KlangweltenDas pulsierende Manifest eines Klang-Tüftlers: Die neue Platte von Rival Consoles

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Rival Consoles – Articulation

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Fans von Ryan Lee West, der unter dem Pseudonym Rival Consoles Kennern von „intelligentem Elektro“ bekannt sein dürfte, liefert nun das Nachfolgealbum seines von Kritikern gefeierten Opus „Persona“. „Articulation“, das am 31. Juli veröffentlicht wird, referenziert die grafische Anleitung einer Partition des Avantgarde-Komponisten György Ligeti.

Da wo „Persona“ in dystopischen Sci-Fi-Welten schwelgte, wirkt „Articulation“ umso verspielter und experimentierfreudiger. Dabei war der künstlerische Ansatz für den Londoner Musiker atypisch, da das Album aus einem sehr visuellen Schaffensprozess entstand. Während der Kompositionsphase zeichnete der Musiker beispielsweise Strukturen, Formen und Schemata per Hand auf Papier, um sich zwingen zu müssen, wie ein klassischer Komponist vorzugehen. So umging er sozusagen die trügerische Unerschöpflichkeit moderner Programmierhilfen.

Das visuelle Rückgrat der präzisen Zeichnungen, die auch das Album-Cover schmücken, hört man durch die frenetischen Klanggerüste mit ihrer verblüffenden Tiefenwirkung, die dynamische Bandbreite immer aufs Vollste ausgeschöpft, heraus. Untermalt von verzögerten, arrhythmischen Klangfetzen, mit Anleihen an Floating Points und FourTet, reicht die Bandbreite von den wabernden Techno-Beats von „Vibrations on a String“ bis zu den luftigeren Höhen des Closers „Sudden Awareness of Now“. Obwohl die hymnenartige Ebbe und Flut von „Still Here“ sowie die Ambient-Texturen hier eine gewisse Nostalgie versprühen, erzielt West mit „Forwardism“ das absolute Gegenteil und begräbt die Melodie unter stampfenden Beats.

„Melodica“ kann getrost als Reminiszenz an Nils Frahms „Says“ durchgehen, was auch nicht zufällig sein dürfte, da West dem Label von Frahms und Olafur Arnalds’ Erased Tapes angehört. Die Arpeggien des zentralen Tracks erinnern an die Fluidität und Klangfarbigkeit der 2016 erschienenen EP „Night Melody“. Multiple Zeitschienen, durch komplexe Notenstrukturen verflochten, erzeugen zusammen ein visuelles Gebilde, eine Art technische Skulptur, unwiderstehlich in ihrer Motorik-artigen Energie. Einmal mehr unterstreicht West sein Talent mit dieser analogen Synthorgie, die hemmungslose Fantasie sowie Tanzbarkeit vereint. (Alasdair Reinert)

Wertung: 9/10 Punkten

Anspieltipps: Articulation, Vibrations on a String