Aus der Zeit gefallen

Aus der Zeit gefallen
(Tageblatt/Hervé Montaigu)

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In alten Jeans, schwarzen Stiefeln, schwarzem Blazer, schwarzer Mütze und einer locker um die Schultern gehängten Gitarre springt die mittlerweile 67-jährige Patti Smith am Sonntagabend auf die Bühne in Befort und legt los.

Die Kulisse könnte nicht passender sein. Eine in Blau- und Rottöne getunkte mittelalterliche Burgruine als Hintergrund, immer mal wieder leichter Nieselregen, vegetarische Bratkartoffeln, dazu Bier aus Plastikbechern und selbstverständlich jede Menge Fans. Vor allem Weißhaarige, die für diesen Anlass wohl ihren Blümchen-Haarschmuck und ihre Lederjacken aus dem letzten Eck des untersten Schrankfaches gekramt hatten, um diesen Abend im passenden Outfit zu erleben.

Frieden, Liebe,Drogen und Musik

Das Konzert wirkte tatsächlich ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Dieser „Musik verändert die Welt“-Pathos ist wirklich nur Patti Smith erlaubt. Jedem anderen Musiker würde man Kitsch vorwerfen, Patti Smith jedoch wirkt authentisch, wenn sie ihre von Frieden und Liebe, Drogen und Musik handelnden Lieder anstimmt, die sie teilweise vor über vierzig Jahren geschrieben hat. Im Gegensatz zu vielen ihrer Altersgenossen, die – trotz kaputter Stimme und Motivationslosigkeit – nicht Abschied nehmen können von der Bühne, gehört Patti Smith immer noch genau dorthin.
Sie amüsiert sich mit sich selbst, ihrer Band und dem Publikum und bittet sogar einen ihrer Fans auf die Bühne.

Die etwas überrumpelte junge Frau, der Patti Smith ihre Gitarre in die Hand drückt, wird mit jedem Takt lockerer und springt am Ende des Songs ausgelassen mit den Bandmitgliedern um die Wette. Sie ist ansteckend, diese Spielfreude, die Patti Smith ausstrahlt.

Ob sie nun Klassiker von ihrem Album „Horses“ präsentiert oder von ihrem vor zwei Jahren erschienenen Album „Banga“, das nach dem Hund aus Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“ benannt ist – diese Mischung aus Punk, Rock und Balladen lässt den Abend viel zu schnell vergehen.

Viele ihrer Songs widmet sie Freunden wie Jimi Hendrix oder dem im letzten Monat verstorbenen Johnny Winter. Sie wirkt unprätentiös und dadurch so glaubwürdig. Als sie dann etwa in der Mitte des Konzertes „Because The Night“ anstimmt, schafft sie es, ihre Fans endlich von den Stühlen loszureißen. Das Publikum tanzt und lässt sich forttragen in diese „Patti-Smith-Welt“, irgendwo hinter dem Schloss, dem Wald und den Bergen …

Patti Smith ist es wieder einmal gelungen, ihr Publikum ein kleines bisschen glücklicher nach Hause gehen zu lassen. Und dadurch wird die Welt doch tatsächlich auch ein kleines bisschen besser.