KunsteckeKentridge – Expo im Mudam nicht verpassen

Kunstecke / Kentridge – Expo im Mudam nicht verpassen
Direktorin Suzanne Cotter wird das MUDAM im Dezember verlassen Foto: Editpress/Tania Feller

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Seit der Verwaltungsrat des Mudam mit einer Zeitungsanzeige einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für die zum Jahresende aus dem Amt scheidende Direktorin sucht, ist es offiziell: Das Museum für moderne Kunst Grand-Duc Jean muss vorzeitig für Suzanne Cotter Ersatz finden, da diese ihren Fünfjahresvertrag nach vier Jahren aufgekündigt hat, dies, um in ihrem Heimatland Australien ab Januar 2022 die Leitung im „Museum of Contemporary Art“ in Sydney zu übernehmen. Zum Abschied gibt’s die sehenswerte Kentridge-Expo.
Wer folgt auf Cotter? Ob der vierte Direktor des Mudam ein Mann oder eine Frau oder gar wieder ein Luxemburger sein wird, ist unwichtig, Hauptsache er oder sie ist kompetent. Die internationale Museumsszene ist permanent in Bewegung, erst kürzlich haben sich Änderungen an der Spitze französischer Kunsthäuser angekündigt, auch in Deutschland dreht sich das Personenkarussell in den Museen immer wieder, kurzum, es dürfte nicht an Bewerbern fehlen.

Ob nach Enrico Lunghi, der das Mudam nachhaltig geprägt hat, wieder ein Luxemburger den Sprung auf den Chefsessel schafft, ist mehr als fraglich. Lunghi, der sich aktuell im Katalog des Kunst-Events im öffentlichen Raum unter dem Titel „Störende Wahrheiten“ Gedanken über die Freiheit der Kunst nach Corona macht, könnte zwar anknüpfen, wo er seinerzeit aufgehört hat, auch ist er sowohl mit der nationalen wie internationalen Kunstszene vertraut und vernetzt, doch dürfte er kaum Lust auf einen zweiten Anlauf haben, zu tief scheint der Graben zwischen seinem künstlerischen Ansatz in Richtung „engagierter und zeitgenössischer Kunst“ und der von bestimmten Kräften im Verwaltungsrat eher angestrebten „konservativeren“ Ausstellungspolitik.

Diese Karre scheint auch angesichts der rückblickend noch offenen Fragen und laufenden Verfahren wohl eher in einer Sackgasse zu stecken. Schade eigentlich!

Cotters Vorgänger Enrico Lunghi dürfte kaum Lust auf einen zweiten Anlauf haben
Cotters Vorgänger Enrico Lunghi dürfte kaum Lust auf einen zweiten Anlauf haben Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Man darf also gespannt auf die Nachfolge einer Direktorin sein, die einige Zeit lang in einer recht spannungsgeladenen Atmosphäre eher so eine Art Übergangsmandat absolvierte und kaum wegweisende Impulse gegeben hat, auch wenn sie zu ihrem Abschied noch ein paar gute Ratschläge parat gehalten hat und einige interessante Ausstellungen durchführen konnte.

Sehenswerte Kentridge-Schau

In Erwartung der Anfang Oktober anlaufenden Herbstsaison läuft momentan zum einen eine Retrospektive mit einer Auswahl an Werken aus der in 25 Jahren aufgebauten Mudam-Sammlung und zum anderen unter dem Titel „endlich allein“ eine Präsentation von rund 200 Fotos aus dem „Archive of Modern Conflict“. Beide Expos sind interessant, doch das Highlight des aktuellen Mudam-Angebotes ist der Einblick in das umfangreiche und vielseitige Oeuvre des Südafrikaners William Kentridge.

„More Sweetly Play the Dance“, ein Werk aus dem Jahre 2015 zeigt, wie Kentridge betont, „das Bild einer Prozession von Leuten, die ihr Gepäck tragen, und ist als Bild ebenso zeitgenössisch wie unmittelbar, ein tief in unserer Psyche verwurzeltes Bild“. Es ist eine Ansammlung von fiktiven und wahren Figuren, ein Spiegelbild der südafrikanischen Realität in all ihren Komponenten, eine Parade, die als Schattenkabinett von einer Tänzerin angeführt von links nach rechts pilgert.

Konsensfähiger als das Politikum um die Mudam-Leitung dürfte die Ausstellung des weltberühmten William Kentridge sein
Konsensfähiger als das Politikum um die Mudam-Leitung dürfte die Ausstellung des weltberühmten William Kentridge sein

Schwanensee- und Totentanz-Musik sowie Blaskapelle sorgen für Stimmung vor einer in „verschwommenen und verwischten Linien“ gezeichneten Minenlandschaft um Johannesburg im Hintergrund. Es ist dies eine Parabel, wie sie passender die aktuelle Situation in vielen Ländern nicht beschreiben könnte. Allein dieses monumentale Werk lohnt sich. Es kombiniert, wie Kentridge es mag, Zeichnung, Bild, Bewegung und Musik.
Andere Expo-Elemente, etwa große Zeichnungen, Videos mit animierten gezeichneten Geschichten sowie imposante Skulpturen aus Bronze, Schriftplakate und eine einzigartige Skulptur aus Musikstücken in der großen Eingangshalle, gut sicht- und hörbar dank überdimensionaler Megafone, runden diese Kentridge-Performance ab. Sie reiht sich in die Bewegung gegen das Apartheid-Regime ein und ist Teil des „red bridge project“, das über Wochen weitere künstlerische Produktionen des Künstlers in Luxemburg in Szene gesetzt hat.

Da die Kentridge-Schau am 30. August ihre Tore schließen wird, empfehlen wir einen Mudam-Besuch in den noch verbleibenden Ausstellungstagen.