Ein Rückblick auf die musikalischen Burgfestspiele in Befort

Ein Rückblick auf die musikalischen Burgfestspiele in Befort

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Das 1681 erbaute Renaissanceschloss samt Burg in Befort gehört nicht nur zu den geschichtsträchtigsten und ältesten des Luxemburger Landes, sondern ist seit 1994 Schauplatz zahlreicher, unterschiedlicher kultureller Darbietungen. Der 11. August 2019 markierte hier den Anfang einer Reise durch die Genres Rock und Klassik, die eine Woche später in der hergerichteten Kirche in Befort mit der französischen Opernsängerin Natalie Dessay endete – wir blicken zurück auf eine gelungene Edition der Rock ’n’ Classics 2019.

Den Auftakt machte die 1971 gegründete Manfred Mann’s Earth Band rund um den 79-jährigen Keyboarder Manfred Mann, der auch in gestandenem Alter mit Silberhemd und mit tief sitzendem weißem Hut auf der Bühne umherspringt und sein markantes weißes Keyboard schwingt, als wäre die Zeit an ihm vorbeigegangen.

Fungiert er in 100 Minuten Spielzeit und während der 13 Songs, darunter die Klassiker „You Angel You“, „For you“, „Blinded by the Light“, „Do Wah Diddy Diddy“ sowie „Mighty Quinn“, zumeist als Marionettenmann, der vor seine vier Wegbegleiter tritt und genauso schnell hinter seinem doppelten Standkeyboard wieder verschwindet, wird schnell klar, dass dies nur möglich ist, weil er mit Mick Rogers, Steve Kinch, John Lingwood und Ausnahmesänger Robert Hart Multiinstrumentalisten und Allrounder um sich schart, die allesamt für Qualität statt Quantität stehen.

Mystische Stimmung

Brauchte es zu Beginn zugegebenermaßen Einiges an Soli und Reibeisenstimme, bis der quasi ausverkaufte Innenhof in Fahrt kam und die nervigen Privatgespräche verstummten, so sorgte die einsetzende Dämmerung dafür, dass die Schlossmauern langsam in unterschiedliche Farben getränkt wurden und eine ganz besonders rockig-mystische Atmosphäre auf der Burg aufkam.

Eine Atmosphäre, die beim insgeheimen Headliner des Festivals, Kiefer Sutherland samt Band, bereits beim ersten Gitarrenschlag einsetzte, da mit dem coolen Kief ein Frontmann das Mikrofon ergriff, der Lust an seiner neuen Bestimmung als Bluesrocksänger findet und der das Publikum mit privaten Anekdoten und gelungenen Eigenkreationen sofort auf seine Seite ziehen konnte.

Die Melancholie des Privilegierten

Getreu dem Motto „Life is too short to do something you don’t love“ führte Kiefer Sutherland auf der „Reckless and Me“-Tour die Menge durch seine zwei Alben und spielte zudem verschiedene Cover.

Es zeigte sich, dass die Songs mitunter von sehr melancholischen Tönen („Shirley Jean“ oder „Faded Pair of Blue Jeans“) durchdrungen wurden, Kiefer Sutherland verzichtete jedoch auch nicht auf Stücke, die das sitzende Publikum sofort zum Mittanzen animierten („All She Wrote“ und „Down in a Hole“). Kiefer Sutherland weiß um seine Berühmtheit und um das einhergehende Privileg, das tun zu dürfen, auf das man Lust hat. Und doch hat er sich das Ziel gesetzt, auch als Musiker anerkannt und respektiert zu werden … Chapeau Kief, auf baldige Rückkehr in Befort.

Classical Castle …

Bereits zu Gast in Befort war die Mezzosopranistin Stella Grigorian, die dieses Mal in Begleitung des Tangokomponisten und Pianisten Gustavo Beytelmann ein weiteres Mal im Schloss auftreten durfte. Leider standen ihnen die Wettergötter am Feiertag nicht zur Seite und so war der Innenhof vergleichsweise recht leer, was, so schien es zumindest, Beytelmann etwas aufs Gemüt drückte: So gab es wenig Interaktion mit dem anwesenden Publikum und recht kurze Verneigungen. Zudem schien Beytelmann auch nicht entschlossen, sich von der sympathischen Lebefrau Grigorian mitreißen zu lassen und den Tour de Tango auch im Nassen mit voller Inbrunst zu tanzen.

Nichtsdestotrotz lieferte Stella Grigorian eine stimmliche Leistung der Extraklasse ab und offenbarte, dass sie nicht nur Mezzosopran beherrscht, sondern auch dem Tango durch ihre Alt-Stimmlagen eine laszive Körperlichkeit verlieh. In Deutsch, Französisch und Spanisch führte sie dem Publikum die zahlreichen Facetten des Tangos vor.

… und Classical Church

Zum Abschluss der Festivalwoche entschied sich das Team der „Amis du Château“ um  Cheforganisator Georges Rischette dazu, ein Nachmittagskonzert in der kleinen Kirche in Beaufort zu planen. Sie luden nicht nur Stella Grigorian sowie die Ausnahmepianistin Shani Diluka ein, sondern mit Natalie Dessay zudem eine der größten Opernsängerinnen der Welt, die in Befort ihre Luxemburg-Premiere feiern durfte.

Schnell zeigte sich, dass dieses Konzert ein Chef d’Oeuvre der Klassik werden würde: Die Mystik Beforts erreicht in der blau-violett hergerichteten Kirche ihren Höhepunkt, die drei Damen führten sich in diese Sphäre nahtlos ein und sangen ein Set, das sich passenderweise dem Thema des Mondes und der Nacht widmete.

Nicht selten bleibt man erstarrt vor Erstaunen zurück, welche stimmlichen Kräfte ein Mensch hervorbringen kann, gerade wenn die Komponisten Korsakow, Rachmaninow, Tschaikowski, Fauré und Ravel heißen, die die Grundlage für diese stimmliche und szenische Symbiose lieferten.

Diese Vorgabe, Neues auszuprobieren, reizt Rischette Jahr um Jahr und er kann nur mit großer Zufriedenheit auf die diesjährige Edition zurückblicken, die ihn, wie er bereits verriet, schon fürs nächste Jahr anspornt. Man darf gespannt sein und hoffen, dass noch mehr Besucher aus dem Aus- und vor allem dem Inland Halt in Befort machen, gerade dann, wenn sie „Vakanz doheem“ machen.

Von Sascha Dahm