Als es auf der Berlinale politisch wurde

Als es auf der Berlinale politisch wurde
(AFP/Bernd von Jutrczenka)

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Wie verhält sich die am 9. Februar beginnende Berlinale hinsichtlich der neuen US-Politik unter Donald Trump? Seitdem die Festspiele im Kalten Krieg ins Leben gerufen wurden, gelten sie als das politischste der drei großen Filmfestivals in Berlin, Cannes und Venedig. Ein Rückblick.

1953: Gary Cooper wettert gegen die Kommunistenjagd von US-Senator Joseph McCarthy. Aufgrund des kurz vor dem Festival gewaltsam niedergeschlagenen Aufstands in Ost-Berlin werden die Äußerungen des Hollywood-Stars zwiespältig aufgenommen.

1970: Michael Verhoeven erhitzt mit seiner Vietnam-Parabel „o.k.“ die Gemüter. Weil sie den Film für „unamerikanisch“ hält, tritt die Jury zurück. Ein Skandal, der Wettbewerb wird abgebrochen.

1974: Das Eis bricht: Auf dem Festival wird erstmals ein sowjetischer Film gezeigt – eine Entscheidung weniger nach künstlerischen, denn nach politischen Erwägungen. Im Jahr darauf ist mit Frank Beyers „Jakob der Lügner“ erstmals eine DDR-Produktion im Wettbewerb.

1979: Die Ostblock-Staaten ziehen ihre Delegationen aus Protest gegen Michael Ciminos US-Vietnamkriegsfilm „The Deer Hunter“ ab.

1988: Der Goldene Bär geht erstmals nach China. Den Hauptpreis für „Rotes Kornfeld“ von Zhang Yimou wertet die Berlinale als Solidaritätserklärung an die liberalen Kräfte im Land.

1990: Die Schauspielerinnen Julia Roberts und Sally Field stehen Hand in Hand mit DDR-Volkspolizisten auf der Berliner Mauer.

2003: Das Festival steht im Zeichen des bevorstehenden Irakkriegs: US-Prominenz wie Richard Gere, George Clooney, Dustin Hoffman und Spike Lee nutzen die Berlinale zur Kritik an den Kriegsvorbereitungen von US-Präsident George W. Bush. Der Goldene Bär geht an den britischen Regisseur Michael Winterbottom für sein Flüchtlingsdrama „In This World“ über die Folgen von Krieg und Terror in Afghanistan.

2011: Wegen einer Gefängnisstrafe kann der iranische Regimekritiker Jafar Panahi seinen Platz in der Berlinale-Jury nicht einnehmen. Mit dem Goldenen Bären für das Familiendrama „Nader und Simin“ von Landsmann Asghar Farhadi setzt das Gremium ein klares Zeichen gegen die Unterdrückung im Land.

2015: Im Fokus steht erneut Panahi: Obwohl der Iran über ihn ein Arbeits- und Ausreiseverbot verhängte, gewinnt dessen heimlich gedrehte und nach Berlin geschmuggelte Komödie „Taxi“ den Hauptpreis.

2016: Die Jury sendet ein klares Signal in Sachen Flüchtlinge: Das erschütternde Dokudrama „Fuocoammare“ von Gianfranco Rosi erhält den Goldenen Bären. „Ich widme den Film allen Menschen auf Lampedusa, die ihre Herzen all denen geöffnet haben, die zu ihnen gekommen sind“, sagt der italienische Filmemacher.