Eulen nach Athen tragen

Eulen nach Athen tragen

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Das Kasemattentheater zeigt das Stück „Die Vögel“ von Aristophanes.

Bei einer antiken griechischen Komödie mögen viele Theaterinteressierte an lange unverständliche Verse denken, vorgetragen von Schauspielern in antiken Kleidern, die sich keinen Millimeter vom Platz rühren. Dieses Vorurteil wird vom Regisseur Stefan Maurer nicht bestätigt.

Info

„Die Vögel“, von Aristophanes

Mit Nora Koenig, Catherine Janke und Germain Wagner

Regie, Textfassung und Bühne: Stefan Maurer

eine Koproduktion mit den Théâtres de la Ville de
Luxembourg

Wo: Kasemattentheater

Weitere Aufführungen:
24. und 27. November / 1., 3., 4. und 8. Dezember jeweils um 20.00 Uhr

Infos und Tickets:
www.kasemattentheater.lu

Eine moderne Mülltonne ist das einzige Requisit auf der Bühne, die ansonsten leer ist, sieht man von den Vorhängen an den Seiten ab. Stefan Maurer zeigt, noch ehe die Schauspieler auf der Bühen sind: Dies ist kein klassisches Stück. Zwei modern angezogene Athener – Pisthetairos (Germain Wagner) und Euelpides (Nora Koenig) – laufen aus ihrer Stadt fort, und suchen einen Platz, wo es sich besser leben lässt. Sie kommen ins Reich der Vögel, wo sie auf Wiedehopf, den König der Vögel, treffen. Zuerst steht der ihnen misstrauisch gegenüber; die beiden können ihn jedoch von einer besseren Zukunft und von ihrem Plan überzeugen. Die Vögel bauen eine Stadt in der Luft, zwischen den Menschen und den Göttern, Wolkenkuckucksheim. Für kurze Zeit wird die Utopie Realität, doch wegen Egoismus endet das Ganze dann doch im Chaos.

Der Autor…

Der Autor, geboren zwischen 450 v. Chr. und 444 v. Chr. in Athen und dort um 380 v. Chr. gestorben, ist einer der herausragendsten Vertreter der antiken griechischen Komödie. „Die Vögel“ gilt als eines seiner Meisterwerke. Zum ersten Mal wurde es 414 v. Chr. in Athen aufgeführt, und hat bis dato nichts von seiner Aktualität verloren. In der utopischen Stadt, die aufgebaut wird, sollen die äußeren Zwänge und das Machtstreben außen vor bleiben. Doch das Menschliche lässt sich nicht einfach so abschalten. Seine Dämonen und Probleme schleppt jeder mit sich herum, auch in der Utopie.

Was von Aristophanes als Kritik an der damaligen Politik Athens gedacht war, ist mittels einer modernen Inszenierung auf das Heute übertragbar. Der Text wurde mit Anspielungen auf die Gegenwart, genauer gesagt auf Luxemburg, angereichert. Einige Textpassagen werden auch auf Luxemburgisch vorgetragen. Die klassischen Textpassagen werden dabei mit modernen vermischt, ohne dass der Text holprig wirkt.

Aktualität der Klassik

Wie ein roter Faden zieht sich die moderne Technik durch das Stück: Handy mit GPS, Laptop und im Hintergrund manchmal elektronische Musik, manchmal sehr laut. Die Lautstärke ist übrigens ein weiteres Merkmal der Aufführung; Textpassagen werden zum Teil von den Schauspielerinnen quasi wütend in den kleinen Saal gebrüllt. Figuren, die bei Aristophanes Original auftauchen, werden von Maurer in eine moderne Variante umfunktioniert, wie etwa die Wahrsagerin, die in dieser Version eine Kundenberaterin ist.

Die Sinnlosigkeit erträumter Utopien verdeutlicht Maurer mit der kargen Bühne, auf der anfangs nur eine Mülltonne steht. Die Protagonisten schmeißen zwar ihr Handy weg, am Ende wird der Dreck aus der Tonne jedoch in der neuen Stadt ausgebreitet. Die Sünden der Vergangenheit sind immer präsent.

Ein Paradies als Ziel

Die Protagonisten wollen ein Paradies errichten. Die Anspielungen auf Luxemburg – die „Insel des Wohlstands“ – stellen indirekt die Frage, wieso es einem Land, was zu den reichsten der Erde gehört, nicht gelingt, zum Idealstaat zu werden. Aristophanes sieht den Versuch, eine Utopie zu erschaffen, als zwecklos. Sein Vers „Wer hat die Eule nach Athen gebracht?“ – heute oft mit „Das hieße ja, Eulen nach Athen tragen übersetzt – wird oft für sinnlose Unternehmen benutzt.

Dass Aristophanes auch heute noch in unsere Welt gehört, zeigt die letzte Szene, in der Maurer seine Schauspieler im wahrsten Sinne des Wortes in die Welt außerhalb des Theaters entlässt.

Warum soll man heute im Jahr 2015 noch ins Theater gehen, wenn uns von den Medien TV und Kino fast alles geboten wird? Stefan Maurer bietet eine mögliche Antwort mit „Die Vögel“. Es ist kurzweiliges Theater, was bei klassischen Stücken nicht ohne ist. Seine Inszenierung von Penthesilea im Mai hatte uns schon gut gefallen; „Die Vögel“ bestätigt sein gutes Händchen bei der Inszenierung von Klassikern.