Eine Seele, die bewahrt werden will

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War das für François Liénard und Valérie Peclow unentbehrliche Bedürfnis, eine eigene Kunstgalerie zu führen, nichts anderes als reine Utopie? Eine schmerzvolle Erfahrung des Misserfolgs? Emile Hengen

„Le Chalet de Haute Nuit“, 1994 gegründet, zählte über viele Jahre hinweg zu einer der bedeutendsten Kunstgalerien in Brüssel und in der französischsprachigen Wallonie. Ferner war sie ein unverzichtbares Sprungbrett für viele junge, aufstrebende Künstler aus ganz Belgien.
Die Galerie „Le Chalet de Haute Nuit“, die nach einer Gruppe von Surrealisten aus den 40er Jahren benannt war, vereinte mehr als 200 Künstler, organisierte um die 70 Ausstellungen, gestaltete und veröffentlichte mehr als 20 Kunstkataloge und war im Laufe der Jahre mehrmals gezwungen, an einen anderen Ort umzuziehen, weil die Galerie einen größeren Ausstellungsraum benötigte.
Den Protagonisten des „Chalet de Haute Nuit“ ging es nicht darum, sich in irgendeiner Form materiell zu bereichern, sondern vielmehr darum, Kunst sowie sich selbst immer wieder neu zu definieren, neue Pfade zu begehen und konventionelle Rahmen zu sprengen. Manche mögen das Gefühl der Enttäuschung kennen, wenn man – nachdem man Tag und Nacht, über Wochen hinweg, auf eine bestimmte Ausstellung hingearbeitet hat – am Tag der Ausstellungseröffnung auf mangelndes Interesse seitens der Öffentlichkeit stößt.
Oder aber das Gefühl, in einem geschlossenen Kreis gefangen zu sein, umgeben von einer Handvoll Idealisten. Dann nämlich drohen Projekte zu stagnieren. Schnell wird alles zur „gehassten“ Routine und es fehlt die erforderliche Kraft, die einem erlaubt, an seinem Lebenstraum festzuhalten. Zu allem Überfluss gesellten sich zum „Chalet de Haute Nuit“ auch noch Geldnöte hinzu, was letztendlich dazu führte, dass nichts anderes übrig blieb als ein Scherbenhaufen von Illusionen, die zu dieser Stunde liebevoll und sehr behutsam von der Galerie „Nei Liicht“ in Düdelingen wieder zusammengeklebt werden.

Der Retter in der Not

Bereits vor Jahren entstand zwischen den Künstlern des „Chalet de Haute Nuit“ und der Galerie „Nei Liicht“ in Düdelingen eine enge Freundschaft, die heute ihre ersten Früchte trägt. Drei Bedingungen, die in einem rechtskräftigen Vertrag vom 16. April 2008 festgehalten sind, hat die Galerie „Nei Liicht“ in Düdelingen zu erfüllen, damit sie in den Besitz von 115 Kunstobjekten von 57 Künstlern des „Chalet de Haute Nuit“ kommt.
Die Stadt Düdelingen verpflichtet sich dazu, die Kunstobjekte und schriftlichen Nachlässe des „Chalet de Haute Nuit“ sorgfältig aufzubewahren, sie in regelmäßigen Zeitabständen in ihren Galerien auszustellen und ein digitales Archiv zu erstellen, das noch vor dem 31. Dezember 2009 auf der Internetseite der Düdelinger Kunstgalerien abzurufen ist. Durch diese Übereinkunft erhoffen sich alle Beteiligte, dass Geist und Seele der wallonischen Galerie fortbestehen. Bis zum 28. November ist eine ganze Reihe von Kunstgegenständen, die im Laufe der Jahre zum festen Bestandteil der Galerie „Chalet de Haute Nuit“ wurden, in der Galerie „Nei Liicht“ zu besichtigen. Es handelt sich um eine erlesene Auswahl an Kunstobjekten von vorwiegend unbekannten Künstlern, die zeigen, wie vielseitig die langjährige Arbeit der beiden Galeristen François Liénard und Valérie Peclow gewesen ist. Malerei, Illustration, Fotografie, Grafik, Skulpturen und feinste Zeichnungen: Das Portfolio, das in dieser Form hierzulande einzigartig ist, sollte jedenfalls von jedem Kunstinteressierten durchwandert und erkundet werden.