/ Kino: Gefangen in der Spirale der Gewalt (SIEHE TRAILER)
Der „Baader Meinhof Komplex“ ist ein Spielfilm. Und als solcher muss er auch beurteilt werden. Weder ersetzt er kritische Auseinandersetzung mit Terrorismus, noch schreibt er die Geschichte der RAF neu und wahrscheinlich war Andreas Baader auch nicht so süß wie Moritz Bleibtreu, wenn er schreit: „Schießen und ficken ist das gleiche!“
Dennoch: Der Film begnügt sich nicht damit, besonders prägnante, für die Kinoleinwand wirksame Ereignisse der Zeit herauszupicken, sondern zeichnet die Geschichte der Roten Armee Fraktion realitätsnah nach: Er beginnt mit den Studentenprotesten in Deutschland Ende der sechziger Jahre, zeigt, wie der Protest durch die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg und das Attentat auf Rudi Dutschke zu gewalttätigem Widerstand eskaliert und endet mit der Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im Jahr 1977.
Vorlage ist das gleichnamige, 900 Seiten starke Buch von Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust. Teilweise wörtlich zitieren Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck (Ulrike Meinhof) und Johanna Wokalek (Gudrun Ensslin) aus Gerichtsakten, Briefen und Polizeiprotokollen.
Dass ihnen das Böse eines Terroristen nicht auf den ersten Blick anzusehen ist und sie selbst noch mit Knarre in der Hand als Sympathieträger fungieren, muss in einem Spielfilm erlaubt sein. Schließlich muss der Film doch nicht mehr darüber aufklären, dass Terrorismus per se schlecht, die RAF in ihrem Widerstand mindestens drei Schritte zu weit gegangen, und ihr Handeln spätestens ab der Gewaltanwendung an Menschen zu verurteilen ist. Die Stärke des Films liegt gerade darin, dass er nicht moralisiert und urteilt, sondern vielmehr den Geist einer Epoche widerspiegelt. Besonders an der Figur der Ulrike Meinhof lässt sich dieser gut erkennen:
Wie viele andere der Gruppe kommt sie aus intellektuellen Kreisen und vertritt ihre Überzeugungen nicht mit plakativen Parolen, sondern stützt sich auf linkspolitische und sozialkritische Schriften wie von Marx oder Lenin. Als engagierte Kolumnistin setzt sie sich in den sechziger Jahren für eine bessere Welt ein, schreibt gegen den Vietnam-Krieg, gegen atomare Aufrüstung, gegen das Vergessen und für soziale Gerechtigkeit. Ihre Texte werden nicht nur von Extremisten der außerparlamentarischen Opposition gelesen, sondern gelten im öffentlichen Diskurs als Referenz.
Vom geschriebenen Wort zur Waffe
Dennoch, an den herrschenden Verhältnissen haben sie – zumindest in den Augen Meinhofs – nichts verändert. Deshalb entschied sie sich für den Weg in den Untergrund und den Wechsel vom geschriebenen Wort zur Waffe. Bei den Banküberfällen, Brandanschlägen und Attentaten die folgen, zeigt der Film die Terroristen zwar nicht als skrupellose Kriegsmonster, sondern weiterhin als Menschen mit Idealen und Gefühlen, macht sie deshalb aber noch lange nicht zu Helden oder Mythen. Von Anfang an ist klar, dass ihre Mittel falsch sind und ihr Weg in eine Sackgasse münden muss.
Sowohl die Thematik des Films als auch die Regie eines Uli Edel, besonders aber die Leistung der Schauspieler, machen aus der Produktion von Bernd Eichinger ein spannendes Kinoerlebnis ohne eine Sekunde Langeweile. Darüber hinaus ist der Film eben nicht – wie ihm von vielen Seiten vorgeworfen wird – nur ein weiterer Film über die RAF, sondern hat durchaus aktuelle Brisanz: Er zeigt, wie wichtig es für eine Demokratie ist, Oppositionen zuzulassen, nicht nur um der Eskalation in Gewalt vorzubeugen, sondern vor allem auch für den Fortschritt einer Gesellschaft selbst. Zudem warnt der Film davor, Grundrechte im Kampf gegen den Terror außer Kraft zu setzen.
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