Esch / „WeltButtek Esch“: Seit 30 Jahren gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen

Seit 2007 gibt es den „WeltButtek“ in der Fußgängerzone in Esch; in 30 Jahren Bestehungsgeschichte ist der Laden mehrmals umgezogen
Sich für einen fairen Handel einsetzen, sodass Arbeiter in Entwicklungsländern unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können – das ist das Ziel des „WeltButtek“ in Esch. Seit 30 Jahren stehen Geschäftsführerin Françoise Theisen und mehr als 40 andere freiwillige Helfer in ihrer Freizeit dafür ein. Ein Besuch vor Ort.
„Ding Dong“ ertönt es, wenn Kunden durch die hölzerne Eingangstür des Gebäudes mit der Nummer 95 an der rue de l’Alzette in Esch gehen. Immer wieder bleiben Passanten vor den Schaufenstern links und rechts von der Eingangstür stehen und blicken auf die angebotene Ware: Ketten mit runden Anhängern, die auf hölzernen Büsten präsentiert werden, daneben ein liebevoll drapierter, roséfarbener Pullover. Es werden aber auch Wein und andere Lebensmittel angeboten. Der Blick ins Schaufenster lässt es erahnen: Im „WeltButtek Esch“ erwartet Kunden ein breitgefächertes Sortiment von Schmuck und Kleidung über Kaffee und Gewürze bis hin zu Kinderspielzeug sowie Geschenkartikeln. Vieles davon handgemacht, Unikate aus aller Welt.

Fast alle Produkte im Laden kommen aus fairem Handel. Sie wurden also unter fairen Bedingungen hergestellt. „Mit dem Verkauf unterstützen wir kleine Produzenten in Entwicklungsländern, beispielsweise Bangladesch, Senegal oder Peru. Wir kaufen ihre Ware und verkaufen diese hier weiter. Bis auf das, was wir für Miete und Steuern brauchen, fließt der Gewinn des Ladens integral in Projekte, mit denen die Arbeiter vor Ort unterstützt werden“, erklärt Françoise Theisen. Die 60-Jährige ist eine von zwei Geschäftsführerinnen des „WeltButtek Esch“ und ist seit 30 Jahren dabei. Auch werden Produkte bei Partnerorganisationen wie Oxfam oder Gepa eingekauft.
Umzüge und ein zweiter Laden
Die Anfänge des Escher „WeltButtek“ gehen auf den Verkauf der Ware an einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Escher Brillplatz zurück. Ab Herbst 1991 wurde dann in einem von den Schwestern der „Doctrine chrétienne“ kostenlos zur Verfügung gestelltem Zimmer in einem Haus in der Escher Grand-rue verkauft. Anfang 1992 erfolgte der Umzug in das erste „richtige“ Geschäftslokal an der place des Remparts in Esch. Da es dort allerdings kaum Laufkundschaft gab, blieb der Laden dort nur etwa zwei Jahre, bis zum Umzug ins Gebäude mit der Nummer 34, rue du Fossé.

Ende November 2007 wurde dann ein zweiter „WeltButtek“ in der rue de l’Alzette Nummer 95 eröffnet. Da zwei Läden zu viel für die freiwilligen, helfenden Hände waren und es dort auch keine Lieferzone gab, wurde das Geschäft in der rue du Fossé im Juli 2017 geschlossen. Es blieb der Escher „WeltButtek“ in der Fußgängerzone, den man auch heute noch kennt. Fotos, Zeitungsartikel und viele andere Erinnerungen aus den aufregenden Jahren bewahrt Françoise Theisen fein säuberlich in einem Ordner auf.
In engem Kontakt
Immer wieder zieht es die hauptberufliche Biologin in diesen Jahren nach Senegal, wo sie Kontakte zu lokalen Produzenten knüpft. Blieb sie vor 30 Jahren vor allem per Brief mit ihnen in Verbindung, geschieht der regelmäßige Austausch heute über E-Mail oder per Nachrichten sowie kostenlose Anrufe via WhatsApp. „Heute braucht es mindestens zehn Tage, bis ein Brief aus Luxemburg Senegal erreicht. Und dann musste man damals ja auch noch auf eine Antwort warten. Da kann man sich ja vorstellen, wie lange das gedauert hat“, erinnert sich Françoise Theisen.
Die Reisen vor Ort zeigen der freiwilligen Mitarbeiterin immer wieder, warum sie tut, was sie tut. „Bei einer meiner Reisen nach Senegal ist mir aufgefallen, dass viele Kinder wegliefen, sobald wir auftauchten. Ich fragte, warum. Da erzählte man mir, dass kürzlich mehrere Kinder gekidnappt worden waren. Sie wurden an die Elfenbeinküste verschleppt, um dort in Plantagen für Kakaobohnen zu arbeiten“, berichtet Françoise Theisen. Ein Grund mehr, warum im „WeltButtek Esch“ Schokolade aus fairem Handel angeboten wird. Für eine Tafel von 100 Gramm Vollmilch-Haselnuss-Schokolade zahlt man im Laden rund 2 Euro. „Wir halten uns da an die empfohlenen Verkaufspreise“, erklärt Françoise Theisen.
In der Freizeit aktiv
Mehr als 40 ehrenamtliche Helfer stehen in ihrer Freizeit gemeinsam mit Françoise Theisen hinter dem Verkaufstresen, kümmern sich um die Buchhaltung und um die Kunden. Meist sind sie zu dritt im Laden, immer für ein paar Stunden an verschiedenen Tagen. Viele sind bereits in Rente, von den Jüngeren stehen aber alle im Berufsleben. Die 62-jährige Marie-Paule Welter ist seit 2007 dabei und war damals auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit: „Ich wollte Zeit investieren und nicht nur spenden. Denn irgendwie ist das ein bisschen so, als erkaufe man sich ein ruhiges Gewissen. Uns geht es gut hier und ich will denen Leute etwas geben, bei denen es nicht so ist. Auch um meinen Kindern ein gutes Beispiel zu sein.“ Seither ist die 62-Jährige jeden Freitagnachmittag für fünf Stunden im Laden und kümmert sich vor allem um die Dekoration der Schaufenster.

Und das offensichtlich mit vollem Erfolg. Denn wer nur wenige Minuten vor dem „WeltButtek Esch“ verbringt, sieht immer wieder Passanten, die stehenbleiben und neugierige Blicke durch die Fensterscheibe werfen. So wie Edmée Boeres aus Rümelingen. Gelegentlich kauft sie im „WeltButtek” ein, wie sie erzählt: „Als Geschenk habe ich hier zum Beispiel schon ein Kinderspielzeug aus Holz gekauft. Mir gefällt das Fairtrade-Prinzip. Wenn alle Menschen einen anständigen Lohn erhalten würden, gäbe es schon viel weniger Misere.“ Für Edmée Boeres und ihren Mann bleibt es heute allerdings nur bei einem Schaufensterbummel.
Internationale Kundschaft
Überhaupt geht es an diesem Freitagnachmittag eher ruhiger im Escher „WeltButtek“ zu. Durchschnittlich 20 Kunden besuchen den Laden laut den Verantwortlichen jeden Tag. Viele kämen dann, wenn in Esch was los wäre, wie beispielsweise der Markt am Freitagmorgen. „Seit die Universität in Belval eröffnet hat, ist die Kundschaft internationaler geworden. Wir müssen jetzt auch öfter mal Englisch reden. Es kommen auch viele aus dem benachbarten Villerupt und auch Touristen aus Holland oder Deutschland“, erzählt Marie-Paule Welter. Und dann natürlich die treuen Kunden, die seit vielen Jahren immer wieder kommen. Besonders Kaffee, bunte Körbe, aber auch Geschenkartikel wie das sogenannte „Sonnenglas“ – ein dekoratives Solarlicht, das in Südafrika hergestellt wird – sind beliebt.

Josette Broers aus Monnerich und ihre Tochter Emily wollen am Freitagnachmittag ein T-Shirt für Emily kaufen. Die 54-jährige Mutter arbeitet in Esch und ist regelmäßig Kundin. „Ich mag, dass es hier alternative und ökologische Sachen gibt. Ich komme oft für Kleider, habe aber auch meine letzte Geldbörse hier gekauft. Und jetzt will ich den jungen Menschen mal zeigen, was es hier so gibt“, erklärt Josette Broers. Mit ihren Freundinnen kommt die 15-jährige Emily für den Klamottenkauf eher selten in den „WeltButtek Esch“: „In anderen Läden haben wir dann doch mehr Auswahl. Aber Schokolade habe ich hier schon mal gekauft. Das Geschäft kennt man auf jeden Fall.“
Mit der Zeit gehen
Kein Wunder, schließlich gehört es seit 30 Jahren zur Geschäftswelt in Esch dazu – eine Welt, die sich laut Geschäftsführerin Françoise Theisen sehr verändert hat: „Viele großen Läden sind aus Esch verschwunden. Dabei braucht eine Stadt schöne Geschäfte. Der Bäcker, der Blumenladen – wenn das alles geschlossen ist, fehlt etwas.“ Vor allem der zunehmende Onlinehandel spiele dabei laut Theisen eine Rolle.
Und doch ist auch ihr Geschäft auf der Internetseite „Lëtzshop“ für lokale Läden in Luxemburg vertreten. Unter anderem das trug dazu bei, dass der Laden es durch die Corona-Pandemie geschafft hat. Zwar gab es Einbußen, aber da die Kunden umso zahlreicher nach dem Lockdown zurückgekommen sind, fielen diese nicht so sehr ins Gewicht. Sodass Inhaberin Françoise Theisen mit entspanntem Lächeln im Gesicht über den „WeltButtek Esch“ sagen kann: „Dem Laden geht es gut. Wir halten weiter die Stange.“
Auf einen Blick
Der „WeltButtek Esch“ befindet sich im Gebäude mit der Nummer 95 in der Escher rue de l’Alzette. Geöffnet ist er montags bis samstags zwischen 9 und 18 Uhr. Über die Seite www.letzshop.lu können auch Online-Bestellungen aufgegeben werden. Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.weltbutteker.lu.
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