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Krieg und Freundschaft

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Das Denkmal befindet sich knapp fünfzig Meter vom Bahnhof Rada entfernt. Von hier aus ging es vor 74 Jahren dreieinhalb Kilometer weiter zum Gefangenenlager Nr. 188.

Es ist kalt an diesem Oktobertag. Vor dem Mahnmal haben die Tambower Behörden drei Mikrofone aufgestellt, der klapprige Kleinbus mit den drei großen Lautsprechern auf dem Dach ist wenige Meter dahinter geparkt. Die Blaskapelle wartet ungeduldig auf ihren Einsatz, ebenso die vier Soldaten, die sich neben den zwei Blumengebinden aufgestellt haben.

Die Tambower erwarten Besuch aus Luxemburg. Nicht zum ersten Mal. Seit Mitte der 1980er-Jahre wird die Ortschaft rund 460 Kilometer von Moskau entfernt regelmäßig von Luxemburgern besucht – ehemalige Gefangene, in den letzten Jahren vor allem ihre Söhne. Heute sind die Enkelkinder an der Reihe.

Das Denkmal für die Luxemburger in Tambow.

Opfer in russischer Erde

Angekündigt ist an diesem Mittwoch erstmals Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel, begleitet von seinem Vizepremierminister Etienne Schneider und einer Delegation der „Amicale des anciens de Tambow“, u.a. Jean-Pierre Dohm, 94 Jahre alt. Er war einer der ersten Insassen von 188, dem Gefangenenlager, in dem die Sowjetarmee alle nichtdeutschen Kriegsgefangenen festhielt.

Rund 10.000 Menschen, unterteilt in Baracken für je 360 Personen, wurden hier zwischen 1943 und 1945 interniert. Etwas mehr als 1.000 stammten aus Luxemburg. 166 kehrten nicht mehr zurück. Das 2012 eingeweihte Mahnmal auf dem offenen Gelände beim Bahnhof Rada erinnert an die Opfer der Luxemburger auf diesem Stück russischer Erde.

Die Blaskapelle spielt zum Empfang der Delegation auf. Feierlich verkündet die Zeremonienmeisterin den Anlass der Zusammenkunft, erklärt mit fester Stimme den Verlauf der Veranstaltung: Kranzniederlegung vor der Gedenkstele, Reden von Premierminister Xavier Bettel, vom Gouverneur des Tambower Gebiets, Alexander Nikitin, vom Vertreter der „Amicale“, Vic Steichen.

Die ersten Wohnhäuser und Datschen liegen nur einen Steinwurf vom Denkmal entfernt. Während der Premier redet, ist Gänsegeschnatter zu vernehmen. Ein sich nähernder Güterzug kündigt durch seine Sirene seine Ankunft an.

Die feierliche Atmosphäre, die den Russen vor allem anlässlich von Gedenkzeremonien gelingt, kann all dies nicht stören. Auch nicht der eisige Wind, der plötzlich über den offenen Platz bläst und die welken Blätter von den Bäumen zerrt.

99, 96, 94 Jahre

Die Kranzniederlegung am Denkmal in Rada war lediglich der Auftakt einer Dreierserie von Gedenkveranstaltungen an diesem Tag. Ihr folgen eine Blumenniederlegung am internationalen Friedhof, letzte Ruhestätte für Österreicher, Italiener, Luxemburger, Ungarn.

Letzte Etappe ist das Denkmal für den Unbekannten Soldaten in Tambow-Stadt. Jean-Pierre Dohm war nicht der Älteste, der sich an diesem Mittwoch dem Wind stellte. Alexander Nikolajewitsch Botner ist 99. Den ganzen Weltkrieg hat er mitgemacht, erzählt er Premierminister Bettel und dem Luxemburger Veteranen Dohm. 298 Flüge hat er als Kopilot absolviert. Er war u.a. an der Schlacht um Stalingrad beteiligt. Die Kranken pflegen musste die heute 96-jährige Clawdija Wassiljewa. Bereits am ersten Kriegstag war sie einberufen worden. Erst 1993 ging sie in Rente.

94 ist Ilja Wokin. Goldglänzend waren gestern nicht nur Wokins Vorderzähne. Stolz präsentierten Botner, Wassiljewa und Wokin ihre mit Orden und Medaillen behangenen Militäruniformen. Geduldig hörte Premier Bettel den Erzählungen der Veteranen zu, erzählte demütig vom Glück, derlei schreckliche Zeiten nicht erlebt zu haben.

Kriegsveteranen und ein Luxemburger Premierminister. (von links: Ilja Wokin, Clawdja Wassilejwa, Alexander Botner, Xavier Bettel und Jean-Pierre Dohm). Fotos: Lucien Montebrusco

Aufrichtige Freundschaft

Die widrigen Verhältnisse, unter denen Hunderte Luxemburger die Provinzhauptstadt Tambow und Russen Bewohner aus dem fernen Luxemburg kennenlernten, haben sich mit den Jahren zu aufrichtigen Freundschaftsbeziehungen gewandelt. Schon lange komme er nach Tambow nicht zu irgendwelchen Leuten, sagt Vic Steichen. Daher begrüße er sie als „Liebe Freunde“, sagt er.

Die Beziehungen dürften auch in den kommenden Jahren nicht abbrechen, zumal sowohl Xavier Bettel als auch Gouverneur Alexander Nikitin sie weit über den rein vergangenheitsbezogenen Bereich hinaus ausbauen wollen. Wirtschaftlich wollen beide näher rücken. Am Mittwoch überreichte Bettel eine Einladung an Nikitin. Die Reise sollte wenn möglich noch vor Oktober 2018 erfolgen, merkt Schneider schmunzelnd, an.

Dann nämlich sind Wahlen in Luxemburg. Er sei überzeugt, dass diese Regierung ihre guten Wahlergebnisse bestätigen werde, meint Nikitin aufmunternd, ohne zuvor jedoch betont zu haben, dass er mit Ungeduld auf die baldige Einladung aus Luxemburg warten werde

Jang
20. Oktober 2017 - 8.29

Eng Wourecht ennert der Politik kennt ni eraus.,
Et wor deemols grad ewéi haut. Wann ett brenzeleg gett
dann sinn d'Bonzen verschwonnen.

Jeannosch
20. Oktober 2017 - 8.15

D'Geschicht ass deemols gefälscht gin, an se muss haut neigeschriwwen gin.

Pierre Ravarin
19. Oktober 2017 - 21.44

Letzebuerger Spreech: "Wat sin? Wat hun se? Wat waren se am Krich?" "D'RésistanceGoufcam Mée 1946 gegrendt!" Ass dat just gehässeg oder huet et e Kär Wouhrecht???

Jeannosch
19. Oktober 2017 - 18.37

Aussage eines KZ Insassen: "Wéi ech heem komm sin woren se all an der Resistenz?"

Pierre Ravarin
19. Oktober 2017 - 12.22

Es gab anscheinend Wehrmachtsoldaten von luxemburgischer Nationalität, die daran beteiligt waren. Vieles bedürfte der Aufklärung! Aber leider wurde und wird dies noch immer be- respektif ver-hindert. Die 8 Hingerichteten infolge der sogenannten "épuration" waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Typen wie Waldheim und Filbinger gab es auch bei uns !!!

Jeannosch
19. Oktober 2017 - 9.00

Nicht nur betraff es Zwangsrekrutierte, vielen KZ Häftlingen wurde jegliche Hilfe seitens unseres Staates versagt, mussten diese auf Glückwohl ihre Heimreise antreten.Namen und Fälle sind mir bekannt.

Jeannosch
19. Oktober 2017 - 8.31

Tambow in Ehren, aber vergessen wir nicht die Verbrechen der Wehrmacht, der Polizeikompanien gegen die Menschheit.Ob bei Säuberungsaktionen gegen Partisanen, russische Dörfer, .........usw. waren auch einfache Soldaten beteiligt und es sollte endlich die Zeit gekommen sein diese dunkle Seite der Geschichte zu beleuchten.Vielleicht könnten einige der Überlebenden dieser Zeit unseren Historikern noch Informationen über dieses bisher nie beleuchtete Kapitel der Zwangsrekrutation geben.Es geht nicht um Schuldzuweisung, alleine geht es darum diese Zeit zu verstehen, nicht zu beschönigen.

Pierre Rvarin
19. Oktober 2017 - 8.27

Sie vergassen zu erwähnen: Weshalb hat Joseph Bech die Heimkehr sabotiert? Weshalb kehrten die Luxemburger als letzte heim? (Sogar nach den Deutschen). Wieviele Luxemburger sind in den letzten Monaten gestorben, aufgrund dieser Verzögerungen? Diese Missstände wurden von den Überlebenden angeptangert und gewissentlich übergangen!!! Weshalb sind Dokumente der Exil-Regierung BECH-DUPONG noch heute unter Verschluss? Hat jemand was zu verbergen. Merkwürdigerweise sind viele Dokumente dieser Zeit unauffindbar! Weshalb?

Schuller piir
19. Oktober 2017 - 7.28

Dank an Joseph BECH, der mit allen Mitteln die Heimkehr der luxemburger Jongen verhinderte. Fragen Sie die Überlebenden! Lesen Sie die Broschüren. Wie lautete das Teelegramm Joseph BECH'S "Cessez tout secours aux Luxembourgeois....."