Goldener Leopard geht nach Spanien

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Der Goldene Leopard des Filmfestivals Locarno ging in diesem Jahr an die spanisch-französische Gemeinschaftsproduktion "Historia de la meva mort" ("Die Geschichte meines Todes").

Die Jury der 66. Ausgabe des Festivals entschied sich am Samstagabend für den in spanisch-französischer Gemeinschaftsproduktion realisierten Spielfilm „Historia de la meva mort“ („Die Geschichte meines Todes“).

Die Jury des Internationalen Wettbewerbs entschied sich hingegen überwiegend gegen alle Erwartungen. Die Auszeichnung von „Historia de la meva mort“ des katalanischen Regisseurs Albert Serra mit dem Goldenen Leoparden ist eindeutig eine Absage an ein massenwirksames, publikumsfreundliches Kino. Der diesjährige Goldene Leopard ist dagegen ein Plädoyer für ein Kino, das weniger Wert auf Inhalt und Verständlichkeit als auf ausgefallene Ästhetiken und hohen Kunstanspruch legt.

„Enfant terrible“

Serra, der sich selbst gern als „Enfant terrible“ des spanischen Kinos sieht, lässt in starren, stark konstruiert wirkenden Tableaus den alten Casanova Ende des 18. Jahrhunderts in die Welt Draculas reisen. Dabei werden unentwegt philosophische Gedanken, etwa von Casanovas Zeitgenosse Voltaire, zitiert. Das hat den Reiz ausgetüftelten Kunstgewerbes. Spannung bezieht daraus wohl nur ein Zuschauer, der es liebt, im Kino mit einer Flut von mehr oder weniger geistreichen Monologen durch verrätselte Bilder geführt zu werden.

Auch die weiteren wichtigen Ehrungen galten keinen publikumswirksamen Filmen. Der Spezialpreis der Jury ging an „E Agora? Lembra-me“ („Und was nun? Erinnere mich“). In diesem filmischen Essay porträtiert sich der aidskranke Portugiese Joaquim Pinto in verklausulierten Bild-Ton-Montagen selbst. Der Südkoreaner Hong Sangsoo, der für „U ri Sunhi“ („‚Unsere‘ Sunhi“) als Bester Regisseur ausgezeichnet wurde, ergötzt sich in seinem spröden Dialogfilm an einer Flut von Gesprächen über das Woher und Wohin des Lebens.

Aus dem überzeugenden Angebot des Hauptwettbewerbs, in dem 20 Spiel- und Dokumentarfilme liefen, wählte die Jury immerhin zwei Preise für Leistungen aus, die viele Festivalbesucher fesselten. Als Beste Schauspielerin ehrte sie die US-Amerikanerin Brie Larson. Sie spielt in dem Jugendheimdrama „Short Term 12“ eine engagierte Erzieherin. Die Auszeichnung als Bester Darsteller ging an den Peruaner Fernando Bacilio für seine Interpretation eines Justizbeamten in dem Gesellschaftspanorama „El mudo“ („Der Stumme“), eine Gemeinschaftsproduktion von Peru, Frankreich und Mexiko.

Kunst und Kommerz

Die Entscheidung der Hauptjury vor allem für Kunstgewerbe entsprach nicht dem Gesamteindruck des Festivals. Der wurde vom Geschick des neuen künstlerischen Direktors Carlo Chatrian geprägt, Kunst und Kommerz, Unterhaltung und Anspruch auszubalancieren. Das Festival überzeugte mit einem facettenreichen Angebot auf hohem Niveau.

Herzstück auch des 66. Internationalen Filmfestivals Locarno war das Programm auf der von Prachtbauten umgebenen Piazza Grande der Kleinstadt am schweizerischen Ufer des Lago Maggiore. Hier sahen jeden Abend etwa 8000 Besucher überwiegend unterhaltsame Filme außerhalb der Konkurrenz um den Goldenen Leoparden.