Die Rückeroberung des urbanen Raums

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zwischen Graffiti und Bahngleisen gleiten sie dahin, Jugendliche, die von öffentlichen Plätzen größtenteils vertrieben wurden, sich stets auf der Schwelle zwischen Legalität und Kriminalität bewegen und doch nur eines suchen: die Möglichkeit der freien Entfaltung! Emile Hengen

Wir befinden uns im Düdelinger Skatepark „Parc and Ride“ – gewissermaßen das Mekka für alle Skater, die ihre Kunststücke auf „Beryl Banks“ und „Quarterpipes“ zu verfeinern suchen. Erst auf Druck der Kids, denen das rege Skaten auf dem Rathausplatz von den Ordnungshütern untersagt wurde, ergriff die Jugendkommission der Stadt Düdelingen im Jahr 1995 die Initiative zur Errichtung eines Skateparks auf einem ungenutzten Parkplatz – fernab des Stadtkerns.

Ni vu ni connu

Ging es den Gemeindeverantwortlichen nur darum, die „unerwünschten“ und „unerträglichen“ Störenfriede, die – zum Ärger aller Mitbürger – sämtliche Parkbänke wachsen, um effizienter sliden zu können, zu delokalisieren, damit die altbewährte Ruhe und die unerträgliche Leere wieder Einzug ins Stadtzentrum der „Forge du Sud“ erhält? Die eigentliche, ursprüngliche Philosophie des Skateboardings bezieht sich nicht nur auf die allumfassende Harmonie zwischen Körper und Geist, sondern ist zugleich eine künstlerische Auffassung des öffentlichen und urbanen Raums. Es entstehen völlig neue Konzeptionen der bestehenden Architektur; es werden neue öffentliche Freiräume geschaffen, neue urbane Möglichkeiten kunstvoll ausgeschöpft: Skateboarding als Rückeroberung des urbanen Raums, dessen Nutzung durch die zunehmende Privatisierung, sprich Kommerzialisierung, in den letzten Jahrzehnten drastisch eingeschränkt wurde. Marc Lazzarini, langjähriger Projektleiter des „Parc and Ride“ in Düdelingen, glaubt nicht an eine Abgrenzungspolitik seiner Stadt. Dank des unermüdlichen Einsatzes und der bedingungslosen Interaktion zwischen Gemeindeverantwortlichen und Jugendlichen sei es überhaupt erst möglich geworden, das Konzept des Skateparks, der in seiner jetzigen Form in der gesamten Großregion einzigartig ist, zu verwirklichen.

Parc and Ride

„Seit 1997 bauen wir unseren Skatepark kontinuierlich aus, bieten multifunktionale Module für Skateboarder, Inliner, Snakeboarder und BMX-Fahrer zugleich“, ergänzt Marc. Im Oktober 2001 hat sich um den Skatepark eine Jugendvereinigung gebildet, die für die Instandsetzung des Skateparadieses zuständig ist und seit Jahren den renommierten Skate-Contest „Dudelange on Wheels“, der professionelle Skater aus ganz Europa nach „Dudetown“ lockt, auf die Beine stellt. „Der ’Parc and Ride’“, so Marc, „ist ein Ort der Freiheit, ein Ort der Zusammenkunft, wo Jugendliche ihrer Leidenschaft für ausgefallene Tricks auf dem Brett nachgehen können; etwa auf der ’Vertical Skate’-Rampe oder im eigenen Clubhaus des ’Parc and Ride’, einem alten Bus, den wir dem SNJ für einen symbolischen Euro abgestaubt haben.“ Düdelingen ist eine lebendige Stadt, in der sich die Skateszene rasend schnell entwickelt und ein einzigartiges Bewusstsein für Mode und Lifestyle geschaffen hat. „Skateboarding als Ausdruck der Individualität und als urbane Bewegungskunst“, erklärt Marc, der sich selbst zwar kein Skateboard, jedoch ein Snake unter die Füße bindet. Mit der vielseitigen urbanen Raumwahrnehmung des Skateboardings und dessen Wurzeln in Luxemburg beschäftigt sich seit Jahren Dan Luciani, selbst leidenschaftlicher Skateboarder.

Standort Luxemburg

„Die Anfänge des Skateboardings in Luxemburg liegen in den 70er Jahren. Auf Luxemburg-Kirchberg fanden erste Contests statt; auf dem Limpertsberg schraubten Jugendliche ihre ersten ’Pipes’ selbst zusammen; an manchen Orten im Süden und im Zentrum des Landes öffneten die ersten Skateshops“, erinnert sich Dan. Einer dieser Shops befand sich in Esch und soll im Hinterhof eine eigene Rampe beherbergt haben, die allerdings wenig später schon wieder entfernt werden musste, weil sich die Nachbarn beschwerten. Anfang der 90er Jahre wurde im Stadtpark von Luxemburg der erste Skatepark errichtet, der wenig später Bauarbeiten weichen musste. In den 80er Jahren wurde es um die Kunstsportart Skateboarding still. In den 90er Jahren blühte die Szene wieder auf: Zwischen Underground und Kommerz hat sich die Skateboardkultur neu definiert. Die einen vollziehen ihre ’Rides’ in den Skateparks unseres Landes; Streetskater hingegen suchen die Herausforderung im offenen Gelände, beskaten voller Hingabe die Philharmonie auf Luxemburg-Kirchberg, nachdem sie vor der Kathedrale vertrieben wurden; oder sie begeben sich in Unterführungen, wo sie rastlos an ihren „Ollie Kickflips“ feilen. Andere wiederum sitzen einfach nur vor der Glotze und ziehen sich die neueste Version von „Tony Hawk’s Skateboarding“ auf der Konsole rein.
www.parcandride.lu