/ Drama im Museum

Flämische Künstler wie Rubens, Van Dyck und Jordaens neben spanischen und italienischen Meistern wie Murillo, Ribera oder Zurbarán: Das Nationalmuseum für Geschichte und Kunst zeigt 32 Meisterwerke der Barockmalerei.
Spärlich beleuchtete Räume empfangen die Besucher von „Drama and tenderness“. Das „Chiaroscuro“ (dt. Helldunkel) der barocken Bilder spiegelt sich in der Atmosphäre der Ausstellung wider. Dies sei ein wesentlicher Punkt, erklärte uns die Konservatorin des „Musée national d’histoire d’art“ (MNHA), Malgorzata Nowara. „Wir wollten eine Atmosphäre schaffen, die der der damaligen Zeit ähnelt.“ In der Zeit des Barock waren Bilder nicht dazu gedacht, unter heller Beleuchtung ausgestellt zu werden, wie es heutzutage in Museen mit künstlicher Beleuchtung oft der Fall ist. Damals wurden Gemälde oft in Kirchen ausgestellt, wo Tageslicht oder Kerzen die einzige Lichtquelle waren.
Das Helldunkel, an dessen Ursprung Maler wie Caravaggio stehen, sei typisch für die Barockmalerei. Diese Malweise hebt die Dramatik des dargestellten Moments hervor. Dazu kam, dass Kerzenlicht sich bewegt und den Bildern so einen Anschein von Leben gaben.
Der Titel der Ausstellung „Drama and tenderness“ unterstreicht die beiden gegensätzlichen Tendenzen der Barockmalerei: eine Dramatik, wie sie z.B. Francisco de Zubarán zum Ausdruck bringt, und eine gewisse Zärtlichkeit, wie bei einem Maler wie Anthony van Dyck (1599-1641) der seine Themen bunter und sanfter gestaltete.

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Religiöse und mythische Motive
Es sind dies die zwei Tendenzen in der barocken Malerei. Das Helldunkel eines Bildes wie die sehr dramatische „Anbetung der Hirten“ von Hendrick de Clerck (1570-1629) lässt Nowara an das Genre des „Film noir“ denken. Dem gegenüber stände ein Bild wie „Die Beweinung Christi“ von Anthony van Dyck (1599-1641), das einen anderen Stil zeigt, bunter, fast zärtlich und weniger dramatisch. Thematisch überwiegen in den Gemälden einerseits religiöse und mythische Motive, andererseits Stillleben.
Eine zentrale Figur der Zeit war der flämische Maler Peter Paul Rubens (1577-1640). Nicht zufällig ziert sein Bild „Die Erziehung Marias“ den Ausstellungskatalog. Rubens war Diplomat und kam so viel in Europa herum. In Italien hatte er die Malerei Carvaggios kennengelernt. In seinem Atelier in Antwerpen arbeiteten übrigens einige der Maler, von denen nun Werke zu sehen sind: Jacob Jordaens (1593-1678), Anthony van Dyck (1599-1641), Frans Snijders (1579-1657). Seine Bedeutung für die Malerei brachte der Maler Eugène Delacroix auf den Punkt, indem er Rubens den „Homer der Malerei“ nannte.

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Kreative statt nationale Seite
Üblicherweise werden Maler nach Schule oder Herkunftsland ausgestellt. „Wir wollten einen anderen Aspekt zeigen“, sagt Nowara. „Wir wollten ihre verschiedenen Einflüsse gegenüberstellen, die es damals zwischen den flämischen, italienischen und spanischen Künstlern gab. Anstelle des nationalen Gesichtspunkts zeigen wir die kreative Seite der Künstler.“ Seit dem 19. Jahrhundert spricht man vor allem von nationalen Schulen; die Künstler werden immer in Bezug auf ihren Geburtsort genannt. Das sei zwar ein interessanter Aspekt, doch zu der Zeit reisten die Künstler viel und konnten sehen, was sich in anderen Ländern tat.
Malgorzata Nowara: „Es werden Gemeinsamkeiten zwischen der flämischen, italienischen und spanischen Malerei in den Vordergrund gerückt, die lange unbekannt waren. Es handelt sich dabei um teilweise entgegengesetzte Tendenzen bei sehr dramatischen Szenen einerseits und fast poetischen Gefühlen, die durch die Harmonie der Farben ausgedrückt werden, andererseits, was sehr gut in der Ausstellung zur Geltung kommt.“
Leihgaben aus Antwerpen
„Drama and tenderness“ besteht zum Teil aus Leihgaben des Königlichen Museums der Schönen Künste in Antwerpen – zurzeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen –, das die Werke bis zu seiner Wiedereröffnung 2019 zur Verfügung stellt.
Dass bei solchen Gelegenheiten Werke ausgeliehen werden, sei nichts Ungewöhnliches: Museen sei das oft lieber, als Bilder über längere Zeit in einem Lager zu lassen, erklärte uns Michel Polfer, Direktor des MNHA. Dass ein Museum wie das in Antwerpen dem MNHA gleich elf Bilder leiht, sei aber schon bemerkenswert. „Die Verantwortlichen aus Antwerpen sind daran interessiert, das Konzept auszuprobieren, weil sie genau das Gleiche vorhaben, wenn ihr Museum 2019 wieder eröffnet wird. Deshalb waren sie uns gegenüber wohl etwas großzügiger als mit anderen Museen.“ Zwei Bilder aus Antwerpen seien an das Kunsthistorische Museum in Wien für dessen Rubens-Ausstellung ausgeliehen wurden.

Heraclitus von Jusepe de Ribera
Freier Eintritt
Antwerpen werde auch das eine oder andere Bild des MNHA geliehen bekommen, sagt Polfer. „Es ist ’donnant donnant‘, aber man muss fairerweise sagen, sie geben uns viel mehr als wir ihnen. Sie befinden sich als Museum aber einfach zwei Kategorien über uns.“ Ein Austausch unter Museen laufe immer über bi- oder trilaterale Vereinbarungen. Verbindungen, die man habe. Es gebe dabei viele Aspekte zu berücksichtigen, aber das Wichtigste sei stets der persönliche Kontakt: „Ohne den läuft nichts.“
Neben den aus Antwerpen stammenden Werken zeigt das MNHA zehn Bilder aus dem eigenen Bestand sowie Werke aus Privatsammlungen. Im Rahmen der Ausstellung werden auch zwei Bilder gezeigt, welche die Stiftung La Marck kürzlich dem MNHA schenkte: „Die Entführung der Helena“ von Antonio Molinari (1655-1704) und „Zwei bäuerliche Männer vor einem Tisch mit arrangierten Speisen“, das Franciso de Burgos Mantilla (1612-1672) zugeschrieben wird.
Der Eintritt zu „Drama and tenderness“ ist übrigens frei. „Ein Teil der normalen permanenten Ausstellung ist momentan nicht zu sehen. Einen Eintrittspreis zu verlangen, wäre den Besuchern gegenüber nicht fair“, sagt Polfer.
*Die Ausstellung ist noch bis zum Oktober 2019 im „Musée national d’histoire et d’art“, Lux.-Fischmarkt, zu sehen.
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