EditorialWir lassen arme Länder bei den Impfungen im Stich – das ist unverantwortlich und untergräbt unsere Impfkampagnen 

Editorial / Wir lassen arme Länder bei den Impfungen im Stich – das ist unverantwortlich und untergräbt unsere Impfkampagnen 
Die Impfstoffe sind fürchterlich ungerecht verteilt: Im globalen Norden wurden von der impffähigen Bevölkerung rund 70 Prozent geimpft, in Afrika und anderen armen Staaten gerade mal zwei Prozent Foto: AFP/Nhac Nguyen

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Fast alles rund um das Coronavirus ist kompliziert. Wir folgen der Wissenschaft, und die findet immer wieder Neues heraus. Das erfordert ein Umdenken, was niemandem leichtfällt. Hinzu kommt die Politik, die ihr Handeln und ihre Kommunikation ebenfalls anpassen muss – und die nicht selten mit der Pandemie Politik betreibt, was dann alle nur noch mehr verwirrt.

Es gibt aber auch die Dinge an der Pandemie, die klar und nachvollziehbar sind. 

Erstens: Das Coronavirus mutiert. Das ist wie eine Lotterie und die meisten Veränderungen helfen dem Virus nicht weiter. Wenn aber viele Menschen infiziert sind, kann das Virus auch oft an seinem Glücksrad drehen. Wir lernen so das griechische Alphabet neu. Die Variante Delta prägt gerade unseren Alltag. Nun wurde die Variante Mu in Europa als „potenziell besorgniserregend“ eingestuft. Damit sind wir in der Hälfte des griechischen Alphabets angekommen.

Zweitens: Die Welt ist miteinander verwoben. Entsteht irgendwo eine problematische, weil fittere Coronavirus-Variante, lassen sich die Tage abzählen, bis sie auch an unsere Haustür klopft.

Drittens: Wir haben zurzeit mehr Impfstoff, als wir verspritzen können, und die noch ausstehenden Bestellungen werden dieses Ungleichgewicht verstärken.

Viertens: Die Impfstoffe sind fürchterlich ungerecht verteilt. Im globalen Norden wurden von der impffähigen Bevölkerung rund 70 Prozent geimpft, in Afrika und anderen armen Staaten zwei Prozent. Dabei hatte der Westen hehre Versprechen gemacht. Alle sagten der internationalen Initiative Covax Impfstoff-Spenden zu, die diese weiterverteilen könne. Wie so oft bei internationalen Hilfszusagen bleibt es sehr, sehr lange beim Versprechen.

Luxemburg flog bislang 15 Ventilatoren nach Tunesien und Nepal. Am Wochenende wird das Großherzogtum ein paar Zehntausend Impfdosen an eines unserer Partnerländer der Kooperation abgeben. Immerhin. Luxemburgs Regierung hat Covax aber auch 350.000 Impfdosen versprochen. Passiert ist noch nichts. Wie es heißt, wird das gerade evaluiert.

Wir bekämpfen die Pandemie weiter nationalstaatlich. Das begann mit dem Raubrittertum bei der Maskenbeschaffung, führte über das Gerangel bei den Impfstoffbestellungen und zieht sich mit unserer Weigerung, Impfstoffe an jene abzugeben, die sich selber keine ausreichenden Mengen anschaffen können, bis ins Hier und Heute.

Das ist auf geradezu groteske Art kurzsichtig. Es gefährdet Menschenleben im globalen Süden und könnte, wenn sich eine resistente Variante entwickelt, wie ein Bumerang zurückgeflogen kommen und unsere ganzen nationalen Impfstrategien zerschießen.

Nicht nur in Luxemburg wächst der Druck auf die Ungeimpften. Die Staaten wirken zunehmend ratlos in ihren Versuchen, die Impfgegner zu überzeugen. Der letzte Ausweg heißt dann Impfpflicht. Impfen ist weiter unsere einzige Hoffnung, keine Frage. Doch nicht nur Luxemburger und Europäer müssen geimpft sein.  Damit wir die Pandemie in den Griff bekommen, müssen es alle sein, weltweit.

Wenn den Regierungen die Impfungen so wichtig sind, sollten sie Impfdosen an ärmere Staaten abgeben. So viel wie möglich und so schnell es geht. Vor einer staatlichen Impfpflicht sollte die Selbstverpflichtung zur Verteilung stehen. Allen anderen Anstrengungen und Aufrufen fehlt sonst die Glaubwürdigkeit.

Piti
12. September 2021 - 11.26

Solange die Populationsdichte des Menschen hoch ist , wird das Virus trotzt Impfung nach dem Prinzip der Biologie „ Kill the Winner“ handeln. „ And the winner is“, der Mensch.

paulreix
11. September 2021 - 21.33

ob daat elo am Kader vun Covax war, weess ech net, awer et gouffen Impfdosen an den Cap Vert geschëckt.

Nomi
11. September 2021 - 15.32

An villen arme Laenner liewen dei' i'ewescht 500-1000 an Saus und Braus, an den rescht huet Naischt ze bei'ssen !

Wieder Mann
11. September 2021 - 12.19

Ein Widerspruch dieser Impfpolitik ist, einerseits der Druck auf Nichtgeimpfte erhöht, Impfstoffe an ärmere Länder abgeführt werden soll und dann im Endeffekt den Impfwilligen eine freiwillige Dritt-Impfung verwehrt wird, obschon eine solch Impfung die Immunisierung erhöht.