„Besser Famillen“

„Besser Famillen“
(Sammlung Rischard)

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Es sind Familiennamen, die wohl jeder in Luxemburg kennt, und sei es auch nur wegen den Straßen, die nach ihnen benannt sind. Die Rede geht von Familiendynastien, welche die Geschichte Luxemburgs maßgeblich beeinflusst haben.

Adlige Familien gab es im 19. Jahrhundert in Luxemburg nur etwa um die 30. Die Geschicke des Landes wurde vom Geldadel geleitet, von den einflussreichen Familien aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung, die sogenannten Notabeln.
Eine Ausstellung im Nationalarchiv zeigt anhand von 42 Tafeln, wie das Bürgertum gelebt hat, und wie es dafür sorgte, dass es die Elite bleibt. In vier Kapiteln wird nachgezeichnet, wie Familienstrukturen zur Machtbildung genutzt wurden. Neben den Erläuterungen, die es zu jedem der Themen gibt, zeichnen eine Fülle an Familienfotos, Tagebücher, Briefe und andere Dokumente aus der Zeit ein sehenswertes Bild der damaligen Elite, von dem ihr Gefühlsleben nicht ausgeschlossen bleibt.

„Besser Famillen“ – Luxemburger Bürgertum und Elitenbildung im 19. Jahrhundert
Ausstellung im Nationalarchiv in Zusammenarbeit mit dem CNL,
Plateau du Saint-Esprit
Vom 26. Juni bis zum
31. Oktober

Der erste Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Grundpfeiler jeder Elite, der Erziehung. Sie gehörte damals zu den absoluten Prioritäten der Familie. Josiane Weber, auf deren Buch „Familien der Oberschicht in Luxemburg (1850-1900): Elitenbildung und Lebenswelten“ die Ausstellung aufbaut, räumt hier mit einem gängigen Vorurteil auf. Es war nämlich keineswegs so, dass die Erziehung der Kinder ausschließlich zu Lasten der Frauen ging.

Kinderbetreuung und höhere Ausbildung

Aus Briefen und Tagebüchern geht hervor, dass sich die Männer sehr viel um ihre Kinder kümmerten. Auch wurde es damals als Fortschritt angesehen, dass die Mütter zu Hause bei den Kinder bleiben konnten. In der Erziehung zählten neben der Religion Tugenden wie Gehorsam und Dankbarkeit gegenüber den Eltern eine große Rolle. Während Arbeiterkinder in der Regel nur ein paar Jahre Primärschule absolvierten, waren für die Jungen der Oberschicht Universitätsstudien quasi Pflicht. Beliebteste Unistadt der Luxemburger war Lüttich. Als Sekundarschule gab es damals nur das Athenäum. Zwischen 1850 und 1900 haben übrigens nur 1.639 Schüler die Premiere in Luxemburg absolviert. Die Qualität von Briefen zeigt, dass auch die Ausbildung der Mädchen weit mehr beinhaltete aus bloß Tanzen und Kochen.

Ein Teil der Ausstellung ist der Heirat gewidmet. Auch in diesem Bereich liefen die Formalitäten etwas anders ab, als wir es uns heute vorstellen. Hochzeiten wurden in der Regel nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg arrangiert. Aus etlichen Briefen geht hervor, dass schon Gefühle im Spiel waren, auch wenn es formell anders ablief als heute. Der Mann ließ über eine Heiratsvermittlerin nachfragen, ob seine Auserwählte ihn heiraten wollte oder nicht. Ehevertrag und die Mitgift werden ebenso thematisiert wie die Tatsache, dass Hochzeiten mit dem Cousin oder der Cousine gang und gäbe waren.

Viel Lesenswertes

Den politischen, administrativen und unternehmerischen Eliten ist ein Großteil der Ausstellung gewidmet, u.a. Fabrikantendynastien wie den Metz oder Villeroy und Boch. Letzter Teil: Das Privatleben. Gezeigt werden die Lebensbedingungen, die Freizeitbeschäftigungen, und natürlich die Wohnverhältnisse. Einige der Villen prägen unser Stadt- und Landbild bis heute.

Der Besucher der Ausstellung sollte sich Zeit nehmen, denn es gibt viel zu lesen. Man kann die ausgestellten Tafeln aber auch in Ruhe zu Hause genießen, da sie alle in Heftform zum Preis von 5 Euro erhältlich sind.

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