Widerstand gegen das Escher Hochhaus: „Wir sind hier nicht in Manhattan“

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Vier Escher leisten Widerstand gegen das geplante Hochhaus auf dem Gelände der ehemaligen Losch-Garage am Boulevard Prince Henri. Morgen wollen sie dem Schöffenrat eine Petition mit 100 Unterschriften überreichen. Eigentlich war der Turm bereits vom Tisch und ein alternativer Entwurf mit niedriger Randbebauung war im April 2018 vom Innenministerium genehmigt worden. Doch vor einigen Wochen reichte der Bauherr eine Änderung des PAP ein, die wieder den Bau des Hochhauses vorsieht.

Als „besorgter Escher Bürger“ hatte der Schriftsteller Nico Helminger am 20. Januar die Öffentlichkeit in einem Leserbrief darüber informiert, dass auf dem Gelände der ehemaligen Garage Losch nun doch ein 19-stöckiges Hochhaus errichtet werden soll. Ihn störe die Art und Weise, wie der Turm nun auf einmal wieder aufgetaucht sei, erklärte er am Dienstag. Auf der Bürgerversammlung im März 2015 hatten er und andere Einwohner aus dem Viertel sich schon gegen das Projekt ausgesprochen. Daraufhin hatte der Bauherr Claude Konrath den Entwurf auf Wunsch der damaligen LSAP-Bürgermeisterin Vera Spautz geändert. Dieser PAP mit zwei niedrigeren Gebäuden anstelle des Hochhauses wurde im Februar 2018 einstimmig vom Gemeinderat angenommen und anschließend vom Innenminister genehmigt. „Die Leute hier haben alle gedacht, dass es dabei bleibt“, sagt Helminger. Doch es kam anders.

Vor einigen Wochen reichte der Bauherr eine Abänderung des PAP ein, in der wieder das 19-stöckige Hochhaus enthalten war. Wie es die offizielle Prozedur vorsieht, hatte der Schöffenrat die entsprechende Bekanntmachung im Rathaus ausgehangen und in der Zeitung veröffentlicht. „Die meisten Leute lesen das nicht. Ich hatte es auch nicht gesehen, sondern bin von einem Bekannten darauf aufmerksam gemacht worden“, erzählt Helminger. Daraufhin habe er den Leserbrief verfasst, weil er es als seine Pflicht angesehen habe, die Leute darüber zu informieren. „Bei so einem viel diskutierten Projekt geht man als Schöffenrat nicht hin und veröffentlicht nur einen ,Avis‘, weil es Teil der Prozedur ist. Keiner wusste von der Abänderung. Weder die Presse noch der Großteil des Gemeinderats“, betont Nico Helminger. Mit Transparenz und Bürgerbeteiligung habe das wenig zu tun. Eine solche Vorgehensweise bewege sich „am Rande der Demokratie“, entrüstet sich der Schriftsteller, der mit seiner Frau Evelyne Friederich in einem Haus in der rue Henry Bessemer wohnt.

„Das Hochhaus passt nicht hierher“

Simone Neumann-Geimer betreibt seit 25 Jahren die Kindertagesstätte „De Butzeneck“ in einer Doppelhaushälfte am Ende der rue Victor Hugo. In der anderen Hälfte wohnt sie mit ihrer Familie. Sollte das Hochhaus gebaut werden, würde es knapp 15 Meter von ihrem Haus entfernt stehen. Genau wie Marie-Thérèse Genson, die in einem Apartment an der place Stalingrad lebt, findet sie, dass das Hochhaus nicht in ihr Viertel passt. Simone Neumann-Geimer befürchtet, dass der Turm ihr die Sonne nimmt. Das wäre nicht gut für die Kinder in der Tagesstätte. Und auch nicht für ihre Familie, wenn sie im Garten sitzt. „Wir sind hier in einem Wohnviertel, das Hochhaus passt nicht hierher. Sie sollen es meinetwegen in Belval oder auf einer Industriebrache bauen, aber nicht mitten in Esch“, sagt die Erzieherin.

Helminger spricht von einem „Monster“, das in einem traditionell gewachsenen Viertel errichtet wird. Städtebaulich würde das Hochhaus alles erschlagen, was um es herum steht. „So hoch sind nicht einmal die Capelli Towers in Belval“, weiß Evelyne Friederich. In der Tat misst der größere der beiden Türme des höchsten Wohngebäudes in ganz Belval lediglich 52 Meter, während das geplante Hochhaus am „Portal Eent“ mindestens 60 Meter aufweist. Eigentlich seien es sogar fast 70 Meter, wie der Mann von Simone Neumann-Geimer, der von Beruf Ingenieur ist, herausgefunden hat. In Belval sei zudem viel mehr Platz zwischen den Gebäuden als im dicht bebauten Escher Zentrum. Und die Fläche des Grundstücks sei viel zu klein, um so monströs zu bauen, meint Helminger.

Ferner werde gleich gegenüber des geplanten Hochhauses gerade eine neue Wohnresidenz errichtet. Viele Wohnungen seien schon verkauft. Und zwar im Wissen, dass der Turm nicht gebaut wird. „Im neuen PAG soll Esch durch die Erschließung der Brachen geöffnet werden. Die ‚Lentille‘, der ‚Crassier‘ und Esch-Schifflingen werden erschlossen. Daher ist es nicht nachvollziehbar, wieso so ein Hochhaus nun ausgerechnet in einem alten Wohnviertel gebaut werden soll. Ich verstehe diesen Gedankengang nicht“, moniert auch Evelyne Friederich.

Keine Lösung für den zusätzlichen Verkehr

Eine weitere Unannehmlichkeit stelle die Lichtverschmutzung dar, die nachts von dem Gebäude ausgehen wird. Evelyne Friederich spricht gar von einem „Leuchtturm“.
„Wir sind hier nicht in Manhattan“, betont Nico Helminger. Die Gleichung, man müsse in die Höhe bauen, damit die Immobilienpreise sinken, stimme so nicht. „Es geht ja hier nicht um ein ‚HLM‘. Insbesondere die Bewohner der oberen Stockwerke mit der fabelhaften Aussicht werden kräftig in die Tasche greifen müssen“, analysiert der Schriftsteller. Auch das Argument durch den Bau des Hochhauses bliebe mehr Platz für Grünflächen, lässt er nicht gelten. Der Platzgewinn gegenüber dem alternativen Entwurf mit niedriger Randbebauung sei bei genauerer Betrachtung nur sehr gering.

Ein Problem, das sowohl das Hochhaus als auch der alternative Entwurf mit sich bringen, ist das erhöhte Verkehrsaufkommen. Eine Lösung wurde noch nicht präsentiert. 250 unterirdische Parkplätze sollen im Rahmen des Projekts entstehen. Das Verkehrsproblem war von Anfang an eine große Sorge der Anwohner. Schon auf den Bürgerversammlungen 2015 und 2017 war es immer wieder zur Sprache gekommen. Die Verkehrssituation sei jetzt schon katastrophal, sie wolle nicht wissen, wie es wird, wenn noch 250 Autos zusätzlich das Viertel durchqueren, sagt Simone Neumann-Geimer. Der Verkehr sei nur ein weiterer Faktor, der die Lebensqualität zerstöre.

Gemeinsam haben die vier Escher am vergangenen Montag eine Petition aufgestellt. Rund 100 Unterschriften haben sie bereits gesammelt. Viele Anwohner aus der rue Stalingrad, der rue Jean l’Aveugle, der rue Victor Hugo und der rue Henry Bessemer, aber auch andere Escher Bürger hätten unterschrieben. Die Unterschriftenliste wollen sie morgen den Verantwortlichen der Stadt Esch überreichen. Am kommenden Montag läuft die Frist zur Einreichung von Beschwerden im Rahmen der PAP-Prozedur ab. Auch wenn die Bittschrift in der Prozedur keine Rolle spielt, geht es den Petitionären darum, politischen Druck zu erzeugen. Sie sind sich einig, dass auf dem Gelände etwas passieren muss. Seit zehn Jahren liegt es nun schon brach. „Wir sind nur gegen den Turm. Die Beeinträchtigungen sind wesentlich höher als der Mehrwert“, fasst Nico Helminger ihr Anliegen zusammen.

tarzan
8. Februar 2019 - 13.36

sicher muss höher gebaut werden, aber zuerst mal schauen wo das möglich ist. diese ort sicherlich nicht. fahre ein paar mal die woche vorbei..... also nein, wer denkt sich sowas aus.. wer wohl, das grosse geld.

Bonsens
8. Februar 2019 - 10.56

Dat d' Gemeng esou eppes zouléist ass onferstaendlech. Ween ass dann dé Bauherr dén esou eppes erlabt kritt?

Alfred Alex Weber-Mondejar
8. Februar 2019 - 10.51

Vill Leit hu keng Wunnéng, awer hei gët sech da beschwéiert wann ee kënnt deen dann fiier mat sou wéineg Plaazverbrauch wi méiglech eppes opzeriichten. Ët ass Hautdesdags nëmme nach méiglech fiier d'Ëmwelt ze schounen nach an d'Luucht ze Bauen, awer vun den Amerikaner si mier nach wäit wech, well do geed ët iwwert déi 100 Stäck ewech, an nët 19 oder20 Stäck. Also woumat hun déi Leit ë Problem? Un der Vue kan ët jo nët Leien, well do ass näischt schéins rondrëm. Also, loost dach déi aner Leit och op eng Wunnéng hoffen an beschäftegt Ierch dach mool mat deene Saachen déi wierklech nët Néideg sin. Freddy

Cornichon
8. Februar 2019 - 9.23

Sagt der Hausbesitzer

KTG
8. Februar 2019 - 6.11

Unsere Wälder werden nicht mehr existieren, wenn diese Nimbys ihre Meinung durchsetzen. Dann wird nämlich nicht in die Höhe gebaut sondern in die Breite. Das wird es zwar wohl sowieso, aber hoffentlich etwas weniger.

roger wohlfart
8. Februar 2019 - 0.21

Und diese Bürgerinitiative leistet zu Recht Widerstand gegen diesen Irrsinn. Esch und überhaupt keine Stadt in Luxemburg darf zu einem Klein-Manhatten werden, nur weil unsere Bevölkerung auf eine Million hochgeschraubt werden soll. Man kann diesen Irrsinn doch nicht in die Nähe der Fortschritte in der Vergangenheit bringen. Das hiesse Äpfel mit Birnen vergleichen. Ist das unkontrollierte Anwachsen unserer Bevölkerung auf einem begrenzten Raum ( denn die Oberfläche unseres Landes bleibt unverändert klein ) etwa als Fortschritt zu bezeichnen? Oder soll man die Verunstaltung unserer Dörfer und Städte auf Kosten der individuellen Lebensqualität einfach so hinnehmen? Und unsere Wälder sind auch bei weitem nicht mehr das, was sie einmal waren. Ausserdem ist Fortschritt nicht gleich Fortschritt, auch für intolerante oder vermeintliche Fortgeschrittene.

Jérôme
7. Februar 2019 - 16.23

Wenn vor 185 Jahren schon auf die (selbsternannten) Bürgerinitiativen gehört worden wäre,würden wir heute noch auf den Bäumen hausen ! Es gäbe keine Eisenbahn (die Kühe geben keine Milch mehr und die Wälder verbrennen, hieß es damals) Autos gäbe es auch nicht und bestimmt kein Telefon und keinen Computer. Zum Glück blieben die Ewig-Gestrigen aber schon damals außen vor und wem der Fortschritt nicht passt, der kann noch immer in den Wald ziehen.

Nomi
7. Februar 2019 - 14.06

Emmer geint Alles awer keng brauchbar Propose fir manner Terrain'en ze verschwengsen an awer vill Wunnengen ze bau'en !