So rettet ein Escher sein historisches Haus vor dem „Echten Hausschwamm“

So rettet ein Escher sein historisches Haus vor dem „Echten Hausschwamm“

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Was ursprünglich eine einfache Renovierung werden sollte, wurde schnell zu einer Komplettsanierung. Im Zuge der Arbeiten musste Frank Gutenkauf feststellen, dass das Haus Nummer 76 in der Alzettestraße, das er von seinen Eltern geerbt hatte, vom „Echten Hausschwamm“ befallen war. Dank Spezialisten und der Zusammenarbeit mit „Sites et monuments“ konnte das historische Gebäude gerettet werden.

Von Luc van den Bossche (Text), Isabella Finzi (Fotos)

Mehr als eine Million Euro werden Frank Gutenkauf die Sanierungsarbeiten an dem Gebäude, das ihm seine Eltern vermacht haben, zu stehen kommen. Dabei waren diese ursprünglich auf zwischen 300.000 und 500.000 Euro geschätzt worden. Grund für den massiven Kostenanstieg ist ein Pilzbefall.

In dem Haus, das zwei Jahre leer stand, hatte sich der sogenannte „Echte Hausschwamm“ breitgemacht. Feuchtigkeit und mangelnde Durchlüftung bildeten einen idealen Nährboden für den holzzerstörenden Pilz. Die Folgen waren dramatisch: Von den 15 Zentimeter dicken Trägerbalken blieb nur noch 1 Zentimeter übrig. Fast im ganzen Gebäude mussten Holzelemente ersetzt werden, vor allem der dritte und vierte Stock waren stark angegriffen.

Der Pilz sei schon 10 bis 15 Jahre im Haus gewesen, hätten ihm die Experten erklärt. Aber erst beim Entfernen der Decke habe man einen Befall festgestellt, erzählt der Osteopath. Die Sanierung war absolut notwendig, da der Pilzbefall auch eine Gefahr für die Nachbarhäuser darstellte. Und in dem Zustand war ein Weiterverkauf natürlich unmöglich.

Hausbesitzer Frank Gutenkauf führt über die mehrstöckige Baustelle. Allein der Anblick auf dem zweiten Stock, der eigentlich nicht sehr stark befallen war, ist durchaus beeindruckend: Alle Holzträger sind entfernt worden; für die Dauer der Arbeiten wurden Dutzende Stahlträger provisorisch in Stellung gebracht. Auch die Decke wird komplett neu mit Styroporplatten ausgelegt. Diese sind nicht nur pilzresistent, sondern bieten gleichzeitig einen besseren Lärmschutz. Vor allem aber musste das befallene Holz entfernt werden.

Der Echte Hausschwamm …

… ist der wichtigste und häufigste holzzerstörende Hausfäule- oder Gebäudepilz in Mitteleuropa. Er durchwächst Mauerwerk, Putz, Schüttungen und Decken und kann im ganzen Gebäude auftreten, wenn es feucht genug ist. Ursache für das Auftreten des Echten Hausschwammes und aller anderen Hausfäulepilze ist immer eine zu hohe Holzfeuchtigkeit. Feuchtigkeitsquellen im Gebäude sind z.B. defekte oder ungenügende Abdichtungen, ungenügende Wartung und Pflege der Ableitungssysteme und Außenwände, Defekte an Rohrleitungen, Kondensation an dafür nicht vorgesehenen Orten sowie Maschinenschäden und Überschwemmungen. Schäden durch den Hausschwamm sind ernst zu nehmen. Seine Zerstörungskraft wird als hoch eingestuft.

Quelle: Institut für Holzqualität und Holzschäden – Dr. Rehbein und Dr. Huckfeldt GbR (2016)

Um einen Wiederausbruch des Pilzes zu vermeiden, wurden alle Mauerteile, in denen sich der Hausschwamm eingenistet hatte, mit Borsalz behandelt. Die Arbeiten an den Balkons gestalteten sich ebenfalls nicht einfach. Diese waren glücklicherweise von einer anderen, weniger aggressiven Pilzart befallen.

„Es ist schwer, das richtige Material zu finden“, erklärt Frank Gutenkauf, „oft gibt es nämlich Probleme mit Kondenswasser. Und mit einer Wohnung darunter kann das zu weiteren Problemen führen, wie ich jetzt weiß.“

Die Sanierungsarbeiten werden von einer auf Burgenrenovierungen spezialisierten Firma durchgeführt. Bei allem Pech habe er Glück mit den Leuten gehabt. Die Zusammenarbeit mit der Baufirma Batidecor, den städtischen Behörden und „Sites et monuments“ verlief reibungslos.

Vor allem die Baufirma sei überaus flexibel gewesen und habe sich sehr gut an die „wenig normalen“ Anforderungen der Baustelle angepasst. Hinzu kommen nämlich die mit den Fördergeldern verbundenen Auflagen seitens der nationalen Denkmalschutzbehörde „Sites et monuments“: Die Raumstrukturen müssen erhalten bleiben. Da nun aber die Holzträger durch Beton ersetzt werden, entstehen Probleme in Sachen Gebäudestatik. Eine der gefundenen Lösungen besteht darin, in der Dachgeschosswohnung Kartonwände zu benutzen. Zum Glück ist die schöne alte Holztreppe verschont geblieben. Auch das Parkett in den unteren Stockwerken konnte gerettet werden.

Gutenkauf schätzt, dass die Arbeiten wohl gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein werden. Zumindest die an den Wohnungen. Denn im ersten Geschoss entsteht ein Yoga-, Tai-Chi- und Rückenzentrum. Und das soll im September eröffnen.

Der Osteopath zeigt sich trotz aller Schwierigkeiten optimistisch. Denn vielleicht kann sein Fall andere Menschen auf ein Problem hinweisen, dessen sie sich nicht bewusst sind. Er habe gelernt, nie wieder Feuchtigkeit in Häusern zu unterschätzen. Was die Kosten angeht, meint er, das werde schon irgendwie gehen. Er habe Vertrauen in die „Uelzechtstrooss“.

Ein Haus, eine Familie

Das Haus Nummer 76 in der Alzettestraße blickt auf eine lange Geschichte zurück. Im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk bot hier ab 1929 das von vier Gutenkauf-Brüdern 1920 gegründete „Au Bon Marché“ Kleidung an. Ein erstes Mal wurde das Haus 1963 renoviert, als sich Jean Gutenkauf selbstständig machte. Das Geschäft ging 1992 in seinen Besitz über und es wurde 1994 im Rahmen von umfassenden Änderungen am Gebäude modernisiert. Bis 2002 hielt sich das Escher Traditionsgeschäft.

Heute ist im Erdgeschoss, nach „Mango“, das Bekleidungsgeschäft „Salsa“ untergebracht. Das Gebäude jedoch gehört nach wie vor der Familie Gutenkauf. Und im ersten Stock, der seit der Schließung von „Au Bon Marché“ als Gewerbefläche leer stand, soll dieses Jahr ein Zentrum für Yoga, Tai-Chi sowie Rückenschule einziehen. Samstags werden auch Lehrgänge angeboten. Das Konzept beruht auf der Idee der Kooperation: Neben den zwei fest eingeplanten Osteopathen können noch weitere Spezialisten in den Räumlichkeiten arbeiten. „Wir sind offen für alles, was originell ist“, sagt Frank Gutenkauf.