Montag8. Dezember 2025

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Beruf oder Hobby?

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An der Hauswand hängt ein zerfledderter Basketballkorb, zwei in die Jahre gekommene Autos stehen im Hof, gegenüber kann man Zimmer mieten, Stallgeruch hängt in der Luft.

Hier, mitten im idyllischen Tüntingen, in dem wohl mindestens jedes zweite Haus einmal eine Scheune war, wird Musik produziert, in dem Tonstudio „Holtz Sound“.

Die Tür geht auf, vier junge Männer in hautengen Jeans sowie mit übergroßen Brillen und auffälligen Piercings treten auf die Straße, grüßen und zünden sich Zigaretten an.

Klischees

Eigentlich wehrt man sich immer dagegen, aber es scheint zu stimmen: Klischees sind auf der Straße liegende Vorurteile. Diese vier jungen Männer machen Musik, sie haben eine Band und gerade mit Tom Gatti von „Holtz Sound“ über ihre erste Platte geredet.

Tom Gatti erwartet uns, wir wollen mit ihm über die Luxemburger Musikszene sprechen. Und über ihn, den Ex-Bassisten von Eternal Tango. Jetzt produziert er mit seinen Kollegen Charles Stoltz und Jaakes Hoffmann Musik, vor allem die Musik anderer.

Gibt es in Luxemburg denn so viel Musik, die produziert werden will, dass sich das Betreiben eines Tonstudios auch lohnt? Tom Gatti lächelt, ja, doch, außerdem sei ihr Aufgabenbereich nicht nur auf die Studioarbeit beschränkt. Hinzu kommen das Abmischen von Konzerten, die technische Hintergrundarbeit auf Festivals, die Begleitung von Bands auf Tourneen und seit Kurzem auch das Songwriting. Am vergangenen Wochenende hat Gatti auf der Echternacher „Fuesfiesta“ gearbeitet, am Abend vor unserem Treffen beschäftigte ihn das Atelier als Tontechniker. Und gerade waren die vier Jungs aus Düdelingen da. Es gibt genug zu tun. Die Arbeit ist abwechslungsreich.

Autodidakt und Spätzünder

Tom Gatti bezeichnet sich selbst als einen Autodidakten. Und als einen Spätzünder. Erst mit etwa sechzehn Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für die Musik. Er kaufte eine E-Gitarre und brachte sich das Spielen selbst bei, mit ein paar Freunden gründete er seine erste Band, eine „alternative Band mit Geige“, mit der er auch seine eigene erste Platte aufnahm. Bei einem Freund, in einem Tonstudio in der Escher Kulturfabrik. Mit Anfang 20 entdeckte er auch sein Interesse am Aufnehmen und Produzieren, kaufte erste Recorder und mischte mit. Und dann, ja dann kamen Eternal Tango.

„Dann ging es richtig los“, sagt Tom Gatti etwas wehmütig. Als neu hinzugekommener Bassist war Gatti mit die treibende Kraft, dass Eternal Tango den Schritt wagten, wirklich professionell Musik zu machen. Das hieß vor allem sichere Beamtenjobs an den Nagel zu hängen und durchzustarten. Auf Tourneen zu gehen, auf Festivals zu spielen, CDs aufzunehmen. Dieses Leben gefiel Gatti, als die Band sich dann Ende 2012 auflöste, fand Gatti dies zu früh. Er hätte gerne noch ein paar Jahre weiter als Musiker gearbeitet. „Eigentlich wollte ich erst mit etwa 40 Musik produzieren, jetzt mache ich das eben heute schon, mit 33 Jahren“, sagt er und schmunzelt.

Es fällt schon auf, dass es in Luxemburg zumindest im Bereich des Rock/Pop kaum professionelle Musiker gibt. Nicht gerade viele Menschen entscheiden sich dafür, das Risiko, vom Beruf des Musikers leben zu müssen, auf sich zu nehmen.

„So viele Musiker sind Lehrer“, sagt Gatti und muss schon wieder grinsen. „Am Anfang träumen die meisten noch, doch mit Ende 20 ist das dann vorbei und sie akzeptieren, dass Musik nicht ihr Beruf, sondern ihr Hobby ist“, sagt Gatti.

Fehlende Infrastruktur

Eigentlich sei Luxemburg gar nicht so schlecht, um sich als professioneller Musiker zu positionieren. Zumindest, was die geografische Lage und die finanzielle Unterstützung vonseiten des Staates angehe. Allerdings fehle die Infrastruktur. Kaum Labels, kaum Manager, kaum Agenturen. „In Luxemburg gibt es so gut wie keine Musikindustrie. Da muss man schon den Schritt über die Grenze wagen“, erklärt Gatti.

Oder aber man betreibt ein Tonstudio. Versucht, selbst etwas aufzubauen, Serviceleistungen für andere anzubieten. Musik machen kann man ja trotzdem noch. Als Hobby mit offenem Ausgang. So wie Tom Gatti, der mit seinem Kollegen Charles Stoltz die Band Fox gegründet hat und gerade dabei ist, die erste Platte aufzunehmen. „Sie ist seit einem halben Jahr fast fertig“, sagt Gatti und lacht.

So sei das eben. Die eigene Musik hat keine Deadline und ist somit auch nicht Priorität. Nicht mehr. Oder noch nicht? Es passieren viele Dinge im idyllischen Tüntingen …