Sonntag2. November 2025

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„Immens kämpferisch“ bis „immens enttäuscht“Was Luxemburgs EU-Parlamentarier zur Rede von der Leyens sagen

„Immens kämpferisch“ bis „immens enttäuscht“ / Was Luxemburgs EU-Parlamentarier zur Rede von der Leyens sagen
Die „State of the European union“-Rede leitet im Herbst die Wiederaufnahme der politischen Aktivitäten im Europäischen Parlament ein Foto: AFP/Sébastien Bozon

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Die Rede der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Lage in der EU im Europäischen Parlament (EP) wurde von den luxemburgischen EU-Parlamentariern teils wohlwollend, teils mit Kritik und Bedenken aufgenommen.

Für die EVP-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima war die Rede ein „wichtiger Moment“. Sie zeigte sich zufrieden darüber, dass die Kommissionspräsidentin „sich so kämpferisch gezeigt hat“. Die Welt sei nicht mehr die, die sie einmal war. Deshalb sei es für sie ein „wichtiger Moment“ gewesen, als von der Leyen die Freiheit und Unabhängigkeit der EU ansprach, so die EVP-Abgeordnete. Vor allem im Zusammenhang mit der Bedrohung, die von Russland ausgehe. Wenn jemand daran gezweifelt habe, so sei nun mit den russischen Drohnen in Polen der Beweis für diese Bedrohung geliefert worden, meinte Isabel Wiseler-Lima. Sie sprach sich angesichts dessen für mehr Zusammenhalt in der EU aus, wobei sie vor allem die Mehrheit in der politischen Mitte im EU-Parlament im Blick hatte, die seit Monaten zunehmend von Spannungen geprägt ist.

„Wo ist Europa?“, hätten ihn in den vergangenen Wochen viele Bürger gefragt, so Marc Angel. Der S&D-Abgeordnete führte dies auf den Mangel an Stärke und Leadership der EU-Kommissionspräsidentin zurück. Immerhin aber habe Ursula von der Leyen erkannt, dass bei ihren proeuropäischen Partnern im EU-Parlament „die Nerven blank liegen“ und sei diesen wieder entgegengekommen. Er hoffe, dass der EVP-Vorsitzende Manfred Weber und seine Fraktion von der Leyens Botschaft verstanden hätten und nicht doch wieder mit den Rechtsextremen im EP gemeinsame Sachen machten. Marc Angel begrüßte die Maßnahmen, die die Kommissionspräsidentin im Zusammenhang des Krieges im Gazastreifen gegen Israel vorgeschlagen hat. Eine „teilweise Suspendierung“ des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel, „reicht uns nicht“. Zudem bedauerte der S&D-Abgeordnete, dass nur gegen weniger extremistische Minister in der israelischen Regierung Sanktionen vorgeschlagen werden, auch wenn dies ein „guter erster Schritt“ sei.

„Rhetorisch stark“, „wenig Konkretes“

„Ursula von der Leyen stand vor einer ganz schwierigen Aufgabe“, sagte Charles Goerens. Allerdings sei sie entschlossener bei ihrer Rede aufgetreten als bei ihrem Treffen mit dem US-Präsidenten Donald Trump, so der liberale Renew-Politiker, der damit das Handelsabkommen mit den USA kritisierte. Für ihn sei die Rede auch ein Appell an den EU-Rat gewesen, etwa um die Einstimmigkeit in der Außenpolitik aufzugeben. Seiner Ansicht nach müssten nun die EU-Mitgliedstaaten darauf reagieren. Wie Isabel Wiseler-Lima wies der Renew-Abgeordnete darauf hin, dass Kompromisse im EP „in der Mitte gefunden werden“ müssten, weshalb er nicht verstehe, warum der EVP-Fraktionsvorsitzende die S&D-Fraktion derart scharf in seiner Rede angegriffen habe.

Tilly Metz wertete die Rede von der Leyens als „rhetorisch stark“, die jedoch „wenig Konkretes“ enthalten habe. Die EU-Kommissionschefin habe „erst jetzt klare Aussagen“ zum Krieg im Gazastreifen gemacht, ohne jedoch auf den „Genozid“ hinzuweisen, bedauerte die Grünen-Abgeordnete, der die angekündigten Maßnahmen gegen Israel nicht weit genug gehen. Viele Botschaften von der Leyens seien „paradox“ gewesen, etwa was den Klimawandel anbelange. Es sei eher „eine Rede, um gewählt zu werden“, als eine Bilanz gewesen, so die Grünen-Politikerin, die sich „immens enttäuscht“ von der Kommissionspräsidentin zeigte.

E-Autos fördern „wichtiger Punkt“

„Die Stimmung im Saal war ganz interessant“, fand Fernand Kartheiser. Selbst bei der EVP sei „kein Vertrauen zu spüren“ gewesen, da die Kommission „extrem umstritten“ sei, meinte der Fraktionslose. Er bedauerte, dass von der Leyen nicht über Diplomatie im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gesprochen habe. Es sei „ein Fehler“, dass die Kommissionspräsidentin weiterhin am „Green Deal“ festhalte, was nach Einschätzung Kartheisers zur „Deindustrialisierung Europas“ führen werde. Der Fraktionslose kritisiert weiter das Handelsabkommen mit den USA, wodurch künftig „extrem teures LNG“ importiert werde. Zudem bedauerte er, dass die Kommission ihre „Zensurpolitik“ nicht aufgeben wolle, wobei sich Kartheiser auf zwei EU-Gesetze bezog, die unter anderem zum Ziel haben, Desinformation, Hassbotschaften und Kinderpornografie schneller aus digitalen sozialen Netzwerken zu entfernen und den digitalen Markt fairer zu gestalten.

Eine „immens kämpferische Rede“ will Martine Kemp gehört haben. Sie begrüßte den Vorschlag der EU-Kommissionspräsidentin, den virtuellen Raum für Kinder und Jugendliche abzusichern und sich Ursula von der Leyen bei der Regulierung sozialer Medien am Vorgehen Australiens inspirieren wolle. Die EVP-Abgeordnete zeigte sich „besonders froh“ darüber, dass die Kommission den sozialen Pfeiler stärken wolle und dabei insbesondere die Krise im Wohnungsbereich angesprochen habe. Ein „wichtiger Punkt“ war für Martine Kemp zudem, dass die Kommission kleine E-Autos fördern wolle.