Der Filmemacher und der Entertainer

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Der neue Film von Andy Bausch "Faustino – One Man Show" ist das Zusammentreffen von zwei starken Persönlichkeiten.

Während der Regisseur mit viel nachsichtiger Liebe den quirligen Entertainer aufzeichnet, versucht dieser immer wieder, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. So wie er es sein ganzes Leben lang gemacht hat. Entstanden ist damit gewissermaßen ein vierhändig gemachter Film.

Seinen Ruf als einer der besten und zweifellos der langlebigsten Luxemburger Entertainer macht heute keiner dem Musiker streitig. Am 24. Juli wird Faustino Cima 75 Jahre alt, seit 63 Jahren steht er unter seinem Kosenamen Fausti auf der Bühne.

Sein Leben ist die Musik und das dazugehörige Spektakel, aber auch eine Vermischung von Talent, Fantasie, Gespür für das Publikum und harter Arbeit.

Als Kind aus einer italienischen Einwandererfamilie weiß er ums Geldverdienen, die Tatsache, dass sein Vater harte Überstunden abackert, um sieben Kinder großzuziehen und dem ältesten ein Akkordeon zu kaufen, nötigt dem Zuschauer Respekt ab. Genau wie die vielen Stunden, die der Junge mit der Musik verbringt.

Musik zum Beruf

Schon als Kind lernte er Noten lesen, spielte Geige und Klarinette, danach kamen sein Akkordeon sowie Gitarre und Schlagzeug dazu. Bereits mit 15 Jahren machte Fausti die Musik zu seinem Beruf, trat in Lugano mit dem Tango-Spezialisten Rico Tuxillo auf, spielte mit den damals populären hiesigen Orchesterchefs wie Jempi Faust und Jean Roderes, wo er als Sänger oder Schlagzeuger, später als Sänger engagiert war.

Als Udo Jürgens 1966 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit „Merci Chérie“ den ersten Platz holte, saß Fausti im großen Begleitorchester am Schlagzeug.

Dann kamen die „Luxembourg Singers“. Er tourte durch Deutschland, Holland, Belgien und die Schweiz, davon vier Jahre mit einer eigenen Band. Mit einem Lächeln erzählen die Musiker von den strapaziösen Tourneen, von anstrengenden Autofahrten. Dabei kommen jedoch die Erinnerungen an die Musik und an die Auftritte zu kurz. Im Blickpunkt steht immer wieder das Geld, das verdient werden musste.

Schwieriger Charakter

Im Hintergrund steht der Musiker, von dem der Film erzählt. Und das ist, hinter dem unterhaltsamen Showman, ein schwieriger Charakter, ein Künstler, mit dem schwer zu leben und zu arbeiten ist. Neben Fausti gibt es keinen weiteren Platz.

Nicht für seine Partner und nicht für seine Frau Alice. Sie kommt zwar ebenfalls aus dem Showbusiness, wo sie Management gemacht hat, aber sie spielt in der Show des Fausti-Lebens keine Rolle, obwohl er ihr seit über 50 Jahren die Treue hält und die Komplizität des Paares nicht zu übersehen ist. Von Faustis sechs Geschwistern kommt auch nur einer zu Wort, seine Kinder sind in dem von Andy Bausch gezeichneten Lebenslauf völlig abwesend.

Fehlen tut auch der Manager und Musiker Jang Linster, der für den zweiten Teil der Fausti-Karriere, der als Luxemburger Alleinunterhalter und Showman, zuständig ist. Dieses fehlende Interview ist ein neuerlicher Beweis für Bauschs Feststellung, dass mit Fausti zwar gut lachen, aber schwer zu arbeiten ist, dass sich hinter dem scheinbar immer gut gelaunten Unterhalter ein schwieriger Mensch versteckt.

Dennoch kann der Zuschauer immer wieder herzhaft auflachen, selbst eingefleischte Film-Spezialisten lassen sich von der leichten Kost der volksnahen Unterhaltung einfangen.

Beim Begriff „Päischtcroisière“ rümpfen zwar viele die Nase, die Musik und die Parolen von „Zwou Bulle Mokka“ oder der „Moss am Bic“ summen sie dennoch verhalten mit. „Wenn Jazzmusik gefragt wäre, würde Fausti diese genauso spielen“, lässt Bausch durchblicken und kommt damit nochmals zum gleichen Schluss. Fausti lebt zwar für die Musik und die Unterhaltung, aber er lebt auch von ihr, er musste sein ganzes Leben lang damit sein Geld verdienen.

„Grand monsieur“

Bausch hat, wie anfangs bereits geschrieben, ein liebevolles, nachsichtiges Porträt eines „grand monsieur“ der luxemburgischen Szene geschrieben. Er hat damit aber nicht unbedingt seinen besten Film gemacht. Im Vergleich zu seinen letzten filmischen Arbeiten, die ebenfalls Rückblicke auf die jüngste Vergangenheit waren, ist „Faustino – One Man Show“ zu dokumentarisch und nicht filmisch genug.

Damit erscheinen die 91 Minuten trotz herzhaftem Lachen mitunter etwas lang, einzelne Eindrücke und Aussagen wiederholen sich. Vielleicht ist mittlerweile auch Andy Bausch den jungen Wilden entwachsen, die den Anfang seiner Filmlaufbahn machten, und ist ruhiger geworden – reiht sich somit ein in den großen Kreis der Fausti-Fans. Die sich die anderthalb Stunden Lächeln nicht entgehen lassen sollen.