Deutscher Buchpreis für Melinda Nadj Abonji

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Die Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji ist am Montagabend mit dem Deutschen Buchpreis 2010 ausgezeichnet worden.

Nach der Bekanntgabe der Preisträgerin des Deutschen Buchpreises 2010 ist es einen Moment lang ganz still im voll besetzten Kaisersaal des Frankfurter Römers. Dann tönt ein lautes „Ja“ durch die Halle.

Es ist nicht klar, ob Melinda Nadj Abonji selbst aufgeschrien hat. Doch die Freude steht der Preisträgerin ins Gesicht geschrieben, als sie zu Gottfried Honnefelder aufs Podium steigt. Gemeinsam mit dem Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels liest Nadj Abonji die Begründung der Jury vor. „Das Buch ‚Tauben fliegen auf gibt das vertiefte Bild eines gegenwärtigen Europa im Aufbruch, das mit seiner Vergangenheit noch lang nicht abgeschlossen hat“, lobte das siebenköpfige Gremium.

Melinda Nadj Abonji erzählt in „Tauben fliegen auf“ von einer ungarischen Familie aus der serbischen Vojvodina, die in die Schweiz zieht und in Zürich ein Café betreibt. Es ist die Geschichte ihrer eigenen Familie und der Suche nach einer eigenen Identität. „Sie erzählt es mit einer eigenen und äußerst lebendigen Stimme, zunächst noch mit dem Blick des Kindes auf die Welt, dem alles neu ist und sich doch von selbst versteht, dann der jungen Frau, die allmählich die Brüche in und zwischen diesen sehr verschiedenen Welten wahrnimmt, immer aber mit einer großen Empathie und Humanität“, beschied die Jury der 1968 geborenen Schweizer Schriftstellerin.

148 Romane nominiert

„Tauben fliegen auf“ ist nun der offiziell beste deutschsprachige Roman des Jahres. Für den Deutschen Buchpreis 2010 waren ursprünglich 148 Romane nominiert. Zuletzt setzte sich Nadj Abonjis im Jung und Jung Verlag erschienenes Buch gegen 5 Finalisten durch. Auf der sogenannten Shortlist standen auch Jan Faktors „Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag“, Thomas Lehrs „September. Fata Morgana“, „Andernorts“ von Doron Rabinovici, Peter Wawerzineks „Rabenliebe“ und „Dinge, die wir heute sagten“ von Judith Zander.

Die Preisträgerin sagte nach der Preisverleihung, sie habe kurz vor der Volksabstimmung in der Schweiz über eine Erleichterung der Einbürgerung von Einwanderern der zweiten Generation mit dem Schreiben des Romans begonnen. Der letztlich erfolgreiche Wahlkampf der Schweizer Volkspartei (SVP) gegen eine entsprechende Gesetzesänderung habe in ihr „eine Eruption“ ausgelöst: „Ich habe mich plötzlich an meine Kindheit erinnert.“

Ihr Roman, sagte Melinda Nadj Abonji, sei zum einen „eine Hommage an die Sprache“. Sie liebe das Deutsche ebenso wie das Ungarische. Zum anderen sei es ein Buch für ihre Großeltern. „Ich habe meinen Großvater nie kennengelernt und wollte mich so ihm annähern. Und ich wollte meine Großmutter ehren“, sagte die Autorin im Römer. Der Deutsche Buchpreis wird seit 2005 am Vorabend der Frankfurter Buchmesse vergeben. Der Hauptpreis ist dotiert mit 25.000 Euro. In diesem Jahr erhielt zum ersten Mal ein Autor aus der Schweiz die Auszeichnung.

dapd