/ Winterkorn im Visier der US-Justiz: "Dieselgate" holt Ex-VW-Chef ein
Nun wird es doch noch eng für Martin Winterkorn. Immer wieder hatte der Ex-VW-Chef beteuert, er habe sich in der Abgasaffäre nichts zuschulden kommen lassen. Verfehlungen Einzelner, aber kein Wissen von Top-Managern über den millionenfachen Betrug mit Schadstoffwerten bei Dieselautos – das war die Linie des langjährigen Konzernlenkers, der im Herbst 2015 über die Manipulationen gestolpert war.
Seit Donnerstag (Ortszeit) greift der lange Arm der US-Justiz auch nach dem früher schier unantastbaren „Mr. Volkswagen“. Die Behörden in den Vereinigten Staaten – Ursprungsland von „Dieselgate“ – machen Winterkorn zum hochrangigsten Beschuldigten im Strafverfahren gegen mutmaßlich mitverantwortliche VW-Mitarbeiter. Und die Vorwürfe gegen „Wiko“, wie er im Konzern ehrfürchtig genannt wurde, wiegen schwer.
Die Anklage lautet auf Betrug und Verschwörung. Justizminister Jeff Sessions droht: „Wir werden diesen Fall mit der maximalen Härte des Gesetzes bestrafen.“ Man gehe davon aus, dass das VW-Komplott „bis in die Unternehmensspitze“ hinaufreichte. 2017 hatte es noch geheißen, die Täuschungen seien wohl unterhalb der höchsten Ebene abgelaufen.
Vergangenheit holt Winterkorn schlagartig ein
Peter Mock, Direktor der Umweltorganisation ICCT, rechnet denn auch mit weiteren Anklagen gegen ehemalige VW-Manager. „Ich habe schon immer bezweifelt, dass nur ein kleiner Kreis ohne weitreichende Befugnisse von den Manipulationen wusste und für diese verantwortlich war. Vor diesem Hintergrund wäre ich nicht erstaunt, falls es zu weiteren Anklagen kommt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag).
Die Vergangenheit holt Winterkorn, der den VW-Konzern von Anfang 2007 bis September 2015 führte, nun schlagartig ein. Zwar ist der inzwischen 70-Jährige nicht inhaftiert, und eine Auslieferung in die USA wäre nach Aussagen aus Justizkreisen unwahrscheinlich. Doch auch so ist die Lage brenzlig genug. Sollten US-Fahnder Winterkorn doch irgendwie irgendwo schnappen, drohen ihm bei einer Verurteilung schlimmstenfalls 25 Jahre Haft einschließlich einer hohen Geldstrafe.
Eine Stellungnahme Winterkorns zum aktuellen Fall war über einen Anwalt am Freitag zunächst nicht zu erhalten. „Wir prüfen das und werden uns zu gegebener Zeit äußern“, hieß es. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird sich Winterkorn selbst nicht äußern.
Er selbst sei sich „keines Fehlverhaltens bewusst“
„Fassungslos“ sei er, dass „Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren“, hatte der Manager beim Rücktritt wegen der gefälschten Emissionsdaten vor knapp zweieinhalb Jahren gesagt. In einer Videobotschaft an die Belegschaft äußerte er damals sein Entsetzen: „Manipulieren und Volkswagen – das darf nie wieder vorkommen.“ Er selbst sei sich „keines Fehlverhaltens bewusst“.
Danach blieb es um ihn relativ still. Im Ruhestand gab es hier und da zwar ein paar unangenehme Schlagzeilen: hohe Rentenbezüge, ein angeblich auf Konzernkosten beheizter Koi-Karpfenteich auf seinem früheren Luxusanwesen. Doch in der Diesel-Affäre – der größten Krise der VW-Geschichte – schien der Ex-Chef eher glimpflich davonzukommen.
Bleibt das nach der US-Anklage so? Selbstverständlich gelte bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung, betonten die Behörden. Dass die US-Strafverfolger es in der Sache sehr ernst meinen, mussten jedoch andere angeklagte VW-Mitarbeiter schon schmerzlich erfahren.
Haftbefehl gegen Winterkorn
Der Ingenieur James Liang, der früh ein Geständnis abgelegt und als Kronzeuge mit den Ermittlern kooperiert hatte, wurde im vorigen August zu über drei Jahren Gefängnis verurteilt. Oliver Schmidt, 2012 bis 2015 in leitender Funktion für Umweltfragen in den USA zuständig, brummte der knallharte Richter Sean Cox im Dezember sieben Jahre Haft auf. Damit ging er sogar über die Forderung der Staatsanwälte hinaus.
Inklusive Liang und Schmidt waren bereits acht weitere ehemalige und amtierende VW-Mitarbeiter von der US-Justiz angeklagt worden. „Wiko“ ist jetzt aber das mit Abstand größte Kaliber. Abgesehen vom ehemaligen VW-Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer handelte es sich bei den Beschuldigten nicht um ganz hochrangige Führungskräfte.
Zivilrechtlich hat sich der Konzern mittels teurer Vergleiche mit Sammelklägern in Nordamerika zwar weitgehend freigekauft – VW hat dafür inzwischen aber über 25 Milliarden Euro an Kosten verbucht. Doch jeder, den die US-Behörden im Verdacht haben könnten, persönlich in den Skandal eingebunden gewesen zu sein, muss weiter zittern.
Inzwischen erließ die US-Justiz Haftbefehl gegen Winterkorn, wie eine Justizsprecherin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Dies dürfte allerdings folgenlos bleiben. Deutsche Staatsangehörige würden nicht in die USA ausgeliefert, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums in Berlin. Nach Amerika oder in Länder zu reisen, die Auslieferungsabkommen mit den USA haben, kann indes ein großes Risiko darstellen. Das zeigte sich schon im Fall von Schmidt, der Anfang 2017 vom FBI am Flughafen von Miami auf der Rückreise vom Winterurlaub in Florida abgefangen wurde.
- Mailand-Sanremo: Philipsen feiert monumentalen Sieg, Pogacar 3. - 18. März 2024.
- Mit viel Zündstoff aus der Winterpause - 21. Februar 2024.
- FIA will sich zum Fall Horner nicht vor Abschluss äußern - 20. Februar 2024.
Ich denke da scheppert nun doch etwas !
Warum nur Winterkorn ????
Alle anderen in verantwortlichen Positionen wussten von nichts ????
Ps. Ich bin einer von vielen die betrogen wurden.