7. Dezember 2025 - 11.26 Uhr
Die Schatten im UnterholzWarum das Mufflon im Escher Déierepark willkommen ist – und in freier Wildbahn zum Problem werden kann
Sie sind scheu, wachsam und kaum zu fassen – die Mufflons im Escher „Déierepark“. Mufflons zählen zu den wenigen Tieren im Park, mit denen kein direkter Kontakt möglich ist. Kein Training, keine Annäherung. „Das sind Tiere, die ganz klar zum Bereich der Wildtiere zählen. Man kommt ihnen nicht nah – und das ist auch gut so“, sagt Parkleiterin Anne Meyers. Wer ihnen doch einmal begegnet, sieht sie meist nur im Vorüberhuschen.
Die Mufflons im Park leben bereits seit vielen Jahren dort. Die letzten Neuzugänge kamen vor 2011 – seither wurden keine weiteren Tiere aufgenommen. Um unkontrollierte Fortpflanzung und Inzucht zu vermeiden, wurden die Böcke frühzeitig kastriert. „Trotzdem wollten wir sie behalten, allein schon wegen ihrer beeindruckenden Erscheinung“, erklärt Meyers. Eine medizinische Versorgung ist nur unter Narkose möglich – schon das macht deutlich, wie wenig domestiziert die Tiere sind.
Und beeindruckend sind sie allemal: Die männlichen Tiere tragen die charakteristischen schneckenförmigen Hörner und können bis zu 55 Kilogramm schwer werden. Sie stammen ursprünglich aus dem Hochgebirge – genauer: aus Westasien und den Mittelmeerinseln Sardinien und Korsika.
Ruhe im Gehege, Unruhe im Land
Als verwilderte Unterart des Hausschafs leben sie heute in ganz Europa, bevorzugt in trockenen, felsigen Gebieten. Doch sie sind nicht überall willkommen. Während die Mufflons im Park kaum auffallen, sorgen ihre Artgenossen in Luxemburgs Wäldern für Konflikte. Die Tiere wurden zur Jagd eingeführt. In Echternach, dem Ösling und dem Ourtal leben sie heute in freier Wildbahn – doch dort gelten sie als invasive Art. Der Verdacht: Die Tiere wurden illegal ausgesetzt, um neue Trophäen zu schaffen. Eine Idee mit Folgen.

Sie sind keine Flachlandtiere. Ihr natürlicher Lebensraum liegt oberhalb der Baumgrenze, auf felsigem Terrain, wo sie bei Gefahr in unzugängliche Höhen flüchten. In Luxemburg fehlen diese Rückzugsorte. Auf feuchtem Waldboden können sich ihre Hufe nicht abnutzen, was zu Gelenkproblemen führt. Ihre Fluchtinstinkte greifen ins Leere, sie werden leichte Beute für Fressfeinde wie den Wolf, der – käme er zurück – eine natürliche Regulierung darstellen könnte.
Der Mufflon ist ein Gras- und Rindenfresser. Seine Anwesenheit führt in sensiblen Forstgebieten zu erheblichen Waldschäden. Junge Bäume können nicht mehr nachwachsen, Stämme werden angefressen, der natürliche Zyklus gerät ins Wanken. 2018 bezifferte die Natur- und Forstverwaltung den Schaden im Gemeindewald von Echternach auf fast 32.000 Euro. Eine administrative Jagd wurde angeordnet – die erste ihrer Art in Luxemburg.
Was tun bei einer Begegnung?
Im Escher Tierpark leben sie heute in Gesellschaft von Damwild, mit dem sie sich gut verstehen. „Sie sind nicht aggressiv, eher ruhig, leben zurückgezogen in ihrer eigenen kleinen Herde“, erzählt Anne Meyers. Selbst wenn andere Tiere dazukommen, ziehen sie sich meist still zurück. Und auch gegenüber Menschen zeigen sie keine Verteidigungsreaktion – sie fliehen lieber. „Man muss wirklich keine Angst haben, wenn man ihnen im Wald begegnet. Sie suchen nicht die Nähe, sondern vermeiden sie.“
Wichtig zu wissen – auch für Waldbesucher: Mufflons sind prinzipiell nicht gefährlich. Sollte man einem Tier begegnen, gilt wie bei allen Wildtieren: Abstand halten, nicht folgen, nicht füttern. Auch Jungtiere sollten auf keinen Fall berührt oder mitgenommen werden. Mufflons sind ein gutes Beispiel dafür, wie kompliziert das Verhältnis zwischen Mensch, Tier und Natur oft ist. Sie sind eingeführt worden – und werden nun vielerorts wieder bejagt, weil sie Schäden anrichten. Ein Gleichgewicht zu finden, das Wildtierschutz, Biodiversität und gesunden Menschenverstand vereint, bleibt eine Herausforderung. Doch im Escher „Déierepark“, da dürfen sie bleiben.
De Maart
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