mit etwas Dadaismus.

Eingepackt ist das Ganze in ein farbenfrohes Gewand, durch das die Meeresluft weht, während man samt unterhaltsamen Halluzinationen durch die Sonne schreitet. Wir würden niemals öffentlich dazu aufrufen, Drogen zu konsumieren, daher sei den Sittenwächtern schon mal versichert: Diese Scheibe zeigt auch nüchtern ihre Wirkung. Wie man das Gefühl noch verstärkt, sei jedem (über 18) selbst überlassen.

Den Anfang macht „Darjeeling“ (das bereits meisterhaft in der Käse-Abteilung des Cactus vorgetragen wurde). Hier kommt Julia Lams Stimme gut zur Geltung, während sie von Brüdern und Zügen singt. Sofort fühlt man sich an Wes Anderson „Darjeeling Unlimited“ erinnert.

Passend zum auserkorenen Genre gewährt „Spacetravel“ einen langsamen Einstieg (oder Aufstieg)und schaukelt sich dann stetig hoch. Hier heißt es „we are moving to Mars“, gegen Ende des Songs verliert sich die Energie jedoch – fast möchte man meinen, man habe den Weg dorthin oder gar gänzlich vergessen, was man eigentlich gerade tun wollte.

Bei „Sabaku“ werden schon etwas düsterere Klänge angeschlagen, Chöre begleiten die in Worte gefassten Gedanken über Endlichkeit, bevor ab der Hälfte des Liedes dann ausgeflippt wird, bis der Egotod endlich einsetzt. Überhaupt sind die Texte mit spannenden Überlegungen gespickt, nur hätte man auf die eine oder andere etwas abgedroschene Metapher verzichten können. Die Band kompensiert dieses Manko aber durch ihre musikalischen Bilder. „Sgt Konfuzius“ sowie „Into Light“ können als High-Class-Schlender-Tracks gelten und bei „455“ sowie „Velvet Cake“ hat man fast den Eindruck, Guro van Germeten und Nina Hagen hätten sich dazugesellt. „Juaska“ ermöglicht ein ruhiges Ausklingen, das sehr post-rockige Momente enthält, die zum Weiterträumen einladen.

Anspieltipps: Juaska, 455, Sabaku

Anne Schaaf


Ruhige Rebellion

Raftside ist das Musikprojekt des Künstlers Filip Markiewicz, der vor drei Jahren das luxemburgische Pavillon für die Biennale gestaltet hat. Auf dem wahlweise etwas lieblos oder minimalistisch gestalteten Cover von Empty Star starren wir die gähnende Leere des Weltalls an, das schreiend rote Logo verrät aber, dass die Kunst uns von dieser Leere zu retten vermag – oder so. Auf der fünften Platte von Raftside bleibt Markiewicz seiner Mischung aus Surfgitarren und melancholischem Singer-Songwriter-Sound treu, auch wenn hier alles ausgefeilter als sonst klingt.

Der Opener „Liquid Fire“ ist unterkühlter, schön geschliffener Elektropop, wie er den nostalgischen Zeitgeist kaum besser treffen könnte. Auf diese Elektro-Hymne, deren Mischung aus organischen Gitarrenklängen und digitalen, pulsierenden Synthies auch an „Nocturne“, das letzte Album von Girls in Hawaii, erinnert, folgt das ausgezeichnete „Air Guitar“, das mit präzisen, fast getupften Gitarrenklängen und Markiewiczs stoischem Gesang, der ganz klar an Konstantin Gropper erinnert, eine deutliche Verbeugung vor Get Well Soon unternimmt – eine Hommage, die auf „San Francisco Sun“ weitergeführt wird.

Die Platte, die nach dem desaströsen G20-Gipfel im letzten Jahr aufgenommen wurde, schreitet erstaunlicherweise relativ gemächlich voran, als wolle Markiewicz statt der Rebellion, die in den Texten zwar durchscheint, seine Musik formal von der Aufgeregtheit der Welt abschotten, um ihr utopische Räume schaffen.

Neben ein paar unausgegorenen Songs, deren Qualitätseinbußen meist einem zu großzügigen Umgang mit der titelgebenden Leere zu verschulden sind („There was a Time“), manchmal aber auch etwas zu orientierungslos dahinplätschern („Bluepop“), wiederholen die überzeugendsten Songs der Platte entweder den Kniff des Openers – die geschickte Verzahnung von organischen und analogen Klängen funktioniert auch auf „Euro Love“ und dem dunkeln „Half Moon Bay“ – oder versprühen dank überzeugendem Gespür für Melodien („Broken Drive“) die eleganten, melancholischen Vibes politisch engagierten Singer-Songwritertums.

Ähnlichkeiten mit: Get Well Soon, Depeche Mode, Girls in Hawaii

Anspieltipps: Liquid Fire, Air Guitar, Half Moon Bay

Jeff Schinker


OPL mit mustergültigem Mahler

In meinem CD-Archiv stehen über 20 Aufnahmen von Gustav Mahlers 4. Symphonie, darunter natürlich die legendären Einspielungen von Bruno Walter, Georg Szell, Paul Kletzki und Otto Klemperer. Und bei einer solchen Fülle von Tondokumenten stellt sich natürlich immer die Frage, ob eine weitere Neueinspielung notwendig ist und überhaupt Chancen auf dem Plattenmarkt hat.

Im Falle der rezenten Aufnahme mit Gustavo Gimeno und dem Orchestre philharmonique du Luxembourg muss man die Fragen eindeutig mit Ja beantworten. Sicher, Orchester und Dirigent erfinden das Rad hier nicht neu, aber man kann mit gutem Gewissen sagen, dass die Interpretation dieser Vierten durch Gimeno und das OPL zu den schönsten Aufnahmen der letzten Jahre gehört. Während viele andere Interpreten hier versuchen, zu viel aus der Musik herauszuschälen, vertrauen Gimeno und seine Musiker ganz dem Komponisten und interpretieren diese Symphonie mit einer wunderbaren Leichtigkeit und Anmut.

Die Homogenität der Streicher ist exemplarisch, die einzelnen Soli sind fantastisch gespielt und die Präzision lässt keine Wünsche offen. Insbesondere der dritte Satz „Ruhevoll, poco adagio“, einer der schönsten Sätze Mahlers, wird von Gimeno mit einer durchgehenden Innigkeit interpretiert, die selbst große Mahlerdirigenten wie Abbado, Bernstein, Haitink oder Kubelik nicht immer erreichen. Überhaupt macht die Homogenität dieser Aufnahme ihren ganzen Charme aus.

Obwohl ich die Sopranistin Miah Persson sehr mag, hätte ich mir hier allerdings eine etwas leichtere Stimme gewünscht, die in meinen Augen besser zu Gimenos filigranem Konzept gepasst hätte. Nach den enttäuschenden klangtechnischen Ergebnissen der letzten Aufnahmen leisten die Tontechniker von Pentatone bei Mahlers Vierten erstklassige Arbeit. Etwas weniger klangschön gelingt ihnen dann allerdings die äußerst interessante Orchestration (Colin Matthews) von Mahlers Klavierquartett.

Anspieltipps: Stücke 1, 3 und 5

Alain Steffen