Lockdown-Langeweile„Zodiac Killer“: Codebrecher entschlüsseln Botschaften eines US-Serienmörders

Lockdown-Langeweile / „Zodiac Killer“: Codebrecher entschlüsseln Botschaften eines US-Serienmörders
Polizeizeichnung des „Zodiac Killers“: Jetzt sind Mathematiker seinen Botschaften auf der Spur Copyright: Wikimedia Commons

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Über 100 Tage verbrachte ein australischer Mathematiker aus Melbourne wegen des Corona-Lockdowns zu Hause. Aus Langeweile setzte er sich gemeinsam mit zwei weiteren Codebrechern daran, mehr als 50 Jahre alte Botschaften eines US-amerikanischen Serienmörders zu entschlüsseln. Heraus kam eine seltsame Nachricht.

Die Phantomzeichnung des Mörders zeigt einen fast bieder aussehenden Mann. Wer der sogenannte „Zodiac Killer“, wie er sich selbst nannte, war, ist bis heute ein Rätsel. Der Verbrecher terrorisierte vor rund 50 Jahren den Norden Kaliforniens. Mindestens fünf Menschen hat er auf dem Gewissen, zwei weitere verletzte er schwer. Unter den Opfern sind zwei junge Pärchen und ein Taxifahrer. Er selbst behauptete in Briefen gar, 37 Menschen umgebracht zu haben.

Die Nachrichten schickte der Verbrecher an lokale Tageszeitungen und drohte, weitere Menschen zu ermorden, sollten die Medien seine Briefe und die darin enthaltenen Kryptogramme nicht veröffentlichen. Seine Botschaften unterschrieb der Täter mit einem durchkreuzten Kreis. Bis heute wurde trotz mehrerer Verdächtiger niemand wegen der Mordfälle verurteilt. In den USA ist der Serienmörder berüchtigt und hat den Stoff für einen Thriller mit Jake Gyllenhaal und Robert Downey Jr. aus dem Jahr 2007 geliefert.

Aufklärung per Code

Die verschlüsselten Botschaften, die der Täter seinen Briefen neben blutigen Fetzen der Kleidung seiner Opfer beifügte, waren bisher ein fast ebenso großes Rätsel wie seine Identität. Zwar wurde ein Kryptogramm mit 408 Symbolen, das er im August 1969 an kalifornische Zeitungen schickte, innerhalb weniger Tage nach seiner Veröffentlichung gelöst, doch die berüchtigte sogenannte „340-Chiffre“ aus dem November desselben Jahres blieb über 50 Jahre ein Rätsel.

Ein halbes Jahrhundert später gelang es nun jedoch dem australischen Mathematiker Sam Blake gemeinsam mit David Oranchak, einem Software-Entwickler aus Virginia, und Jarl Van Eycke, einem belgischen Computerprogrammierer, die Botschaft zu knacken. Der australische Mathematiker nahm sich die verschlüsselte Botschaft erstmals während der strengen Corona-Ausgangssperre, die ab Juli in Melbourne herrschte, vor. Er setzte sich mit dem Amerikaner David Oranchak in Verbindung, der sich schon länger über die Kryptogramme den Kopf zerbrach, und schlug ihm eine neue algorithmische Lösung vor.

Supercomputer im Einsatz

Die beiden begannen schließlich, gemeinsam an dem Rätsel zu arbeiten. Ihm sei eine Symmetrie in der Art und Weise, wie die Chiffre angeordnet war, aufgefallen, sagte der Mathematiker dem australischen Sender ABC. Blake spannte von seinem Home-Office aus den Supercomputer der Universität von Melbourne mit ein. „Um gegen die Covid-Langeweile anzugehen, begann ich ernsthaft, daran zu arbeiten“, sagte er. Dann hätten sie monatelang mit Algorithmen experimentiert, die die verschiedenen Lesearten der Chiffre testeten, bis Anfang Dezember schließlich der Durchbruch kam.

„Wir haben ungefähr 650.000 verschiedene Arten ausprobiert – alle ohne Erfolg“, sagte Blake. Doch die beiden gaben nicht auf und plötzlich entdeckten sie die Fragmente: „Ich hoffe, du hast“, „Versuch, mich zu fangen“ und „Gaskammer“. Die ersten neun Zeilen hätten sich daraufhin relativ leicht lösen lassen, meinte der Australier. Doch die nächsten neun Zeilen erwiesen sich als schwierig. Irgendwann entdeckten die Tüftler dann, dass der „Zodiac Killer“ einen Fehler in seinem Code gemacht hatte. Erst mithilfe des belgischen Software-Entwicklers Jarl Van Eycke konnten sie diesen „ausmerzen“ und den Code doch noch knacken.

Wirre Worte eines Geisteskranken?

Das Kryptogramm, das laut des Trios im Englischen Rechtschreibfehler enthält, lautet übersetzt in etwa: „Ich hoffe, ihr habt Spaß dabei, mich zu fangen.“ Im Folgenden scheint sich der Mörder dann auf eine TV-Show zu beziehen, in der sich ein Anrufer als „Zodiac Killer“ ausgegeben hatte. Er schrieb, das sei er nicht gewesen. „Ich habe keine Angst vor der Gaskammer, weil sie mich umso früher ins Paradies schicken wird“, prahlte er. Danach wird es noch verworrener: Er habe ausreichend „Sklaven, die für mich arbeiten“, heißt es, und während alle anderen Angst vor dem Tod haben würden, weil sie nichts hätten, wenn sie ins Paradies kämen, sei das bei ihm nicht so. „Ich habe keine Angst, weil ich weiß, dass mein neues Leben im Paradies leicht sein wird.“ Das FBI hat die Korrektheit der Übersetzung inzwischen bestätigt.

Einfach sei das Entziffern nicht gewesen, sondern eine Menge „Handarbeit“, sagte David Oranchak im Interview mit dem US-Sender CNN. „Wir hatten wirklich Glück“, meinte er. Der einzig wirklich enttäuschende Teil sei jedoch, dass die entschlüsselten Worte – ähnlich wie die erste Nachricht, in der der Verbrecher schrieb, „Ich mag das Töten, weil es so viel Spaß macht“ – keine personenbezogenen Daten enthielten.

Noch sind jedoch zwei weitere Chiffren ungelöst und eine davon soll den Namen des Mörders enthalten. Doch die Codebrecher sind nicht optimistisch. Die Mission sei „fast hoffnungslos“, meinten sie, da die Kryptogramme zu kurz seien und Tausende verschiedene Namen und Sätze dazu passen könnten.