„Wir werden alles geben“: Jeunesse und Progrès wollen das Weiterkommen in der Europa League

„Wir werden alles geben“: Jeunesse und Progrès wollen das Weiterkommen in der Europa League

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Hoffen auf ein Wunder

Am Donnerstagabend ab 20.00 Uhr Lokalzeit (21.00 Uhr MEZ) will der Luxemburger Rekordmeister im Estádio Dom Afonso Henriques ein Wunder schaffen. Im Rückspiel der zweiten Qualifikationsrunde der Europa League will die Jeunesse dem portugiesischen Traditionsverein Vitoria Guimarães alles abverlangen.

Aus Guimarães berichtet Tageblatt-Korrespondent Marc Karier

Im Hinspiel vor einer Woche im Stade Josy Barthel hielten die Schützlinge des neuen Trainers Nicolas Huysman den hohen Favoriten mit einer kompakten, disziplinierten Mannschaftsleistung in Schach. Die Gäste konnten nicht dominant auftreten und hatten nur wenige Chancen. Ein Pfostentreffer und zwei dicke Gelegenheiten, die Jeunesse-Torwart Kévin Sommer glänzend zunichte machte, standen zu Buche. Nach dem Dreh wuchs die Anspannung bei den Vollprofis, die sich die Zähne am Jeunesse- Beton ausbissen.

Der Jeunesse boten sich einige Konter-Chancen u.a über den pfeilschnellen Klica. Die Konzentration bis zum Schluss hoch halten hatte die Devise im Vorfeld gelautet. Eine Vorgabe, die bis in die 94. Minute Bestand hatte. Vor dem 0:1 fehlte von vorne bis hinten aber die letzte Konsequenz, um die Null stehen zu lassen. Amoah nutzte die einzige Abwehrschwäche aus kurzer Distanz aus. Er stand bei der Aktion jedoch deutlich im Abseits. Eine Abseitsposition, die im Übrigen von der portugiesischen Sportpresse mit keiner Silbe erwähnt wurde.

Ein Topverein

Nicolas Huysman hält sich nicht lange mit dem Erlebten auf und schaut nach vorn: „So ist Fußball. Vielleicht gleicht sich das Ganze im Rückspiel aus.“ Der neue Jeunesse-Coach sieht das heutige Duell als Chance an: „Wir haben nichts zu verlieren und können nur gewinnen“, meinte der Mann, der in seiner aktiven Zeit in Frankreich über 500 Profi-Pflichtspiele (u.a. Dunkerque, Metz) absolvierte. Der Franzose zollte dem Gegner „großen Respekt“. „Guimarães ist auf allen Ebenen ein Topverein“, sagte er. Auf die zu befolgende Taktik angesprochen, erklärte Huysman: „Ich werde sicher nicht alles ändern. Eine kleine taktische Variante ist aber nicht ausgeschlossen.“ Alle Karten offenlegen wollte Huysman jedoch nicht.

„Sollten wir in der Schlussphase unbedingt ein Tor brauchen, werde ich mich selbst einwechseln, um mitzuhelfen …“, flachste Huysman. Die Jeunesse wird aller Voraussicht nach mit derselben Startelf wie vor Wochenfrist beginnen. In der Trainingseinheit gestern Vormittag wurden die Akzente auf Standardsituationen in gegnerischer Tornähe gelegt. Auf die zu erwartende stimmungsvolle Kulisse reagierte der Trainer mit einem Achselzucken. „Mich ficht das überhaupt nicht an und die Jungs sind motiviert und intelligent genug, um damit umgehen zu können.“

Fehlen werden weiterhin Frederick Kyereh (Knöchel) und Clayton De Sousa (Zeh).
Auf einen Gegner, der die Partie auf die leichte Schulter nimmt, darf die Jeunesse derweil aber nicht hoffen. Guimarães ist nach dem ersten Duell in Esch gewarnt und wird alles tun, um das Erreichen der Gruppenphase nicht aus den Augen zu verlieren. Hinter dem Einsatz des Torschützen aus dem Hinspiel, Amoah, steht wegen Knieproblemen ein Fragezeichen.


3 Fragen an Kévin Sommer, Jeunesse-Torwart

Sind Sie auf die weiße Wand der Vitoria-Ultras vorbereitet?

Ich werde die Ultras ja nur eine Halbzeit lang hinter mir haben. Beim Warmmachen werde ich meine Orientierungspunkte suchen. Im Spiel gilt es, den Kontakt mit meinen Kollegen, sei es akustisch oder visuell, nicht zu verlieren. Die Kommunikation ist in solchen Spielen sehr wichtig. Stimmungsvolle Kulissen kenne ich bereits aus meiner Zeit beim Racing Straßburg (2007 bis 2010, Anm. d. Red.). Im Stade de la Meinau war oft richtig was los, ebenso auswärts in Nantes oder Laval.

Wie sind Sie mit dem späten Abseits-Gegentor im Hinspiel umgegangen?

Da kann man schon wütend sein. Wir wurden richtig bestraft. Der Aufwand der Mannschaft während 90′ wurde mit einer Aktion regelrecht vermasselt. Man soll jedoch nicht zu lange über solche Szenen nachdenken. Im nächsten Spiel kann das Ganze sich zu unseren Gunsten drehen. So ist Fußball.

Ist die Qualifikation für die dritte Runde noch möglich?

Wir alle glauben wirklich noch an das Weiterkommen. Wir werden jedenfalls alles geben. Im Hinspiel wurde eine Joker- Karte verspielt. Jetzt gilt es, voll konzentriert zu bleiben und den Moment zu genießen.


Ghostbuster Nummer zwei

Die bösen Geister und Erinnerungen vertreiben – darum geht es für die Glasgow Rangers. Der schottische Rekordmeister will das leidige Thema Progrès Niederkorn ein für alle Mal abhaken. Der Favorit ließ sich bereits 2017 im Europa-League-Rückspiel im Stade Josy Barthel überraschen und wurde zum internationalen Gespött. Zwei Jahre später hat die Mannschaft von Steven Gerrard heute ab 19.30 Uhr die Möglichkeit, nach dem 2:0-Hinspielsieg definitiv mit seiner „bête (jaune et) noire“ abzuschließen.

Von Christelle Diederich

Als 1984 der US-Blockbuster „Ghostbusters“ erschien, hatten die Glasgow Rangers bereits 37 ihrer insgesamt 54 nationalen Meisterschaftstitel in Schottland gewonnen. Damals ahnte sicherlich noch niemand, dass 33 Jahre später ein Underdog aus Luxemburg für einen der beschämendsten Momente der Vereinsgeschichte sorgen würde. Die schottische Sun verlangte bereits vor sieben Tagen von den „Gers“, die bösen Geister aus dem Jahr 2017 endlich zu vertreiben.

Doch das 2:0 (Ayodele-Aribo 20., Ojo 54.) hinterließ bei der lokalen Presse und Trainer Steven Gerrard ein ungutes, unvollendetes Gefühl. „Es kann ein sehr schwerer Abend für uns werden, wenn wir es zulassen“, erklärte die 39-jährige Liverpool-Ikone gestern unmittelbar nach der Ankunft in Luxemburg. Die Rechnung ist einfach: Gelingt den Rangers ein Auswärtstreffer, braucht der Tabellenvierte der BGL Ligue mindestens vier Tore.

Das Abschlusstraining fand, anders als noch vor zwei Jahren, in Glasgow statt. Aberglaube hin oder her, der Rangers-Coach wollte kein Risiko eingehen. „Wir haben noch einen Teil unserer Arbeit zu erledigen. Deshalb sind wir hier“, sagte er in Bezug auf die Torausbeute, die aus Sicht der Schotten zu niedrig ausgefallen ist. Auf diese Situation hat sich der Progrès Niederkorn eingestellt, wie Trainer Roland Vrabec erklärte: „Genau wie vor einer Woche dürfen wir uns nicht erhoffen, viel Ballbesitz zu haben. Wir werden von der ersten Minute an verteidigen müssen.“

Restenergie herausholen

Probleme bereiteten dem Progrès die beiden Rangers-Außenverteidiger Tavernier und Halliday: Am vergangenen Donnerstag rückten beide vor allem im ersten Durchgang ständig sehr hoch auf und übten zusätzlichen Druck aus, wodurch sie die Flügel der Luxemburger nicht nur in Schach hielten, sondern gleichzeitig die Offensivwaffe Mayron de Almeida über große Strecken der Begegnung zu Defensivarbeiten zwangen.

„Diese Situation ist nicht wirklich angenehm. Wir hätten einige Konterchancen besser ausspielen müssen“, blickte der angesprochene Spieler zurück. Heute wird wohl ein ähnliches Szenario auf ihn warten: „Dann muss man die Restenergie aus sich herausholen, um nach vorne zu gehen. Das heißt nicht, dass man seine Einsätze dosieren darf. Jeder muss ständig hundert Prozent Gas geben“, forderte der Belgier.

An diese Solidarität appellierte ebenfalls der Coach. „Wir werden erneut leiden. Jeder muss morgen (heute) alles aus sich herausholen.“ Die angeschlagenen Sébastien Thill und Emmanuel Françoise sind wieder einsatzbereit, nach einer Kontrolle seiner Adduktorenschmerzen gab es ebenfalls grünes Licht bei Torwart Sébastien Flauss. Fest steht, dass Rechtsverteidiger Tom Laterza nach seiner Ampelkarte durch Yann Matias ersetzt werden muss.

Wechsel in der Startformation

Doch es gibt noch andere Gründe, die für weitere Wechsel in der Startformation sprechen: „Letzte Woche waren einige krank (u.a. Aldin Skenderovic und Tim Hall), sie haben anschließend nicht alle Trainingseinheiten mit dem Team bestreiten können. Zudem habe ich mir meine Gedanken über die einzelnen Leistungen in Glasgow gemacht. Sollte es Änderungen geben, sind es wohl diese Gründe, die dafür sprechen. Ich werde schauen, welche Spieler noch daran glauben, dass es möglich ist, sich zu qualifizieren. Die Entscheidung fällt also nicht nur in Bezug auf die Qualität, sondern auf die mentale Stärke, die wir haben müssen.“

Eigentlich spricht in der aktuellen Konstellation alles gegen Niederkorn: Die Mannschaft von Steven Gerrard ist deutlich stärker einzuschätzen als die Rangers von 2017. Diesmal müssten Thill und Co. zudem ein zusätzliches Tor wettmachen. Doch gerade in Science-Fiction-Filmen wie bei den „Ghostbusters“ ist bekanntlich alles möglich …