„Was für eine Pussi“: Auf dem Balkan verfolgt man #IbizaGate gebannt bis belustigt

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Nicht nur die engen Balkanbande der Haupt- akteure von „IbizaGate“ lassen die Öffentlichkeit der ex-jugoslawischen Staaten gebannt die österreichischen Turbulenzen verfolgen. Haarsträubende Skandale auf dem Politparkett sind dem Balkan zwar vertraut. Doch die Reaktionen der ertappten Skandalnudel sind in der Regel völlig andere.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad

(Zum Foto: Der russophile Bosnier Dodik ist bei der FPÖ äußerst beliebt (AFP))

Zumindest der mächtigste Mann im bosnischen Teilstaat der Republika Srpska lässt den tief gefallenen Gesinnungsfreund im fernen Österreich auch in der Not nicht im Stich. Er sei dem abgetretenen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dankbar für die der Republika Srpska stets gewährte „Unterstützung“, verkündet Bosniens Serbenführer Milorad Dodik.
Der über die Videoaffäre ins Abseits gestrauchelte Strache sei zum Opfer eines „offensichtlichen Hinterhalts“ geworden, aber habe „keinerlei Schaden angerichtet“: „Wir haben eine gute Zusammenarbeit – und werden diese fortsetzen.“

Über die „Balkanisierung Europas“ klagt der erfahrene Strippenzieher empört – und weiß, wovon er spricht. Tatsächlich sind es auch die engen Balkanbande der Hauptakteure von „Ibiza-Gate“, die die Öffentlichkeit in den ex-jugoslawischen Staaten gebannt bis belustigt die Wiener Turbulenzen verfolgen lassen. Schon 2008 hatte sich Strache in Serbiens Wahlkampf für die ultranationalistische SRS engagiert.

Merkel ist mal wieder an allem schuld

Nach deren Spaltung unterhielt der FPÖ-Chef zunächst weiter sehr enge Kontakte zur rechtspopulistischen SNS, die sich erst 2013 nach deren Beitritt als assoziiertes Mitglied zur christdemokratischen EVP etwas lockern sollten.

In Bosniens Vielvölker-Labyrinth unterstützte der serbophile Strache die Sezessionsgelüste der Republika Srpska – und machte sich für das „Recht“ des Teilstaats auf einen Anschluss an Serbien stark. Er sei bei den Serben „so populär wie Putin“, versicherte Strache auf dem Ibiza-Video.

Auch privat fühlt sich die nun gestrauchelte FPÖ-Führung dem russophilen Dodik eng verbunden. Mit dem wuchtigen SNSD-Chef als Ehrengast feierte Johan Gundenus 2017 seine Hochzeit mit seiner serbischstämmigen Frau Tajana im bosnischen Banja Luka: Ihre Ibiza-Gate-Videorolle als die aufmerksame Schweigerin hat in der Region eine Flut von Veröffentlichungen über die seit 2007 in Wien lebende Gundenus-Gattin ausgelöst.

Doch nicht nur die eindringliche Warnung des selbsterklärten Serbenfreunds Strache an die vermeintliche Oligarchennichte vor Investitionen in seinem Lieblingsland Serbien („Dort hat man einem Freund von mir die Firmen unter dem Arsch weggezogen“) hat in der Region Verwunderung ausgelöst. Haarsträubende Skandale auf dem Politparkett sind auf dem Balkan zwar ein vertrautes Phänomen. Doch die Konsequenzen sind meist völlig andere.
Wenn Strache ein Serbe wäre, wäre er „nicht vernichtet, sondern befördert worden“, ätzt die Belgrader Zeitung Danas.

„Was für eine Pussi“

Zwar schmort im benachbarten Kroatien mit dem früheren HDZ- und Regierungschef Ivo Sanader immerhin ein mittlerweile wegen Amtsmissbrauch rechtskräftig verurteilter Ex-Würdenträger hinter Gittern. Doch von Aussitzen und Unschuldsdementis bis hin zu dreisten Lügen und empörten Gegenattacken reicht in der Region die Palette der Reaktionen, mit denen ertappte Skandalnudeln ihre Amtssessel oft erstaunlich erfolgreich zu verteidigen pflegen.

„Was für eine Pussi“, spöttelt ein satirischer Text in der slowenischen Zeitung Vecer über den „Schwächling“ Strache – in Anspielung auf die Parteifinanzierungs-Skandale des heimischen Oppositionschefs Janez Jansa: „Anstatt sich für unschuldig und zum Opfer einer kommunistischen Verschwörung zu erklären, ist der Mann zurückgetreten: Das Weichei hat sich sogar entschuldigt.“

Während selbst österreichische Medien noch über den Regisseur der Ibiza-Videos rätseln, hat Serbiens Boulevardpresse die wahre Übeltäterin bereits ausgemacht. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel habe das Timing von der Veröffentlichung des Videos bestimmt, um kurz vor den Europawahlen „dem nationalistischen Block in der EU einen schweren Schlag zu versetzen“, verkündete die Webseite des regierungsnahen Informer zu Wochenbeginn: „Skandal in Österreich! Merkel hat Strache beerdigt!“

de Schmatt
22. Mai 2019 - 16.15

Unbeschreibliche, unvorstellbare Niveaulosigkeit , 0 Moral, tiefer geht's nimmer!