/ Die schöne Unbekannte aus dem Wilden Westen
Die Veranstalter des Wiltzer Festivals rund um Roland Kinnen wurden wohl neugierig, stöberten im Katalog des in San Francisco ansässigen Labels, wurden fündig und verpflichteten kurzerhand Eileen Rose, die charmante Unbekannte aus dem Wilden Westen, für ein Konzert im Rahmen der 57. Auflage des Wiltzer Festivals.
Mit den majestätischen und ehrwürdigen Worten „The arrival of a forceful talent whose day will surely come“ honorierte einst das vertrauenswürdige Musikmagazin Mojo Eileen Roses unermüdliche Bestrebungen, in Übersee Fuß fassen zu wollen und den Europäern das eigentümliche Genre „Americana“ näher zu bringen. In Wiltz scheiterte dieses Vorhaben allerdings kläglich. Lediglich eine Handvoll Besucher – es müssten um die 60 gewesen sein – versammelten sich vor der pittoresken Kulisse des Wiltzer Schlosses für das letzte Open-Air-Spektakel der diesjährigen Saison. Laut eigenen Aussagen der Veranstalter verlief der Vorverkauf schleppend und auch die hiesigen Presseorgane zeigten, wenn überhaupt, nur wenig Interesse an der Stiefel-Lady im entzückenden roten Kleid.
An was es wohl gelegen hat? Vielleicht an der unleugbaren Tatsache, dass das Konzert nicht im Programmheft der Wiltzer Festspiele aufgelistet war, da es kurzfristig zwischen die bereits festgelegten Veranstaltungen geschoben wurde? Oder gilt mal wieder das für ganz Luxemburg zutreffende und altbewährte Sprichwort „Wat de Bauer net kennt, frësst en net!“? Nun, die Gründe mögen auch dieses Mal wieder unergründlich sein. Zwar steht die musikalische Wiege von Eileen Rose in London, wo sie im Jahr 2000 ihr Debüt „Shine Like It Does“ produzierte. Doch bereits einige Jahre später packte sie das Heimweh, die Fäden zum Alten Kontinent rissen und Rose verschlug es erneut in die Vereinigten Staaten, wo sie sich klammheimlich ihrem Songwriting hingab.
Heute ist sie mit Europa wieder auf Tuchfühlung, pendelt für die Aufnahmen ihrer neuen Solo-Platte, die voraussichtlich Ende dieses Jahres veröffentlicht wird, seit geraumer Zeit zwischen Nashville und Berlin und nutzt zwischendurch die Gunst der Stunde, um einige Konzerte in europäischen Städten zu spielen.
Gnade vor Recht walten lassen
Nach Wiltz kam Eileen Rose allerdings nicht allein. Mit im Gepäck war kein Geringerer als Rich Gilbert, Frank Blacks begnadeter Gitarrenvirtuose. Nach einigen technischen Anfangsschwierigkeiten rockte das Trio „Eileen Rose & The Wrecks“ unaufhaltsam drauf los, so als würde es vor einer tobenden und zujubelnden Menschenmasse in einem ausverkauften Club auf der Bühne stehen. Die Performance: kompromisslos, konsequent, packend! Schließlich sollten ja auch alle, die nach Wiltz angereist waren, für ihr blindes Vertrauen in die Festspielleiter belohnt werden. Und so ließen selbst die Veranstalter Gnade vor Recht walten und reduzierten zu später Stunde für so einigen Studenten, die das kostspielige Spektakel keinesfalls missen wollten, die Eintrittskosten an der Abendkasse um die Hälfte.
Klar, Country und Hillbilly sind nicht jedermanns Sache, klingen für viele Ohren fremd, und doch gelang es der Band, das Publikum in seinen Bann zu ziehen und es mit erheiternden Anekdoten bei Laune zu halten. Eileen Rose legte zweifelsohne eine solide Performance ab und bestach durch viel Sexappeal, doch Vergleiche mit Sheryl Crow oder gar PJ Harvey, wie sie von zahlreichen Kritikern aufgestellt werden, lehnen wir trotz ihres erstklassigen Spiels dankend ab.