„Ich gehe gerne“

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Völlig gelassen sitzt Frank Feitler in seinem Büro und erzählt. Er erinnert sich gerne an seine Anfangsjahre als Direktor des städtischen Theaters, spricht aber mindestens genauso gerne darüber, was für Herausforderungen auf das Theater in den nächsten Jahren zukommen werden.

Auf die Frage, ob es ihn nervös mache, dass der Juni und mit ihm der sogenannte Ruhestand immer näher rückten, antwortet er mit einem klaren „Überhaupt nicht! Ich gehe gerne. Zwölf Jahre reichen.“

Kurzbio

• Am 9. Mai 1950 in Luxemburg geboren

• Studium der Germanistik und Philosoph an der Universität Heidelberg

• Von 1974-1984 Lehrer am Lycée classique Echternach

• 1984: Engagement als Dramaturg am Theater in Basel

• 1989: Wechsel ans Schauspielhaus Hamburg

• 1990: Rückkehr nach Luxemburg, Arbeit als Dramaturg und Regisseur am Theater und als Drehbuchautor und Produzent von Kinofilmen. Fünf Spielfilme entstehen: „Schacko Klak“, „Three Shake-a-leg“, „Steps to Heaven“, „Black Dju“ und „Boys on the Run“.

• 2001 wird Frank Feitler Ditektor des Théâtre municipal (Grand Théâtre)

• Frank Feitler wird von der Stadt die Direktion des Kapuzinertheaters übertragen. Er ist von nun an Direktor der „Théâtres de la ville de Luxembourg“.

Als Frank Feitler im Mai 2001 den Posten als Direktor des städtischen Theaters übernahm, arbeitete er auf einer riesengroßen Baustelle. Die Umbau- und Renovierungsarbeiten dauerten mehrere Jahre, 2003 feierte das Theater dann endlich eine fulminante Neueröffnung. Doch die Baustelle blieb. Zumindest in übertragenem Sinn.

Unterschiedliche Welten

Wegen der langen Pause gab es weder eine hausinterne Struktur noch Kontakte nach außen, geschweige denn Publikum. „Es war schwierig, aber andererseits auch sehr schön, da wir das Theater wirklich neu aufbauen konnten, völlig ohne Altlasten“, sagt Feitler und erzählt, dass damals ziemlich unterschiedliche Welten aufeinandergeprallt seien: „Die Gemeinde und ich, wir hatten schon so unsere Probleme miteinander“, sagt er und schmunzelt. „Sie mit dem frischen Wind, den ich mitbrachte, und ich mit den Hierarchien, nach denen so eine Gemeindestruktur funktioniert“.

Mit Hierarchien könne er bis heute nichts anfangen. Das hätte selbst die Gemeinde mittlerweile verstanden und akzeptiert. Und mit seinen Koproduktionspartnern, auch mit deutlich kleineren Häusern, herrsche sowieso ein „herrschaftsfreier Dialog“. Theater sei nun mal immer Gemeinschaftsarbeit, Chefgetue überflüssig.

Etwa fünf Jahre habe er gebraucht, um das Theater zu positionieren. „Wir haben von Anfang an angestrebt, ein Theater aufzubauen, das dem Niveau einer europäischen Hauptstadt entspricht.“ Dass er das geschafft hat, bezweifelt heute kaum mehr jemand. Vor allem die internationalen Koproduktionen und Gastspiele in allen drei Sparten Oper, Tanz und Theater spielen in der höchsten Liga mit, sind am Puls der Zeit; was dem Publikum in London, Paris oder Berlin geboten wird, das bekommt es auch hier zu sehen.

Baustelle Luxemburger Theaterproduktionen

Baustelle herrscht hingegen noch auf dem Feld Luxemburger Theaterproduktionen. Das gibt Feitler auch unumwunden zu. Es fehlten die Texte. Die Klassiker, Batty Weber oder Putty Stein, ließen sich heute nicht mehr so spielen, wie sie geschrieben wurden. Und bei den Zeitgenossen? Da bemängelt Feitler, dass sich die wenigsten trauten, ihre Texte auch auf Luxemburgisch zu schreiben. „Sie weichen ins Deutsche oder Französische aus, weil sie den Eindruck haben, in luxemburgischer Sprache nicht ernst genommen zu werden. Schrieben sie dann doch auf Luxemburgisch, hätten sie oft die Tendenz, zu übertreiben. „Sie wollen zeigen, wie reich die Sprache ist, dadurch wirken die Texte oft künstlich“, stellt Feitler fest. „Tschechow hat das Russische aber auch nicht neu erfunden …“

Hier am Ball zu bleiben, nach Stoffen zu suchen, die einen Bezug zu Luxemburg haben, und Autoren zu finden, die das spezifisch Luxemburgische eines Themas herausarbeiten könnten, darin sieht Feitler eine der größten Herausforderungen für seinen Nachfolger.

Und sonst? Sonst müsse er/sie wissen, dass er mehr arbeiten müsse als alle anderen, dass er mit drei Sälen und 70 Produktionen im Jahr genug zu tun habe und nicht selbst spielen oder inszenieren könne. Und das Wichtigste: „Direktoren sind Vermittler, sie sollten kein Egoproblem haben.“ Das sollten sie getrost den Künstlern überlassen.