Mittwoch12. November 2025

Demaart De Maart

Domaine TageblattWein, Brauchtum und Königinnen: Die Feste an der Mosel im Wandel

Domaine Tageblatt / Wein, Brauchtum und Königinnen: Die Feste an der Mosel im Wandel
Raymond Gloden kennt sich mit Weinfesten aus. Seit 40 Jahren ist er im Vorstand der „Schwéidsbenger Wäifescht Asbl.“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die Weinfeste sind dieses Jahr etwas an uns vorbeigezogen. Zu sehr waren wir mit unserem eigenen Weinberg beschäftigt. Dabei lohnt sich ein Blick in die Geschichte der traditionellen Veranstaltungen an der Mosel. Ein Gespräch mit Raymond Gloden über Tradition, Wandel und Weinköniginnen.

Eigentlich hatte sich die Tageblatt-Redaktion vorgenommen, in diesem Jahr das eine oder andere Weinfest zu besuchen. Doch unser kleiner Weinberg hielt uns den Sommer über auf Trab. Mit den Riesling Open ging am vergangenen Wochenende die Saison der Weinfeste zu Ende. Zwar steht mit der „Hunnefeier“ in Schengen noch ein traditionsreiches Fest an, das den Abschluss der Traubenlese markiert. Es ist eng mit dem Weinbau verbunden – ein klassisches Weinfest ist es aber nicht.

Domaine-Tageblatt-Newsletter

Das Projekt ist ambitioniert und soll Einblicke in die Welt der Winzer verschaffen. Die Tageblatt-Redaktion versucht dieses Jahr, ihren eigenen Wein herzustellen; in einer wöchentlichen Serie berichten wir über Erfolg und Misserfolg und geben dabei tiefere Einblicke in die Welt des Weinbaus.
Bleiben Sie über unsere Erfolge und Misserfolge informiert: Hier geht’s zu unserem Newsletter.

Wenn jemand über Weinfeste Bescheid weiß, dann Raymond Gloden. Der Schwebsinger, Jahrgang 1952, ist seit rund 40 Jahren im Vorstand der „Schwéidsbenger Wäifescht Asbl.“ und kennt die Tradition wie kaum ein anderer. „Das Weinfest in Schwebsingen ist quasi so alt wie ich. Die erste Auflage fand 1953 statt“, erzählt der ehemalige Gemeinderat, der übrigens weder mit dem aktuellen Schengener Bürgermeister Michel Gloden, noch mit Innenminister Léon Gloden verwandt ist. Drei Jahrzehnte lang war er selbst Winzer. „Man musste immer mehr arbeiten und hatte immer weniger Ertrag.“ Also wechselte der ausgebildete Ornithologe in den Staatsdienst – und prägte dort maßgeblich die Entwicklung des „Haff Réimech“, wie man das Naturschutzgebiet heute kennt.

Aufschwung nach dem Krieg

Die meisten Weinfeste entstanden in der Nachkriegszeit. Das älteste ist das „Wäin- an Drauwefest“ in Grevenmacher, das in diesem Jahr sein 75. Jubiläum feierte. „Viele Feste von früher gibt es nicht mehr. Wir sind damals noch nach Mertert oder Ehnen gefahren“, erinnert sich Gloden.

Damals diente ein Weinfest vor allem als Werbung für den luxemburgischen Wein. Heute, so Gloden, müsse man Besucher mit zusätzlichen Attraktionen anlocken – allein mit Weinverkostung sei es nicht mehr getan.

Der Weinbrunnen ist das Markenzeichen des Schwebsinger Weinfestes. Früher flossen bis zu 600 Liter, heute sind es noch 200
Der Weinbrunnen ist das Markenzeichen des Schwebsinger Weinfestes. Früher flossen bis zu 600 Liter, heute sind es noch 200 Archivbild: Editpress/Didier Sylvestre

Dennoch erfreuen sich Veranstaltungen wie das „Wäifescht“ in Schwebsingen, der Picadilly in Stadtbredimus oder das Fest in Grevenmacher weiterhin großer Beliebtheit. Ein Alleinstellungsmerkmal in Schwebsingen: der Brunnen, aus dem während des Festes Wein fließt. „Das ist schon eine Besonderheit. Meines Wissens gibt es so etwas nur noch im Elsass und in Italien“, sagt Gloden. Seit 73 Jahren gehört diese Tradition dazu. Früher sprudelten bis zu 600 Liter Wein aus dem Brunnen, heute sind es immerhin noch rund 200 Liter. Viele andere Weinfeste seien dagegen aus Kostengründen verschwunden – oder hätten sich zu gewöhnlichen Grillfesten entwickelt.

Es kann ja auch nicht jedes Dorf nachher seine eigene Königin haben

Raymond Gloden

Für die Dörfer wie für die Winzer hatten die Weinfeste stets eine besondere Bedeutung. Heute gibt es weniger Winzer, die zudem kreativere Wege finden müssen, um ihren Wein zu vermarkten. Die Feste, die überlebt haben, erfüllen nach wie vor eine wichtige Rolle – nicht zuletzt durch die Krönung der Weinkönigin in Grevenmacher oder der Rieslingkönigin in Wormeldingen.

Ob es in Schwebsingen nie Überlegungen zu einer eigenen Königin gab? Gloden lächelt. „Das Thema hat schon für viele Diskussionen gesorgt.“ Da in Schwebsingen besonders viel Pinot blanc angebaut wird, habe man einst die Idee einer Pinot-Königin diskutiert. „Das wurde aber wieder verworfen, es kann ja auch nicht jedes Dorf nachher seine eigene Königin haben.“ Selbst in Grevenmacher und Wormeldingen sei es zunehmend schwierig, junge Frauen zu finden, die das zeitintensive Amt übernehmen. „Bis zu 50 offizielle Termine in einem Jahr“, sagt Gloden.

Eine Königin für die ganze Mosel?

Derzeit muss die Weinkönigin aus der Gemeinde Grevenmacher stammen, die Rieslingkönigin aus der Gemeinde Wormeldingen. In Schwebsingen brachte man daher die Idee einer gemeinsamen Weinkönigin für die gesamte luxemburgische Mosel ins Spiel.

„Dann hätte man vielleicht wieder mehr Frauen aus Winzerfamilien gefunden, die bereit gewesen wären, Werbung für den luxemburgischen Wein zu machen.“ Doch sowohl aus Grevenmacher als auch aus dem Weinbauministerium kam Widerstand – die Idee wurde fallen gelassen.

Vielleicht waren die Schwebsinger damals ihrer Zeit einfach voraus. Ob es eines Tages doch noch eine Weinkönigin für die ganze Mosel geben wird? „Das mag sein“, sagt Gloden und lacht. „Aber die Initiative geht sicher nicht mehr von uns aus.“

Tipps und Feedback

Wollen Sie uns bei unserem Projekt unterstützen, uns Tipps und Feedback geben, dann kontaktieren Sie uns über unsere Facebook-Seite oder per E-Mail an [email protected].

Grober J-P.
24. September 2025 - 17.42

Hallo TB. wo bleibt meine Flasche Fiederwäissen?