EditorialZum Sinn oder Unsinn der öffentlichen Petitionen

Editorial / Zum Sinn oder Unsinn der öffentlichen Petitionen
 Foto: Editpress/Julien Garroy

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„Ein Erfolgsmodell moderner Bürgerbeteiligung“ wurden die 2014 in Luxemburg eingeführten Petitionen bei der Vorstellung der neuen Homepage zu Wochenbeginn genannt. Durch sie soll der Bürger die Möglichkeit zu mehr Partizipation erhalten, was wiederum mehr Demokratie ermöglicht. 

In sieben Jahren sind insgesamt fast 1.500 Petitionen von den Bürgern eingereicht worden. Seit 2017 ist die Zahl kontinuierlich steigend, mit einem absoluten Rekordjahr 2020, in dem fast täglich eine neue Petition abgegeben wurde. Viele Petitionen hatten im vergangenen Jahr Corona und die Konsequenzen zum Thema, was den außergewöhnlichen Anstieg erklären kann. Vielleicht hatten die Menschen in Zeiten von Lockdown und Homeoffice auch einfach mehr Zeit. Oder sie ließen ihrem Frust freien Lauf. Damit es jedenfalls zu einer öffentlichen Debatte im Parlament kommt, muss eine Petition 4.500 Unterschriften erreichen. Das schafften bisher 39 Ersuche, allein sechs im vergangenen Jahr.

Thematisch betrachtet sind die Petitionen so etwas wie das Spiegelbild dessen, was die Menschen im Land bewegt. Das waren vor Corona in erster Linie Mobilität, Arbeit und Umwelt. Jetzt geht es hauptsächlich um Gesundheit und Wirtschaft. Wobei eine Kategorisierung nach Thema nicht immer einfach ist. Wie bei der Petition gegen das 5G-Netz, die 2020 mit 7.100 Unterschriften der absolute Rekordhalter war. Diese Petition steht aber auch exemplarisch für die Grenzen der Bürgerbeteiligung. Denn als im Oktober die Debatte stattfand, da war die Versteigerung der für das 5G-Netz notwendigen Frequenzen längst gelaufen und der Aufbau des Netzes schon im Gange. 

Ähnlich erging es vor einigen Monaten der Petition für einen besseren Denkmalschutz. Die Hauptforderung der Petitionäre war durch das sich auf dem Instanzenweg befindende neue Denkmalschutz-Gesetz zum Scheitern verurteilt, sodass die Debatte frei nach dem Motto „gut, dass wir darüber geredet haben“ stattfand. Diese Beispiele zeigen, dass man die Rolle der Petitionen nicht überschätzen sollte, zumal die Bezeichnung „öffentliche Debatte“ im Parlament ein wenig irreführend ist. Zwar sind die Debatten in der Tat öffentlich, allerdings nehmen meist nur diejenigen Parlamentarier und Minister an ihnen teil, die in der entsprechenden Kommission sitzen bzw. deren Ressort betroffen ist.

Auffallend ist auch die Diskrepanz zwischen Erfolg und Misserfolg einer Petition. Die Schwelle der 4.500 Unterschriften zu überschreiten, ist nicht einfach, viele Ersuche bleiben bei wenigen hundert Signaturen hängen, obwohl ihre Thematik durchaus erfolgversprechend erscheint. So entsteht der Eindruck, dass  in erster Linie die Petitionen Erfolg haben, hinter denen größere Gruppen respektive Plattformen in den sozialen Netzwerken stecken. Wie beim 5G-Netz, wie beim Tier- oder Denkmalschutz. Und wie bei der letzten Petition, die es ins Parlament schaffte: Am kommenden Mittwoch wird über „die Privatisierung der öffentlichen Schulen“ debattiert. Eine Petition, die sich gegen den umstrittenen Gesetzentwurf 7662 von Bildungsminister Claude Meisch richtet. Sie wird den Druck auf Meisch erhöhen, das Gesetz endgültig einzustampfen.        

Also ist die Rolle der Petitionen zwar nicht zu überschätzen, aber auch nicht zu unterschätzen. Denn letztendlich bringen sie Thematiken an die Abgeordneten, die sonst nie den Weg zu ihnen gefunden hätten. Und sie haben das Potenzial, den Druck auf die Politik zu erhöhen.

roblong
30. Januar 2021 - 12.37

Eine Petition ist nichts anderes als eine Bitte vortragen zu dürfen. Aber niemand muss zuhören.

trotinette josy
28. Januar 2021 - 17.32

Es ist wie überall im Leben, es kommt nicht auf die Quantät sondern auf die Qualität an. Eine inflationäre Anzahl von Petitionen führt dazu, dass sie nicht mehr ernst genommen werden. Weniger ist mehr.