FilmIm Hotelzimmer mit Emma Thompson: „Meine Stunden mit Leo“ stellt die Intimität in den Mittelpunkt

Film / Im Hotelzimmer mit Emma Thompson: „Meine Stunden mit Leo“ stellt die Intimität in den Mittelpunkt
Emma Thompson (r) als Nancy Stokes und Daryl McCormack als Leo Grande in einer Szene des Films „Meine Stunden mit Leo“  Foto: -/Wild Bunch Germany/dpa

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„Meine Stunden mit Leo“ erzählt von einer Frau, die noch nie einen Orgasmus hatte. Schauspielerin Emma Thompson stellt sich im Film einmal nackt vor den Spiegel – und ermuntert andere, das auch zu tun. Unter einer Bedingung.

Für Schauspielerin Emma Thompson (63) war es kein einfacher Moment. In ihrem neuen Film „Meine Stunden mit Leo“ spielt sie eine pensionierte Lehrerin, die noch nie einen Orgasmus hatte. Weil sie das ändern will, engagiert sie einen jungen Sexarbeiter (Daryl McCormack). Die beiden treffen sich in einem Hotel. Als Thompson den Film auf der diesjährigen Berlinale vorstellte, hatte sie viele Sympathien auf ihrer Seite.

Sie sprach dort ziemlich schlagfertig über weibliche Lust und räumte ein, dass auch ihr eine Sache nicht leichtgefallen sei. Denn am Ende des Films tritt ihre Figur Nancy einmal nackt vor den Spiegel und betrachtet sich. Das sei hart gewesen, erzählte Thompson („Tatsächlich … Liebe“, „Cruella“) in Berlin.

Den eignen Körper hassen

„Wenn ich vor dem Spiegel stehe, geht das immer so: Ich ziehe etwas ein, drehe mich zur Seite. Ich mache irgendwas“, sagte die Britin. „Ich kann nicht einfach dastehen. Warum sollte ich? Das ist schrecklich. Aber das ist das Problem, nicht wahr?“ Viele Frauen würden ihr Leben lang einer Gehirnwäsche unterzogen, um ihre Körper zu hassen. Thompson formulierte eine Hausaufgabe.

„Also, versuchen Sie mal, sich vor einen Spiegel zu stellen. Ziehen Sie Ihre Kleidung aus und bewegen Sie sich nicht“, sagte Thompson. „Akzeptieren Sie es einfach. Und bewerten Sie es nicht. Es ist das Schwierigste, was ich je tun musste.“ Dass Thompson diesen Schritt gegangen ist, beschert einen berührenden Kinomoment.

Die australische Regisseurin Sophie Hyde erzählt mit ihrem Film mit wenigen Mitteln von einer ungewöhnlichen Begegnung. Die Geschichte klingt erst mal so, als hätte das Ganze auch ziemlich danebengehen können: Ältere Frau engagiert jungen Mann für Sex. Aber den guten Dialogen und überzeugenden Darstellern ist es zu verdanken, dass die Geschichte der beiden doch weit mehr erzählt.

Die Komödie wirft einen ungewohnt schönen Blick auf Sexarbeit, auf gegenseitige Begegnung, Körperideale und weibliche Lust. Denn die sexuelle Lust von Frauen wurde nach Meinung Thompsons lange nicht wichtig genommen. Nancy sei nicht in einer Welt aufgewachsen, in der sie ständig gefragt worden sei: Und, hat es dir Spaß gemacht? Sie hoffe, dass man nach dem Film mehr über Intimität, Lust und Schamgefühle spreche.

Der Film spielt fast ausschließlich in einem Hotelzimmer, wird aber trotzdem nicht langweilig. Bei der Berlinale krachten immer wieder Lacher aus dem Publikum in den Saal. Bei den Filmfestspielen erzählte Thompson von den Vorbereitungen. Sophie habe fantastische Übungen gehabt. Sie hätten auf dem Boden gelegen und ihre Körper nachgezeichnet. Das sei sowieso eine tolle Sache – große Stücke Papier, und dann markiere man die Stellen an seinem Körper, die man möge oder nicht, oder an denen dem Körper etwas zugestoßen sei.

„Und dann haben wir einmal einen Tag ohne Kleidung verbracht“, sagte Thompson vor Journalistinnen und Journalisten. Die Übung sei unglaublich hilfreich gewesen, bemerkte die Oscar-Preisträgerin. Über ihren Kollegen Daryl McCormack („Peaky Blinders“) sagte sie, er habe einen Körper wie ein verdammtes Einhorn. Da würde man denken, dass es ihm leichter gefallen sei. Aber das sei nie einfach.