Auf dem Weg nach Bakuba: Die südafrikanische Band BCUC im Interview

Auf dem Weg nach Bakuba: Die südafrikanische Band BCUC im Interview

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Die Gruppe Bantu Continua Uhuru Consciousness, kurz BCUC, spielte beim Paléo-Festival in Nyon auf. Wir haben mit den Musikern über ihr Schaffen, den Einfluss von Fela Kuti und Johnny Clegg auf ihre Kunst sowie den geheimnisvollen Mr. Van der Merwe gesprochen.

Von Gil Max

In unserem Beitrag über die 44. Auflage des Paléo-Festivals haben wir uns vor wenigen Tagen über das mangelnde politische Engagement der Künstler beklagt. Da haben wir wohl frei nach Goethe („Dichtung und Wahrheit“) leicht übertrieben. Das soll nun geradegebogen werden, indem wir eine durchaus politische Band aus Soweto, den Townships von Johannesburg, vorstellen, die wir kurz vor ihrem Auftritt freitags um Mitternacht backstage zum Interview trafen.

Leadsänger und Showman Jovi sowie die herzliche Background-Sängerin Kgomotso gewährten uns ein zehnminütiges Gespräch, das, diktiert vom Management, ein abruptes Ende fand, als es so richtig Fahrt aufgenommen hatte. Hier einige Auszüge.

Tageblatt: Wenn man das Album „The Healing“ zum ersten Mal in den Händen hält und das Bild mit den Menschen auf dem Cover betrachtet, die die „Black-Power-Faust“ in die Höhe recken, sagt man sich: „Diese Band will ihr Publikum nicht nur zum Tanzen bringen, sondern kommt mit einer politischen Botschaft zu uns.” Würden Sie dem zustimmen?

Jovi: Absolut. Es geht um eine politische, aber auch um eine soziale Botschaft. Wir bevorzugen letzteren Begriff, weil uns in erster Linie die Menschen am Herzen liegen, für die wir spielen.

„Music for the People by the People with the People”, wie auf Ihrem Album vermerkt?

Kgomotso: Genau das ist unsere Philosophie, unser Mantra.

Ihre Musik besteht eher aus langen perkussiven Jams statt aus radiotauglichen, kommerziellen Liedern und erinnert an die Musik des Nigerianers Fela Kuti und seiner Band Africa 70, den Pionieren des Afrobeat.

J.: Oh ja, Fela ist unsere größte Inspiration. Wie er wollen auch wir mit den Menschen, die unsere Konzerte besuchen, eine Einheit bilden. Wir sind eine Liveband. Im Radio gespielt zu werden, hat uns nie interessiert; da läuft die Musik auch für Menschen, die sich nicht für sie öffnen. Mithilfe dieser langen Stücke bauen wir eine Beziehung zu unserem Publikum auf. Wir verhökern kein Fastfood, wir bringen unseren musikalischen Eintopf im Slow Cooker auf Temperatur; darauf muss sich der interessierte Zuhörer einlassen.

Es ist anzunehmen, dass Sie auch im Studio Ihre Stücke live einspielen, statt sie Spur um Spur zu erweitern.

K.: Richtig. Wir spielen immer gemeinsam und sehen uns dabei an; anders funktioniert es nicht.

Felas Sohn Femi Kuti begleitet Sie bei einem Song am Saxofon. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

J.: Die Leute unserer Plattenfirma fragten uns, mit wem wir gerne einmal zusammenspielen würden, und wir meinten: Femi! Sie entgegneten, das könnten sie wohl arrangieren und wir konnten es nicht glauben.

K.: Ein Traum wurde Wirklichkeit. Im „Opera House“ in Lyon standen wir vor kurzem gar gemeinsam auf der Bühne, weil sich unsere beiden Tourneen kreuzten. Das war magisch.

Ihre Landsleute Miriam Makeba und Johnny Clegg haben in der Vergangenheit bemerkenwerte Konzerte hier am Paléo gegeben.

K.: Das Erbe treten wir gerne an.

Johnny Clegg ist vor zehn Tagen verstorben. Wie standen Sie zu ihm?

J.: Ich muss zugeben, dass mir erst jetzt nach seinem Tod so richtig bewusst wird, wie wichtig er für die Anti-Apartheid-Bewegung war. Er wird zu einer ähnlichen Lichtgestalt wie Nelson Mandela werden, da bin ich mir sicher. Er wollte Südafrika wirklich vereinen, kommunizierte mit allen, beherrschte die Sprachen der „Natives“. Das war keine Folklore, die er veranstaltete, um möglichst viele Platten zu verkaufen. Viele von uns erkennen erst jetzt, welch großer Gefahr er sich ständig aussetzte, denn er war der Regierung wirklich ein Dorn im Auge. Wir haben großen Respekt vor ihm.

Einer Ihrer Songs heißt „The Journey with Mr. Van der Merwe“. Es gibt einen langjährigen Abgeordneten dieses Namens im südafrikanischen Parlament. Ist er gemeint?

(Beide lachen.) K.: Nein, Van der Merwe ist bei uns einfach der Inbegriff des holländischen Einwanderers. Im Afrikaans ist es der wohl häufigste Nachname in Südafrika.

J.: Es geht darum, wie die Natives mit den Kolonialmächten möglichst konfliktfrei zusammenleben können. Wir wollen, dass das Problem der (immer noch) ungerechten Landverteilung friedlich gelöst wird. Es ist kein Aufruf zur blutigen Revolte.

Wenig später brach auf dem Paléo-Gelände ein Unwetter los, BCUC liefen auf die Bühne und während es außerhalb des „Détour“-Zeltes wie aus Eimern schüttete, ertönte die einleitende Basslinie, die das Publikum in den Sog der ersten viertelstündigen Jamsession zog.

* Für die Ethnie der Xhosa das perfekte Land, das unerreichbar bleibt