LIH-ImmunologeWarum es in Luxemburg immer mehr Corona-Reinfektionen gibt und was das zu bedeuten hat

LIH-Immunologe / Warum es in Luxemburg immer mehr Corona-Reinfektionen gibt und was das zu bedeuten hat
In Luxemburg hat es bereits mehr als 15.000 Coronavirus-Reinfektionen gegeben Symbofoto: Sebastian Gollnow/dpa

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das Luxemburger Gesundheitsministerium registriert seit vergangenem Dezember immer häufiger Menschen, die sich mehrfach mit dem Coronavirus infizieren. Über 15.000 haben sich das Virus bereits mehr als einmal eingefangen. Ein Immunologe erklärt, warum das etwas mit der Omikron-Variante zu tun hat und was das für den weiteren Verlauf der Pandemie bedeuten könnte.

Keiner will sich infizieren, vielen passiert es trotzdem – manchen sogar mehrfach. Die Rede ist von Coronavirus-Infektionen. Zwischen dem Beginn der Pandemie und dem vergangenen Dienstag hat es in Luxemburg laut der „Santé“ 15.357 sogenannte Reinfektionen gegeben. Dabei beschränkt sich das Virus auch nicht unbedingt darauf, den gleichen Menschen „nur“ ein zweites Mal heimzusuchen. Das Gesundheitsministerium hat auf Tageblatt-Anfrage von zwei Beispielen berichtet, in denen sich die Betroffenen ganze vier Mal infizierten.

Zum einen erwischte es dabei einen über-90-jährigen Pflegeheimbewohner. Seinen ersten positiven Corona-Test hatte er Anfang August 2020, der zweite folgte noch Anfang November des gleichen Jahres. Mitte Februar 2021 erhielt der Bewohner seinen dritten und Ende Januar 2022 schließlich seinen vierten Corona-Nachweis. Das zweite Beispiel betrifft laut „Santé“ einen deutlich jüngeren Mann zwischen 20 und 24 Jahren. Seine positiven Tests erhielt er jeweils Mitte Juli und Mitte Dezember 2020, Ende März 2021 und Ende Januar 2022. Zudem wisse man in Luxemburg von insgesamt 114 Personen, die drei Infektionsepisoden hinter sich haben.

Zwischen zwei positiven Tests müssen 90 Tage liegen

Damit eine Infektion vom Gesundheitsministerium als Reinfektion erfasst wird, müssen zwischen den zwei aufeinanderfolgenden positiven Tests mindestens 90 Tage liegen, erklärt eine Sprecherin gegenüber dem Tageblatt. Damit soll verhindert werden, dass eine Infektion nicht fälschlicherweise als Reinfektion erfasst wird, nur weil zwischendurch mal ein einzelner Test negativ war, die Infektion allerdings noch im Körper vorhanden ist.

So in etwa erklärt das auch Prof. Dirk Brenner vom „Luxembourg Institute of Health“ (LIH): „Normalerweise sollte in einem Zeitraum von 90 Tagen eine Infektion überstanden und das Virus aus dem Körper eliminiert sein“, sagt Brenner. Nur in Patienten, deren Immunsystem aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend funktioniert, könne sich das Virus über eine lange Zeit halten. Das treffe besonders auf Menschen mit geschwächtem Immunsystem zu. „Tritt also nach 90 Tagen eine erneute nachgewiesene Infektion auf, dann ist tatsächlich von einer Reinfektion auszugehen“, erklärt der LIH-Professor für Immunologie.

Seit Ende 2021 mehr Reinfektionen mit Omikron

Mehrfache Infektionen kommen in Luxemburg außerdem erst seit kurzem vermehrt auf – das zeigen beispielsweise Zahlen der „Santé“. Mehr als 80 Prozent der bis zum 3. Februar erfassten 9.052 Reinfektionen traten laut dem Ministerium ab der Woche des 20. Dezember 2021 auf. „Sie sind also hauptsächlich auf die Zirkulation der Variante Omikron zurückzuführen, von der bekannt ist, dass sie sehr ansteckend ist“, lautet die „Santé“-Schlussfolgerung. Seit dem 20. Dezember wurden in Luxemburg insgesamt 124.297 Corona-Neuinfektionen registriert. Reinfektionen werden in den täglich veröffentlichten Corona-Zahlen des Ministeriums berücksichtigt und grundsätzlich als „normale“ Infektionen betrachtet.

Dirk Brenner ist Professor für Immunologie am „Luxembourg Institute of Health“ (LIH) und an der Universität Luxemburg
Dirk Brenner ist Professor für Immunologie am „Luxembourg Institute of Health“ (LIH) und an der Universität Luxemburg Archivfoto: LIH

Wenn sich jemand mehrfach mit einer oder unterschiedlichen Corona-Varianten ansteckt, bedeutet das laut Brenner jedoch nicht zwangsläufig, dass derjenige ein geschwächtes Immunsystem oder Vorerkrankungen hat. „Nach einer Infektion sind wir zunächst immun. Diese Immunität nimmt allerdings langsam ab und ab einem gewissen Schwellenwert sind wir dann wieder reinfizierbar“, erklärt der Professor. „Menschen, die sich mehrfach infizieren, leiden also nicht zwangsläufig an einer Störung des Immunsystems, sondern es handelt sich in der Regel um einen ganz natürlichen Prozess.“

Die Dauer des Schutzes nach einer Infektion hänge von verschiedenen Faktoren ab, so Brenner. Einer davon sei die Schwere der Erkrankung. Asymptomatische und milde Infektionsverläufe stimulieren laut dem Immunologen das Immunsystem beispielsweise nicht so sehr wie Verläufe mit stärkeren Symptomen. Nach milderen Verläufen sei eine Reinfektion also wahrscheinlicher, weil dann nicht so viele Antikörper gebildet würden wie bei einem schwereren Verlauf.

Omikron umgeht oft Immunität von Delta-Genesenen

Das sei auch der Grund dafür, dass es mittlerweile wegen der Omikron-Mutation mehr Reinfektionen gebe – die Variante verursacht häufiger mildere Symptome als viele ihrer Vorgänger. Brenner beruft sich dabei auf die britische „Siren“-Studie: „Bereits 90 Tage nach einer Infektion mit der Omikron-Variante lag der Schutz von Genesenen gegenüber einer erneuten Infektion mit Omikron nur noch bei 44 Prozent“, erklärt er dazu. „Im direkten Vergleich war hier die Schutzeffizienz der Impfung deutlich höher und lag bei doppelt Geimpften bei 60 Prozent und bei dreifach Geimpften bei 71 Prozent“, sagt Brenner. Auch die durch eine überstandene Delta-Infektion aufgebauten Antikörper könne Omikron effizient umgehen. Eine weitere kürzlich veröffentliche Studie zeige, dass Delta-Genesene „nur“ zu 60 Prozent vor einer Reinfektion mit Omikron geschützt seien – der Schutz vor einer Delta-Reinfektion liege bei ihnen jedoch bei 90 Prozent.

Der LIH-Immunologe hält die Impfung allerdings für den besten Schutz vor einem schweren oder tödlichen Verlauf. „Ich möchte hier noch einmal betonen, dass Immunität nicht heißt, dass man keine Infektion mehr bekommt, aber in der Regel reagiert das Immunsystem so schnell, dass keine oder nur mildere Symptome auftreten. Daher ist es wichtig, eine gute und konsistente Grundimmunität aufzubauen – am besten durch eine Impfung“, sagt Brenner. Diese werde dann durch wiederkehrende Reinfektionen zu einer „sehr komplexen und starken Immunität“ ausgebaut. „Das ist ein ganz normaler Prozess, der letztendlich zum Ende dieser Pandemie führen wird“, prognostiziert er. Allerdings sagt er auch: „SARS-CoV-2 wird nicht einfach verschwinden, sondern wir werden fortan mit diesem Virus leben.“

rczmavicrom
12. April 2022 - 9.31

Nach Corona ist vor Corona, dann kommt Long Post Covid.Ein Teufelskreis!

Grober J-P.
11. April 2022 - 9.36

Nicht nur Reinfektionen sondern auch "neue" Cluster in Altersheimen, ist schon bitter, kaum waren die Lockerungen beschlossen, keine Covidchecks, keine Schnelltests, und schon wieder Quarantäne. Man hätte dem Meckern einiger Besucher nachgeben müssen, als 2 Tage nach den Lockerungen noch Schnelltests vor den Besuchen gefordert wurden! Sehr rücksichtsvoll.

HTK
9. April 2022 - 8.55

" „Ich möchte hier noch einmal betonen, dass Immunität nicht heißt, dass man keine Infektion mehr bekommt, aber in der Regel reagiert das Immunsystem so schnell, dass keine oder nur mildere Symptome auftreten. Daher ist es wichtig, eine gute und konsistente Grundimmunität aufzubauen – am besten durch eine Impfung“ Das müssten jetzt die meisten selber Denkenden verstanden haben. Was Ochs & Co denken ist gefährlich nebensächlich.