Sonntag2. November 2025

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IranZurückhaltende Unterstützung für Hisbollah soll Krieg mit Israel vermeiden

Iran / Zurückhaltende Unterstützung für Hisbollah soll Krieg mit Israel vermeiden
Vor allem nach dem Freitagsgebet wird auf den Straßen in Teheran gegen Israel und die USA demonstriert, doch die iranische Führung übt sich derzeit in demonstrativer Zurückhaltung Foto: AFP

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Im eskalierten Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah bewegt sich der Iran auf einem schmalen Grat: Teheran unterstützt zwar die mit ihm verbündete libanesische Miliz, versucht aber, eine direkte militärische Konfrontation mit seinem israelischen Erzfeind zu vermeiden. Denn ein Krieg würde Irans Bemühungen um eine Lockerung der westlichen Sanktionen zunichtemachen, urteilen Beobachter.

„Der Iran wird sich nicht in einen Krieg verwickeln lassen“, sagt Hamid Gholamsadeh, Politik-Experte im Iran. Die Strategie Teherans sei, Macht zu demonstrieren, ohne direkt einzugreifen, analysiert Ali Vaez von der Nichtregierungsorganisation International Crisis Group. „Denn der Iran will seinem Erzfeind nicht in die Hände spielen“, sagt Vaez.

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen im Oktober 2023 unterstützt die Hisbollah die militante Palästinenserorganisation Hamas, indem sie fast täglich Raketen auf den Norden Israels abfeuert – und Israel schießt zurück. Nach den Israel zugeschriebenen massenhaften Explosionen von Pagern und Funkgeräten der Hisbollah vergangene Woche ist der Konflikt eskaliert: Israel fliegt Luftangriffe auf Hisbollah-Ziele in verschiedenen Gebieten des Libanon, bei denen Hunderte Menschen getötet wurden. Die Hisbollah feuert weiter Raketen auf Israel ab. Die Angst vor einem regionalen Flächenbrand wächst.

Doch der Iran scheint kein Interesse daran zu haben. Vaez sagt, dies liege auch daran, dass eine direkte Konfrontation zwischen dem Iran und Israel dem Rechtspopulisten Donald Trump zu einem Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl Anfang November verhelfen könnte. Dies wiederum würde „den iranischen Interessen sehr schaden“. Teheran gehe es in erster Linie darum, „eine Lockerung der Sanktionen und (…) eine gewisse wirtschaftliche Atempause zu erreichen“, sagt der Iran-Experte.

Auch der erste direkte Angriff Teherans auf Israel im April – als Vergeltung für einen Luftangriff auf ein Teheraner Botschaftsgebäude in Damaskus – war so angelegt, dass die meisten Raketen von der israelischen Luftabwehr oder ihren Verbündeten abgefangen werden konnten.

Am Rande der UN-Generaldebatte in New York warf der iranische Präsident Masud Peseschkian, der sich für bessere Beziehungen zum Westen einsetzt, Israel Kriegstreiberei vor, während er die Islamische Republik als zurückhaltend darstellte. Er deutete an, dass sich sein Land nach der Ermordung des Hamas-Führers Ismail Hanija in Teheran im Juli mit Vergeltung zurückgehalten habe, weil es die Bemühungen der USA um einen Waffenstillstand im Gazastreifen nicht gefährden wollte.

„Wir haben versucht, nicht zu reagieren“, sagte Peseschkian. „Sie haben uns immer wieder gesagt, dass wir kurz vor einem Frieden stehen.“ Aber statt Frieden zu schließen, „begeht Israel jeden Tag mehr Gräueltaten“, kritisierte der Präsident.

Teheran wolle angesichts des Krieges zwischen Israel und der Hamas „seine Muskeln spielen lassen“, achte aber gleichzeitig darauf, keine Konfrontation mit Washington zu provozieren, analysieren Experten. Der Iran leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise, seit die USA unter dem damaligen US-Präsidenten Trump 2018 einseitig aus dem internationalen Abkommen zum iranischen Atomprogramm ausstiegen und wieder harte Sanktionen gegen Teheran verhängten.

Hisbollah wird weiter unterstützt

Auch mehrere europäische Länder belegten den Iran mit Strafmaßnahmen. Sie beschuldigen die Regierung, Russland mit Raketen für Moskaus Krieg gegen die Ukraine zu beliefern. Peseschkian wies die Vorwürfe in New York zurück und versicherte, er sei „bereit, sich mit den Europäern und den Amerikanern an einen Tisch zu setzen“.

Dennoch unterstützt der Iran weiterhin die Hisbollah. Teheran werde israelischen Angriffen „nicht gleichgültig“ gegenüberstehen, warnte Außenminister Abbas Araghtschi. Der Iran forderte den UN-Sicherheitsrat auf, unverzüglich zu handeln, und drohte für den Fall einer weiteren Eskalation mit „gefährlichen Konsequenzen“ für Israel.

Am Mittwoch bedauerte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, den Tod von „wertvollen“ Hisbollah-Kämpfern, beteuerte jedoch, dass diese Verluste die Miliz nicht „in die Knie zwingen“ würden.

Die großen Ressourcen der Hisbollah sorgten dafür, dass sie nicht so leicht besiegt werden könne, sagt auch Politik-Experte Gholamsadeh. „Die Hisbollah muss unterstützt werden, aber diese Unterstützung bedeutet nicht, dass sie besiegt werden kann, wenn es keine Unterstützung gibt.“ (AFP)