Wahl-Schweizerin Caroline Steil: „Esch-Belval fasziniert mich“

Wahl-Schweizerin Caroline Steil: „Esch-Belval fasziniert mich“

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Vor fast zehn Jahren hat die gebürtige Escherin Caroline Steil, die Tochter von Johny Hoffmann, dem ehemaligen Präsidenten des Geschäftsverbandes der Minettemetropole, beschlossen, in die Schweiz zu emigrieren. Gemeinsam mit ihrem Ehemann. Einmal im Monat kommt die 39-Jährige in der Regel zurück nach Luxemburg, um Freunde oder Bekannte zu besuchen. Wir unterhielten uns mit der Wahl-Schweizerin.

Tageblatt: Seit wann leben Sie in der Schweiz?
Caroline Steil: Im März 2009 sind mein Mann und ich zusammen in die Schweiz, zu dem Zeitpunkt in den Kanton Zug, ausgewandert. Unsere Freunde und Bekannten in Luxemburg waren echt geschockt und konnten diesen Schritt nicht ganz nachvollziehen. Seit 2015 wohnen wir jetzt aber im Kanton Bern.

Was verschlug Sie dorthin?
Luxemburg ist uns irgendwann „zu klein“ geworden, um es mal so zu formulieren. In puncto Arbeit sahen mein Mann und ich keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr und da wir beide immer für die Schweiz geschwärmt hatten, haben wir uns spontan dort beworben.

Wie verlief die Arbeitsplatzsuche?
Durch unsere Mehrsprachigkeit war es recht einfach, in der Schweiz eine Arbeitsstelle zu finden. Obwohl man es als Nicht-Schweizer nicht immer ganz so einfach hat. Die große Herausforderung war, das „Schwizerdütsch“ zu verstehen.

Wie wurden Sie dort aufgenommen?
Das ist eine gute Frage. Am Anfang war es recht schwierig, neue Kontakte zu knüpfen und einen anderen Freundeskreis aufzubauen. Mittlerweile ist die Akzeptanz aber gewachsen und ich werde nicht mehr als „Ausländerin“ gesehen.

Was machen Sie beruflich?
Ich bin ausgebildete Art Director und fand 2009 in Zürich einen Job als Grafikerin bei einem Unternehmen, dessen Grafikabteilung ich seit 2014 leite. Anfang 2018 bekam ich dann noch ein zweites Team hinzu. Dieses ist dafür zuständig, die Kunden mit Facebook und Google My Business zu beraten. Mittlerweile ist meine Abteilung nach Bern verlegt worden. Die Firma umfasst 800 Mitarbeiter und ist eine Tochtergesellschaft der Swisscom. In der Schweiz habe ich definitiv mehr Zukunftsperspektiven und kann mich beruflich besser entfalten.

Und wenn Schobermesse ist, kommen Sie immer zurück nach Luxemburg, oder?
(lacht) In der Regel komme ich einmal im Monat nach Luxemburg. Wenn es sich einrichten lässt, besuchen wir auch die Schobermesse, um den traditionellen Fisch zu essen. Das kennen die Schweizer so nicht. Die „Chilbi“, so nennen die Schweizer die Kirmes, dauert genau drei Tage und dann ist sie auch schon wieder vorbei. Dieses Jahr werden wir es aber leider nicht schaffen, zur „Fouer“ zu kommen.

Sie sind in Esch geboren und aufgewachsen. Wie hat sich die Minettemetropole in Ihren Augen entwickelt?
Ja, das ist richtig, ich bin in Esch geboren und aufgewachsen. Wenn ich zu Besuch bin, verbringe ich selten Zeit in der Stadt, besuche eher Familie und Freunde.

Was fällt Ihnen auf, wenn Sie durch die „Uelzechtstrooss“ flanieren?
Ich muss zugeben, dass ich das eher selten tue. Esch zieht mich nicht mehr so richtig an. Und in der „Uelzechtstrooss“ gibt es leider nur noch sehr wenig attraktive Geschäfte. Dem Vernehmen nach haben die politisch Verantwortlichen aber die Zeichen der Zeit erkannt und vor, einiges in die Wege zu leiten, um die Stadt wieder attraktiver zu machen. Auch hinsichtlich der Europäischen Kulturhauptstadt 2022.

Was fasziniert Sie nach wie vor an Esch?
Esch-Belval fasziniert mich am meisten. Dieses Zusammenspiel zwischen den modernen Gebäuden und den alten Hochöfen ist eine Bereicherung für die Stadt und in der Form auch für unser Land. Es gibt ja stets Diskussionen darüber, aber die kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Zudem hat sich das Erscheinungsbild des Escher Bahnhofs auch sehr zum Positiven geändert.

Wie hat sich Luxemburg-Stadt in Ihren Augen in den letzten Jahren allgemein entwickelt?
Luxemburg hat sich in meinen Augen schon in diversen Bereichen verändert. Dass die Hauptstadt jetzt wieder über eine Tram verfügt, finde ich super. Das ist ein großer Fortschritt in puncto Mobilität. Überhaupt gibt es ja sehr viele Baustellen in und um Luxemburg-Stadt, was ja ein Zeichen dafür ist, dass dort vieles in Bewegung ist.
Doch leider sehe ich auch einige negative Aspekte. Immer mehr Schwierigkeiten habe ich mit der Mentalität. Mir fehlt es oft an der nötigen Freundlichkeit und auch Hilfsbereitschaft der Menschen. Auch die Sauberkeit lässt zu wünschen übrig, aber vielleicht bin ich da auch zu pingelig geworden. Hinzu kommt, dass ich in Luxemburg nie allein um Mitternacht den Zug nehmen würde, was in der Schweiz egal in welcher Stadt gar kein Problem ist.

Am 14. Oktober sind Parlamentswahlen – interessieren Sie sich für die Luxemburger Politik?
Ehrlich gesagt interessiert es mich nicht mehr wirklich. Ich versuche jedoch, im Bilde zu bleiben, was sich auf politischer Ebene tut. Ich nehme zwar immer per Briefwahl teil, aber die zehn Jahre in der Schweiz haben doch eine gewisse Distanz geschaffen.