Klangwelten / Bobby Gillespie and Jehnny Beth: Musik als rettender Strohhalm
Sie ist Französin und machte zuerst als Sängerin der seit 2017 leider pausierenden Postpunk-Band Savages Karriere, ehe sie im Sommer des letzten Jahres ihr viel beachtetes Solodebüt „To Love Is To Live“ veröffentlichte. Er ist Schotte und hatte 1982 in Glasgow die nicht ganz unbekannte Band Primal Scream gegründet, deren Frontmann er seither ist. Kennengelernt hatten sich Jehnny Beth und Bobby Gillespie anno 2015, als sie gemeinsam mit Suicide auftraten. Ein Jahr später stand sie mit Primal Scream auf der Bühne und sang mit Gillespie das Nancy Sinatra/Lee Hazlewood-Duett „Some Velvet Morning“. So kam eins zum anderen.
Ihr erstes gemeinsames Album haben sie „Utopian Ashes“ getauft und sich bei dessen Umsetzung nicht nur konzeptionell an Gemeinschaftswerken von Gram Parsons und Emmylou Harris („Grievous Angel“, 1974), George Jones und Tammy Wynette („We Go Together“, 1971) oder eben Sinatra und Hazlewood („Nancy & Lee“, 1968) orientiert. Mit Beths Partner Johnny Hostile (Bass), den Primal-Scream-Mitgliedern Andrew Innes (Gitarre), Martin Duffy (Piano) und Darrin Mooney (Schlagzeug) und weiteren Musikern nahmen sie mit viel Liebe, Hingabe und Grandezza zehn wundervoll-sehnsüchtige Songs auf. In diesen singen Beth und Gillespie abwechselnd oder wie etwa in „You Don’t Know What Love Is“ im Duett.
Laut Begleitschreiben richten sich ihre Songs „an diejenigen, die die unvermeidliche Traurigkeit erlebt haben, die das Älterwerden mit sich bringt und der neuen Lebenswirklichkeit ins Auge blicken mussten“. All jene, die sich dieser Zielgruppe angehörig fühlen, erwarten 40 Minuten mit Rock-, Soul-, Country- und Folk-Klängen, Bläsern, Streichern und einer Spoken-Word-Passage. Auch wenn ein Songtitel wie „Your Heart Will Always Be Broken“ wenig aussichtsreiche Assoziationen weckt, die Musik ist umwerfend. Und das ist alles, was zählt. Sie ist der rettende Strohhalm inmitten mancher Trostlosigkeit.
Anspieltipps: Chase It Down, Remember We Were Lovers, Living A Lie
Wertung: 8/10
(Kai Florian Becker)
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