Eindrücke von einem Dorf als Kunstgalerie

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Zum 15. Mal ist der Touristenort Befort für ein paar Tage in eine Kunstgalerie verwandelt worden. In zwölf verschiedenen Gebäuden, darunter die mittelalterliche Burg und das Renaissance-Schloss, stellen 115 Künstler rund 450 Werke aus. Das breite Spektrum reicht von Malerei über Bildhauerei, Gravur, Lithografie bis hin zu Fotografie. Alain Muller

Als 1994 der damalige Bürgermeister Guy Hanff sich mit seinen engen Mitarbeitern für einen künstlerischen Aufhänger entschloss, um Befort eine positive Presse zu verschaffen, ging man einer ungewissen Zukunft entgegen. Zugleich beabsichtigten sie die Kunst in den öffentlichen Raum zu tragen und so dem Otto Normalverbraucher die Angst vor der Kunst zu nehmen.
Die Risikobereitschaft wurde belohnt: „Art in Beaufort“ hat einen festen Platz auf der Landkarte der luxemburgischen Kunstszene und zieht auch viele Besucher von jenseits der Sauer an.
Eine Kerze wurde während der diesjährigen Eröffnungsfeier symbolisch für 15 Jahre „Art in Beaufort“ angezündet: Man braucht eine zündende Idee. Am Anfang brennt die Kerze unruhig, danach ruhig und stetig. Das Licht zieht Menschen an, zum Schauen, Arbeiten, Wärmen oder Meditieren. Doch eine Kerze brennt nicht ewig; einmal erlöscht sie, zur Freude oder zum Bedauern der Betrachter. Aber, man kann ja immer wieder eine neue Kerze anzünden …
Von Anfang an dabei ist Lydia Bintener mit ihren Coloured Guides, die jedes Jahr für eine malerische Überraschung gut sind. Bei frischen Temperaturen führten die zwei spärlich bekleideten Damen mit einem Glas Sekt in der Hand die Ehrengäste durch die über das ganze Dorf verteilte Ausstellung. Überraschend war ihr Auftritt in der Pfarrkirche, mit nackten Oberkörpern, deren Reize die Motive der Dresdener Liebfrauenkirche in Verbindung mit Befort und die Pfauenbemalung nicht ganz überdeckten. Zwischen den Kirchstühlen stellt Tom Flick eine Reihe schöner Skulpturen aus.

Skulpturen und Glasarbeiten

Die Retrospektive der in Befort lebenden Künstlerin Marie-Thérèse Kolbach, erzählt, dank der sorgfältigen Auswahl repräsentativer Werke, ihre künstlerische Entwicklung. Einige Künstler konnten einen ihnen zugestandenen Raum nach eigenem Geschmack gestalten und ihre Arbeiten in das adäquate, suggestive Licht rücken: so Patricia Lippert mit ihren Bildern und Pascale Seil mit ihren Skulpturen und Glasarbeiten im Renaissance Aufbau der Burg, sowie Jonas Lippert im eher gruseligen Ambiente der Folterkammer.
Die meisten Künstler durften aus Platzgründen nur drei ihrer Werke ausstellen. Stellvertretend für die vielen wertvollen Ausstellungsobjekte sei die Holzarbeit „Der Rebell“ erwähnt. Diese Gruppenidee, realisiert von Heather Carroll, drückt die Wut der Natur aus, eine Natur, die sich, mit Kraft und Ausdauer, gegen Zerstörung und Abholzung wehrt. Die fotografische Ausstellung des lokalen Vereins behandelt das Thema 2:1, zum Beispiel eine Schnecke zwischen zwei Schuhen, oder zwei weiße Möwen und eine Schwarze. Rosch Klein hebt die kleinen, pikanten Details der Stadt Dresden hervor, während Marc Detail sich mit der Architektur Dresdens im Allgemeinen beschäftigt. Höchst abwechslungsreich war das Rahmenprogramm am Eröffnungstag.
Im Kummelsbau erwartete die zahlreichen Besucher eine Symbiose von vier Kunstrichtungen. Unter dem Motto „Im Gewitter der Rosen“ spielte Lisa Berg auf ihrem Violoncello Toninspirationen zur Serigraphie von Ulla Scharll: Vroni Fischbach las Texte von Ingeborg Bachmann; daneben standen die Damen mit ihrem Bodypainting.

Musik und bildende Kunst

Im „Hiirdenhaus“ spielte Catherine Lorent auf ihrer Gitarre oder summte Melodien für die Betrachter der oft witzigen Zeichnungen von Danielle Scheuer und Catherine Lorent. Im schaurigen Burgverließ im feucht-kalten Untergeschoss des Wasserturms gab Max Thommes eine kraftzehrende, ergreifende und zugleich abstoßende Performance eines nackten, blutüberströmten Menschen, der, angekettet, furchtbare Qualen erleidet: „Holt mich hier raus.“
Mit feurigen Bläserklängen, rasanten Hochzeitstänzen, traurigen Märschen und sehnsüchtigen Balladen unterhielt die originale Balkanbrassband Fetita Mea Mica die Gäste im Binnenhof des Renaissanceschlosses, im Sinne von Bürgermeister Camille Hoffmann: „Nach 100 Bildern braucht man eine Erfrischung.“
Auch die Primärschulkinder sind in die Kunstausstellung eingebunden. In der alten Schule sind ihre Papierschnitzelbilder von Helden aus der Kinderwelt ausgestellt. Von ihnen bemalte Pfähle zeigen den Besuchern den Weg zu den Ausstellungsräumen. In seiner Ansprache wiederholte Schöffe Roger Klein die vor Jahren im „Beforter“, dem lokalen Infoblatt, gestellte Frage: „Ab wann wird ein Event zu einer Tradition?“
Die Antwort liegt auf der Hand. „Art in Beaufort“ mit seiner Vielschichtigkeit und seiner Einbindung in eine historisch gewachsene Ortschaft ist nicht mehr aus dem kulturellen Leben Luxemburgs wegzudenken. Ad multos annos.


Themenschwerpunkt Musik

Die Grundidee der ersten Auflage von Art in Beaufort im Jahre 1994 bestand darin, ein ganzes Dorf als Kunstgalerie zu gestalten, und auf diese Weise Kunstwerke von national und international anerkannten Künstlern einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Darüber hinaus bietet das Kunstfestival Art in Beaufort dem Besucher ein anspruchsvolles Rahmenprogramm in Bezug auf Musik und „Performances“. Die Kunstwerke sind in den verschiedenen öffentlichen Gebäuden im Dorfzentrum sowie in der Burg und im Schloss zu sehen.

 Samstag, 19. Juli
14.00 – 20.00 Uhr: Ausstellung
16.00 Uhr (Burg): Caminho, südamerikanische Musik
16.00 Uhr (The Flying Dutchman) Electronic Music Meets Arts
20.00 Uhr (Burg): Auftritt von „Das Blaue Einhorn“

 Sonntag, 20. Juli
12.00-20.00 Uhr: Ausstellung
13.00 Uhr (Dorf): Saxitude, Jazz-Quartett
13.30 Uhr (Burg): Armadilla
14.00 Uhr (Kiosk): Mini-Rock
15.00 Uhr (Dorf): Das Blaue Einhorn
15.00 Uhr (Burg): The Carps‘
17.00 Uhr (Dorf): Caminho
17.00 Uhr (Kiosk): Mindflash
17.00 Uhr (Burg): Artisdead
18.00 Uhr (Burg): Bluespoint
19.00 Uhr (Dorf): Karin Melchert & Band
21.00 Uhr (Dorf): Dompiraten

Weitere Informationen auf www.artinbeaufort.lu