Neues Fach im LyzeumWie Schüler auf 4e „Lëtzebuergesch“ lernen

Neues Fach im Lyzeum / Wie Schüler auf 4e „Lëtzebuergesch“ lernen
Die Luxemburgisch-Lehrerin erklärt den Schülern einer 4e im „Lycée Michel Rodange“ die „n-Regel“ Foto: Editpress/Julien Garroy

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Zu Besuch im hauptstädtischen Lycée Michel Rodange konnte das Tageblatt den 4e-Schülern beim Unterricht des neuen Fachs „Lëtzebuergesch“ über die Schulter schauen. Ab nächstem Schuljahr wird das Lyzeum ein Pilotprojekt starten. „Lëtzebuergesch“ kann ab 3e entweder als vierte Sprache auf der A-Sektion oder als zusätzliche Sprache auf allen anderen Sektionen gewählt werden.

Die Schüler einer 4e-Klasse im Lycée Michel Rodange sitzen vor ihren iPads. Auf der digitalen Tafel vorne im Klassenzimmer wird die „n-Regel“ eingeblendet. Auf der grünen Tafel hat die Lehrerin einige Beispiele aufgeschrieben. Die Regel besagt, dass man das „n“ in bestimmten Buchstabenkonstellationen weglassen muss. Eine Schülerin stellt fest, dass sie nach dem Erlernen dieser Regel auch beim Sprechen ein anderes Bewusstsein entwickelt habe. „Ich spreche jetzt anders.“ Ein Schüler sagt, dass er die „n-Regel“ vorher, auch ohne sie zu kennen, intuitiv meistens richtig angewendet habe. Nun habe er allerdings mehr Sicherheit beim Schreiben.

Seit diesem Schuljahr wird an allen Lyzeen das Fach „Lëtzebuergesch“ auf 4e unterrichtet und nicht mehr wie bisher auf 7e. Aus diesem Anlass hat Bildungsminister Claude Meisch zu einer Pressekonferenz mit anschließender Besichtigung eines Luxemburgisch-Kurses eingeladen. Das Lycée Michel Rodange wurde dabei nicht zufällig ausgesucht. Denn das Lyzeum ist das einzige, das ab dem nächsten Schuljahr an einem Pilotprojekt teilnimmt.

Als Weiterführung des Schulfaches „Lëtzebuergesch“ auf 4e können die Schüler der A-Sektion ab 3e Luxemburgisch als vierte Sprache dazunehmen. Heute kann man auf der Sprachensektion nur zwischen Italienisch und Spanisch auswählen. Luxemburgisch wird im Pilotprojekt demnach als weitere Auswahlmöglichkeit hinzugefügt. Der Kurs soll drei Stunden pro Woche auf 3e sowie jeweils fünf Stunden pro Woche auf 2e und 1re unterrichtet werden. Claude Meisch erläutert, dass die Schüler dabei die Möglichkeit haben, viel tiefer in die Sprache, Grammatik und Orthografie sowie in die Linguistik und Literatur des Luxemburgischen eintauchen zu können. Zudem kann das Luxemburgische im Lycée Michel Rodange auf allen anderen Sektionen (B, C, D, E, F und G) als weitere Sprache ab 3e gewählt werden. Auf diesen Sektionen findet der Unterricht an drei Stunden pro Woche statt.

Luxemburgische Sprache sichtbarer machen

Das „Zertifikat fir Lëtzebuerger Sprooch a Kultur“ (ZLSK) gilt als Voraussetzung, um Luxemburgischkurse in der Erwachsenenbildung geben zu können. Dieses Zertifikat kann von den Schülern, die sich für das Luxemburgische ab 3e einschreiben, sowohl für jene der A-Sektion als auch für jene der anderen Sektionen, erworben werden. Allerdings sei es dafür notwendig, auf 2e im Rahmen einer „Option“ zusätzliche Didaktikkurse zu belegen, sagt Meisch.

Claire Simon, Vizedirektorin des Lycée Michel Rodange in Luxemburg-Stadt, zeigt sich am Donnerstag erfreut darüber, dass ihre Schule, die schließlich den Namen eines bekannten Luxemburger Schriftstellers trage, den ersten Schritt mache. Das Lyzeum versuche seit geraumer Zeit, die luxemburgische Sprache in verschiedenen Bereichen sichtbarer zu machen, so Simon.

Auf den iPads können die Schüler die Grammatikregeln nachlesen
Auf den iPads können die Schüler die Grammatikregeln nachlesen Foto: Editpress/Julien Garroy

Aber was sagen die Schüler zu dem neuen Fach? Ein Schüler findet es wichtig, dass sie nun lernen, Luxemburgisch richtig zu schreiben. Eine Schülerin sagt, dass sie im alltäglichen Schreiben des Luxemburgischen schnell auf die erlernten Orthografieregeln zurückgreifen könne, was das Schreiben vereinfache. Eine Mitschülerin ist froh darüber, keine Vokabeln lernen zu müssen, da sie die Wörter als Muttersprachlerin schließlich alle kennt. Dennoch sehe sie ein, dass sie die Sprache, die sie eigentlich sehr gut reden kann, anhand der Orthografieregeln auch korrekt schreiben lernen sollte.

„Lëtzebuergesch“ statt auf 7e nun auf 4e

Das Fach „Lëtzebuergesch“ wird seit diesem Schuljahr nicht mehr auf 7e unterrichtet. Auf die Tageblatt-Frage, ob dies keine Nachteile mit sich bringt, weist Meisch darauf hin, dass auf 7e viele Schüler noch Probleme im Französischen und Deutschen haben. Demnach sei es vorteilhaft, die Zeit auf 7e besser zu nutzen, um diese beiden Sprachen intensiv zu stärken, damit die Schüler eine solide Basis erlangen könnten, sagt der Bildungsminister. Auf 4e seien diese Sprachen gefestigt und das Luxemburgische könne zudem anders vermittelt werden als auf 7e. Deshalb ergebe es mehr Sinn, „Lëtzebuergesch“ auf 4e anzubieten, so Meisch. Auch die Lehre der luxemburgischen Kultur und Geschichte könne in dieser Altersklasse anders vermittelt werden. Das Feedback aus den Schulen sei bislang sehr positiv, sagt er.

Das Tageblatt fragt bei den 4e-Schülern nach, die Luxemburgisch vor einigen Jahren auf 7e hatten. Ein Schüler findet den Kurs auf 4e ansprechender, weil nicht nur die Schreibweise gelernt werde, sondern auch die Kultur der Sprache und wo sie herstammt. Eine Schülerin sagt, dass sie auf 7e einige Grammatikregeln gelernt, diese aber schnell wieder vergessen habe. Nun auf 4e habe das für sie eine größere Bedeutung, weil sie ständig Nachrichten auf Luxemburgisch schreibe und die erlernten Regeln dazu sinnvoll anwenden könne.

Andererseits vermittelt das Fach auch wichtige Elemente der luxemburgischen Geschichte, insbesondere für jene Schüler, deren Eltern nicht in Luxemburg aufgewachsen sind

Claude Meisch, Bildungsminister

Auf der Pressekonferenz spricht Bildungsminister Claude Meisch von einer neuen Herausforderung, jedem Schüler die luxemburgische Sprache mit auf den Weg zu geben. Nur rund ein Drittel aller Schüler sprechen Luxemburgisch als Erstsprache zu Hause. Die erste Generation der Migranten habe die luxemburgische Sprache auf dem Schulhof gelernt. Heute sei dies durch die verstärkte Multikulturalität und die mehrsprachige Situation in den Grundschulen nicht immer selbstverständlich. „Deshalb ist es wichtig, die luxemburgische Sprache nun innerhalb der Schulprogramme zu vermitteln“, sagt Meisch. Ein Element davon sei die Einführung des Fachs „Lëtzebuergesch“ auf den 4es des „Enseignement général“ und „Enseignement classique“.

Wichtige Rolle der Sprache im Alltag

„Es geht einerseits darum, wie man Luxemburgisch richtig schreibt, denn die Sprache spielt im Alltag eine wichtige Rolle“, sagt Meisch. „Andererseits vermittelt das Fach auch wichtige Elemente der luxemburgischen Geschichte, insbesondere für jene Schüler, deren Eltern nicht in Luxemburg aufgewachsen sind.“ Daneben sollen die Schüler luxemburgische Literatur, Lieder, Theaterstücke, Filme und Medien kennenlernen.

Um den Zugang zur Orthografie des Luxemburgischen zu erleichtern, hat das „Zentrum fir Lëtzebuerger Sprooch“ 30 Kurzvideos erstellt, die sowohl in den Kursen im Lyzeum als auch für andere Interessierte zugänglich gemacht werden. Auf der Uni.lu gibt es laut Meisch Bestrebungen, neben dem Masterprogramm für luxemburgische Sprache, den es seit 2009 gibt, nun auch ein Bachelorprogramm anzubieten. Während der letzten zehn Jahre habe man über 50 Studenten mit Masterabschluss in luxemburgischer Sprache als Lehrer in den Lyzeen, als Lehrkraft am „Institut national des langues“ INL, für die Erwachsenenbildung oder als Experten im „Zentrum fir Lëtzebuerger Sprooch“ (ZLS) rekrutieren können.

Claude Meisch stellt sich den Fragen der Schüler
Claude Meisch stellt sich den Fragen der Schüler Foto: Editpress/Julien Garroy