Prozess um Mord an Ana LopesZweifelhafte DNA-Spuren

Prozess um Mord an Ana Lopes / Zweifelhafte DNA-Spuren
Im Februar 2017 veranstalteten Familienangehörige und Freunde in Bonneweg eine Gedenkzeremonie für Ana Lopes Foto: Editpress/Alain Rischard

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Inwiefern können DNA-Spuren ent- oder belasten? Um diese Frage ging es am Dienstag im Berufungsprozess um den Mord an Ana Lopes. Die Verteidigung fordert ob der etwas dürftigen Indizienlage Freispruch für den Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hingegen ist nach wie vor von seiner Schuld überzeugt.

B. habe seine Ex-Freundin und Mutter eines gemeinsamen Kindes im Januar 2017 getötet und in einem Auto verbrannt. Deshalb ist er Anfang dieses Jahres in erster Instanz zu lebenslänglich verurteilt worden. Gegen das Urteil hat B. Berufung eingelegt.

Im Berufungsprozess, der am Dienstag fortgesetzt wurde, fordert die Verteidigung Freispruch. Die Indizien, die Hinweise auf die Schuld des Angeklagten geben könnten, seien nicht voll belastend.

Es geht vor allem um ein Klebeband, das in einem Gebüsch in der Nähe des Tatorts im benachbarten französischen Roussy-le-Village von der Gendarmerie gefunden wurde. Laut Ermittlungen sollen sich an dem Band DNA-Spuren von mindestens zwei Personen befinden. Diese Mischspuren können aber niemandem mit letzter Klarheit zugewiesen werden. Fest steht offenbar nur, dass es sich bei einer Person um den Angeklagten selber handeln könnte, allerdings könnte es aber fast genauso gut auch einer von drei seiner männlichen Verwandten sein, der Vater, der Bruder oder der Sohn.

Die Welt der DNA

Auf welchem Weg die Spuren aufs Klebeband gelangt sein können, zu welchem Zweck es diente oder warum es nicht im Auto mit verbrannt ist, wurde im Prozess nicht beantwortet. Vieles scheint möglich und denkbar, hieb- und stichfest wirkt es nicht.

Darauf hat die Verteidigung auch bereits in erster Instanz hingewiesen. Der besseren Einschätzung wegen ist am Dienstag darum nochmals eine Expertin aus dem nationalen Gesundheitslaboratorium zu der Frage gehört worden. Sie bietet einen tiefen Einblick in die Welt der DNA, was aber nicht zu wesentlich mehr Klarheit beiträgt.

Ganz so einfach, wie es in Kriminalfilmen oft aussieht, scheint es nämlich dann doch (noch) nicht zu sein mit DNA-Analysen. Die Erklärungen der Expertin sind sehr technisch, wobei sie sich viel Mühe gibt, alles anschaulich, mit Beispielen, zu erläutern.

DNA sei wie ein Buch, das alle Informationen über ein Lebewesen enthalte, sagt die Expertin. Eine Art Fingerabdruck. Sie erklärt, wie DNA sich zusammensetzt, weshalb Informationen nicht immer klar sind und wie trotzdem versucht wird, ein Puzzle zusammenzusetzen, um es jemandem zuzuweisen, oder um jemanden auszuschließen. Am Ende ihrer Ausführungen aber bleibt die Frage, ob das Resultat wirklich als Beweis taugt.

Freispruch vs. lebenslänglich

Die in diesem Fall unklare Zuweisung der DNA-Spur ist für die Verteidigung jedenfalls ein klares und weiteres Zeichen dafür, dass ihr Mandant nicht verurteilt werden kann, da zu viele Zweifel an seiner Schuld bestünden. In dem Zusammenhang stellt sich zudem die Frage, warum das offenbar nicht vollumfänglich belastende Indiz des Klebebandes überhaupt in erster Instanz mit dazu geführt hat, dass der Angeklagte verurteilt wurde.

Die Aussagen der Expertin scheinen die Vertreterin der Anklage nicht von ihrer im Prozess in erster Instanz gewonnenen Überzeugung abzubringen. B. sei schuldig, sagt sie. Er habe sich in viele Widersprüche verstrickt. Seine Tat habe er geplant und seine Ex-Freundin aus niederen Beweggründen kaltblütig und brutal umgebracht. Ana Lopes habe keine Chance gehabt, zu überleben. Reue zeige er nicht, sagt sie am Dienstag. Sie bleibt beim Urteil aus erster Instanz, also lebenslängliche Haft.

Der Prozess wird am Freitagmorgen fortgesetzt. Dann hat die Verteidigung das Wort.