Interdisziplinäre Polychromie

Interdisziplinäre Polychromie
(Tageblatt)

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„Farbenfroh“ heißt eine neue Sonderausstellung im "natur musée" im Grund, die ganz dem Thema Farben gewidmet ist. Die Selbstverständlichkeit, mit der Farben hingenommen werden, wird dort auf lehrreiche Art und Weise erschüttert.

Das geht relativ schnell. Schon auf dem Weg in die ersten Ausstellungsräume bringen einen Worte wie grasgrün und rabenschwarz ins Grübeln. Erklären Sie doch mal die Farbe Gelb, ohne einen entsprechenden Gegenstand zu nennen. Was wäre denn das Gelbe an der Farbe Gelb? Die Sache mit den Farben ist demnach nicht ganz so einfach und selbstverständlich, wie es im Alltag scheint.

Farbenfroh

Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Februar 2012 und ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag (10.00 bis 18.00 Uhr)

Führungen, Ateliers und Vorträge werden regelmäßig angeboten

Kontakt und Infos:
Musée national
d’histoire naturelle
25, rue Münster,
L-2160 Luxembourg
Tel.: 46 22 40 1 begin_of_the_skype_highlighting              46 22 40 1      end_of_the_skype_highlighting begin_of_the_skype_highlighting              46 22 40 1      end_of_the_skype_highlighting
Internet: www.mnhn.lu
E-Mail: musee-info@mnhn.lu

Über das auf den ersten Blick banale Thema haben sich schon Philosophen vor Jahrhunderten den Kopf zerbrochen. Wie etwa die Frage, ob die Farben nun im Geist oder im Objekt sind. Die Diskussion ist bis heute nicht abschließend geklärt worden, zumindest nicht von den Philosophen. Aber das Thema hat von Natur- bis Geisteswissenschaften dermaßen viele kluge Köpfe beschäftigt, dass die Ausstellung im „natur musée“ nicht die erste ihrer Art ist. Aber wohl eine der buntesten. Und das ist wörtlich zu verstehen. Die Ausstellung ist in verschiedene Räume aufgeteilt.

Weiße Westen und schwarze Schafe

Bevor die Besucher in die bunte Welt der Farben eintreten, steht eine Art Grundsatzdiskussion zu Weiß und Schwarz. Im weißen Raum bekommt man einen ungefähren Eindruck davon, wie eine Welt ohne Farben aussehen würde. Wobei es richtiger wäre, von einer unbunten Welt zu reden, denn dass Weiß und Schwarz keine Farben sind, ist eher eine kulturhistorisch gewachsene Meinung. „Wenn Sie den Menschen im Mittelalter, die Sachen weiß und schwarz gefärbt haben, erzählt hätten, das seien keine Farben, hätten die Sie für verrückt erklärt“, so Patrick Michaely, der beim „natur musée“ verantwortlich ist für die Ausstellung. Auch heutzutage erntet man skeptische Blicke, wenn man versucht Kindern zu erklären, dass Schwarz und Weiß keine Farben sind. Warum es aber dennoch so hingenommen wird und warum es doch nicht so ist, wird in der Ausstellung anschaulich erklärt.

Mit Schautafeln, Texten, Multimedia-Stationen und noch mehr können natur- und geisteswissenschaftlich komplexe Zusammenhänge anschaulich nachvollzogen werden. Die Ergebnisse, die man erzielt, wenn man die Farben an einer Lichtsäule mischt, versetzen erst in ungläubiges Staunen und münden dann in den Aha-Effekt. Natur- und Geisteswissenschaften gehen aber hier Hand in Hand, und so wird neben den Farben Schwarz und Weiß auch die Symbolik beleuchtet, die Farben anhaftet („weiße Weste“, „schwarzes Schaf“, „schwarzer Humor“ usw.), bis hin zu dem Missbrauch, der damit betrieben wurde und immer noch wird.
Es folgt ein Rundgang durch das gesamte Farbspektrum (Ultraviolett inklusive). Im lila Saal wird der Unterschied zwischen chemischen und physikalischen Farben erklärt, der blaue Saal ist dem Material Farbe gewidmet, Stichwort Pigmente und Farbstoffe.

Gelb und Rot sind Privatsache

Es folgen Grün, Orange, Gelb und schließlich als Höhepunkt, der rote Saal – nach einem Abstecher zu Rosa. Das Ganze ist interaktiv angelegt und in jedem Saal erfährt man eine Menge zur entsprechenden Farbe, aber auch über sich selber, etwa dass Farbenwahrnehmung Privatsache ist.

„Das ist ein Lieblingsthema von mir“, erklärt Patrick Michaely, wenn er gefragt wird, wie er auf die Idee kam, eine Ausstellung zum Thema Farben zu machen. Eine anspruchsvolle Angelegenheit, weil das Thema dermaßen interessant und komplex ist, dass man sich wohl überlegen muss, wie dem Publikum die Erkenntnisse mundgerecht vermittelt werden können. Erste Gedanken haben sich die Verantwortlichen bereits vor fünf Jahren gemacht. Intensiver wurde vor zwei Jahren angefangen, ein Konzept auszuarbeiten. Spätestens nach dem Rundgang durch un- und knallbunte Säle ist klar: Der Aufwand hat sich gelohnt und die nächste Diskussion um den Neuanstrich der Küche oder die Lieblingsfarbe könnte auf ganz anderer Ebene geführt werden.