Eine Ästhetik der Ethik

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Weder dogmatisch, schon gar nicht demagogisch oder moralisch, nicht einmal pädagogisch will er sein, der Künstler Bruce Clarke. In erster Linie gehe es um Ästhetik. Und genau darin liegt der Schlüssel, warum seine Kunst den Namen „engagierte Kunst“ verdient.

Janina Strötgen

Der Völkermord in Ruanda war schrecklich. Knapp eine Million Menschen fielen ihm zum Opfer. Das wissen wir. Zumindest theoretisch. Doch Ruanda ist weit weg und der Völkermord Jahre her. Die Erinnerungen verblassen.
Metergroße Bilder mit schwarzen Männern, Farbflecken und Zeitungsschnipseln, schwarze Augen, die den Zuschauer beinahe anspringen – die Collagen Bruce Clarkes haben eine emotionale Wirkung.
Sie sprechen nicht nur unseren Sinn für Ästhetik an, sondern stacheln auch unsere Reflexion an. Obwohl der Völkermord in Ruanda explizit nirgends auftaucht, wird er durch Clarkes Kunst personalisiert. Und darin liegt das Geheimnis der Wirkungskraft seiner Kunst.

Politisches Engagement

Bruce Clarke ist ein politisch engagierter Mensch. Er kämpfte für die Abschaffung der Apartheid in Südafrika, heute arbeitet er an Projekten zur Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda. Sein politisches Engagement gibt seiner Kunst Themen, Bilder, einen roten Faden vor. Und doch sind seine Kunstwerke keine Dokumentationen, sondern Collagen aus Bildern, Farben und Wörtern. „Es ist wie ein Spiel, ich nehme Wörter und Bilder aus ihrem gewöhnlichen Kontext, verbinde sie neu miteinander und schaffe dadurch etwas Neues“, erklärt Clarke.
Dafür zerreißt er auch Zeitungen, sucht sich Überschriften oder Abschnitte heraus, die er mit seinen Gemälden kombiniert. Und findet er mal keinen passenden Schriftzug, dann erfindet er einen. Dadurch hat in seinem Werk auch die Medienkritik einen Platz. Denn oft sei das, was wir in den Zeitungen lesen, ja auch nichts weiter als Erfindungen, so der Künstler.
Seine Technik erinnert stark an die Montagetechnik der Surrealisten, die durch die ungewöhnliche Zusammenstellung von Gegensätzlichem eine Schockwirkung hervorrufen wollten. Und doch sind die Werke Clarkes nicht surreal, eher eine Inszenierung der Wirklichkeit mit den Mitteln der Kunst. Nichts ist eindeutig festgelegt, keine Namen werden genannt, eher sind es die Anspielungen, die den Kunstwerken ihren Sinn geben und der sich erst durch den Rezeptionsvorgang des Zuschauer entschlüsseln lässt.
Ein Motiv, das in den Werken Clarkes immer wieder auftaucht ist das Spannungsverhältnis zwischen Individualität und Kollektivität. In der Serie „Les hommes masses“ sind Menschen ohne Gesichter zu sehen, sie kommen auf den Betrachter zu, gehen aber in der Masse unter. Und doch wirken sie als Einzelpersonen.
Bruce Clarke hat in seinem Werk ein gutes Gleichgewicht zwischen Engagement und Kunst gefunden. Indem die Bilder ästhetisch wirken, vermitteln sie auch eine Aussage. Keine spezifische, sondern eher eine allgemeine: gegen das Vergessen und für die Würde der Menschen, gegen Diskriminierung und für die Verständigung der Völker.
Absolut sehenswert!

„Du côté des vaincus“
Peintures de Bruce Clarke

Au Centre culturel derencontre,
Abbaye de Neumünster
28, rue Münster
L-2160 Luxembourg

En collaboration avec l‘Association rêves d‘Afrique et Action solidarité Tiers Monde (ASTM)
Tous les jours de 11 à 18 h
Jusqu‘au 21 mars 2010

www.ccrn.lu

www.bruce-clarke.com