Vorzeigeprojekt ohne DurchschlagskraftWaffenembargo für Libyen: Wie die Türkei der EU-Marinemission Irini die Grenzen aufzeigt

Vorzeigeprojekt ohne Durchschlagskraft / Waffenembargo für Libyen: Wie die Türkei der EU-Marinemission Irini die Grenzen aufzeigt
Ein Screenshot zeigt deutsche Soldaten bei der Kontrolle eines türkischen Frachters – Ankara unterband den Einsatz Foto: AFP/dha

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Die EU will im Mittelmeer das libysche Waffenembargo durchsetzen. Irini heißt die Mission, die im Frühling begann und den militärischen Interessen der Türkei im Bürgerkriegsland entgegenläuft. Am Sonntag wurde eine deutsche Fregatte von Ankara an der Kontrolle eines Frachters gehindert. Es ist nicht der erste gravierende Zwischenfall dieser Art.

„Irini“ sollte das neue Vorzeigeprojekt der europäischen Verteidigungspolitik werden. Aus der Luft und auf dem Wasser wollten die EU-Staaten das UN-Waffenembargo gegen Libyen durchsetzen. Mal wieder, muss man sagen.

Die Vorgängermission „Sophia“, die 2016 anlief, war letztendlich an der Flüchtlingskrise und am Protest Italiens gescheitert. Da sich die EU-Staaten nicht auf eine Verteilung der Migranten einigen konnten, verweigerte Rom die Einfahrt. Am Ende verfügte diese Marineoperation im Mittelmeer nicht einmal mehr über Schiffe. Sophia sollte die Küste Libyens überwachen und verdächtige Schiffe kontrollieren, hat aber letzten Endes kein einziges nicht-libysches Schiff mit Waffen an Bord angehalten.

Auch Irini soll das zwar seit 2011 geltende, aber vollkommen unwirksam gebliebene Waffenembargo durchsetzen helfen, meidet aber die Nähe zur libyschen Küste. Der Start erfolgte im Mai, als neben einer französischen Fregatte auch ein von Luxemburg bereitgestellter Seefernaufklärer die Mission einleitete.

Doch der Türkei war Irini von Beginn an ein Dorn im Auge. Ankara sah sich ungerecht behandelt. Der Ärger war vorprogrammiert und ließ nicht lange auf sich warten.

In den Monaten vor dem Irini-Start hatte die Türkei verstärkt militärisch in Libyen eingegriffen und den Konflikt zugunsten des Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch und seiner international anerkannten Regierung in Tripolis kippen lassen. Mit eigenen Militärberatern und Soldaten, aber auch aufgrund der Einschleusung Tausender dschihadistischer Kämpfer aus Syrien und der Bereitstellung türkischer Bayraktar-Drohnen. Die andere Kriegspartei in Libyen, die Truppen des Generals Haftar, wird vor allem von Ägypten, den Emiraten und auch Russland unterstützt – mit Material, Söldnern, Ausbildern.

Beim Start von Irini bestand demnach kein Zweifel daran, welche Staaten das Waffenembargo umgehen und modernes Kriegsgerät sowie Kämpfer nach Libyen bringen. Auch die Routen waren bekannt. Und somit auch, dass eine Kontrolle im Mittelmeer insbesondere einem Staat zusetzt: der Türkei. Haftar, der den Osten des Landes kontrolliert, wird eher auf dem Landweg unterstützt. Hinzu kommt, dass die Türkei inzwischen andere Machtinteressen in Libyen hat als zu Sophia-Zeiten.

Ankara entscheidet über Kontrollen der EU 

Der erste Zusammenstoß ließ nicht lange auf sich warten. Am 10. Juni kam es zur ersten Beinahe-Eskalation im Mittelmeer, als laut Darstellung aus Paris ein französisches Marineschiff einen Frachter kontrollieren wollte, der im Verdacht stand, Waffen nach Libyen zu schmuggeln. Daraufhin soll ein türkisches Kriegsschiff sein Feuerleitradar aktiviert haben. Fast kam es zum Schusswechsel, die Nerven zwischen Ankara und Paris lagen blank. Eine Woche zuvor hatte sich bereits ein ähnlicher Zwischenfall ereignet, als drei türkische Kriegsschiffe die Kontrolle eines Frachters durch eine griechische Irini-Fregatte verhinderten.

Der Vorfall von Sonntagabend, als Ankara die Kontrolle eines Frachters unter türkischer Flagge durch eine deutsche Fregatte unterband, ist demnach nicht der erste Vorfall dieser Art. Die deutschen Soldaten mussten die Inspektion eines verdächtigen Schiffs rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Stadt Bengasi abbrechen. Auch dieses Mal kam es zum diplomatischen Eklat. Doch weiterhin wird es wohl so bleiben, dass türkische Schiffe nur kontrolliert werden können, wenn Ankara das zulässt. Eskaliert die Lage, stehen sich im Mittelmeer EU-Soldaten und Soldaten eines NATO-Mitglieds gegenüber. Der Irini-Mission bleibt derweil nur der Stopp von illegalen Ölexporten aus Libyen. Für ein Vorzeigeprojekt ist das herzlich wenig.

J.Scholer
25. November 2020 - 9.01

Noch immer unverständlich die EU-Politiker bei manch anderen Despoten mit Trompeten und Pauken ihrer Unmut kundtun.Im Gegensatz die Türkei ob in Berg- Karabach , der Ägäis, der Zypern-Frage, Kurdistan, Libyen oder auch die Unterdrückung der Meinungs-,Pressefreiheit gewähren lässt. Selbst den Grauen Wölfen ( außer Frankreich) , der Ditib lässt man auf europäischem Gebiet die Narrenfreiheit.Verhältnismäßig ungerechte Politik ,wurden die Polen, Ungarn, die Herren Lukaschenko und Putin wegen minderer oder gleicher Vergehen gerügt, mit Sanktionen belegt.