Noch wenige Treppen, dann ist der Anstieg geschafft. Oder doch nicht? Robert läuft mit dem Getränketablett um die Ecke. Er ist weit vor mir. Ich verliere ihn aus den Augen. Ich muss die Strategie ändern. Vollgas voraus. Der Becher auf dem Tablett kippt um und das ganze Wasser schwenkt in der Schale umher. Es ist schwierig, die Balance zu halten. Meine Kleidung ist nass. Vielleicht wäre ein wenig Vorbereitung doch besser gewesen.

Als Robert eine Stunde zuvor mit zwei Getränketabletts auftaucht, wird klar, dass wir gleich laufen werden. Robert Medjugorac ist Mitglied des 2022 gegründeten Jugendklubs von Esch/Sauer und mit der Organisation der dritten Auflage der „Course des garçons de café“ beschäftigt. Wir treffen uns, weil ich vom ehemaligen Gewinner erfahren möchte, wie man als Kurzzeit-Garçon und Gassenflitzer die beste Figur hinlegen kann. Viel verraten möchte er jedoch nicht. Das sei unfair gegenüber den anderen Teilnehmern, sagt er.
Geschüttelt, nicht verschüttet
Zusammen mit seinem 15-köpfigen Team hat er alle Hände voll zu tun, denn es wird Getränke- und Essstände geben, ein Flohmarkt wird aufgebaut und Promis werden erwartet, darunter eine ehemalige Prinzessin, einige Abgeordnete, Kulturminister Eric Thill und Landwirtschaftsministerin Martine Hansen. Sie alle wollen es am Samstag wissen: Wer kann am schnellsten und wer am effizientesten liefern?

Ich stehe vor den Treppen, vielen Treppen. Darauf konzentriert, das Tablett im Gleichgewicht zu halten und nichts zu verschütten, steige ich die Höhenmeter empor, viele Höhenmeter. Das Wasser schlägt gefährlich gegen den Becherrand. Ich halte den Atem an. Ein Fehler. Denn als ich oben ankomme, geht mir die Puste aus. Während Robert bereits um die Ecke flitzt, hinke ich keuchend hinterher. Gleichzeitig wird mir bewusst, dass ich schneller laufen muss, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Als ich mit dem nächsten Atemzug wieder losrenne, kippt der Becher um. Das Wasser schwappt über den Rand und auf die Hose.
Die Rechnung, bitte!
Die Regeln sind einfach: Die Teilnehmer müssen mit einer Hand ein Getränketablett halten. Darauf stehen zwei Plastikbecher und eine Glasflasche, sorgfältig in der Mitte des Tabletts platziert und mit Wasser gefüllt. Nun gilt es, diese Ladung Wasser (für die Erwachsenen sollte das etwa ein Liter sein) so schnell wie möglich und über Hindernisse hinweg zu transportieren, ohne das Wasser zu verschütten. Sollte dies doch passieren, wird das verschüttete Wasser am Ende gemessen. Je Zentiliter verschüttetes Wasser wird eine Sekunde zu der gelaufenen Zeit addiert. Die Ersten könnten also die Letzten sein.
Auf dem Tablett stehen zwei Becher à 30 cl und eine Flasche mit vermutlich 33 cl Wasser. Insgesamt könnte man also etwas weniger als 100 cl Wasser verschütten und damit fast 100 schreckhafte Sekunden hinzugerechnet bekommen. Auf den ersten Blick kommen demnach zwei Strategien für das Kellner-Rennen infrage: Entweder man rennt ohne Rücksicht auf Verluste drauflos oder man bewegt sich zügig und geschickt zum Ziel, ohne einen Tropfen zu verlieren.
Kurs des Garçons

Vor unserem Wettlauf frage ich Robert noch einmal, ob er mir einen Ratschlag geben könne. „Es hängt davon ab, wie man das Tablett hält“, verrät er dann doch, „ich halte es nicht mit der Hand von unten, sondern greife mit dem Daumen von der Seite hinein.“ Das Serviertablett wiegt mit dem Wasser zusammen etwas mehr als ein Kilogramm. Ob der ungeschulte Daumen das so lange aushält? Ich versuche es. Resultat: Der Becher schwimmt nun in der Wassersuppe. Robert hat gefühlt 20 Sekunden Vorsprung und in meinem Tablett sind wahrscheinlich 30 weitere verflüssigte Sekunden. Ganz ehrlich: Es sieht schlecht aus. Während sich der Daumen in das Tablett bohrt, gebe ich Vollgas. Als ich um die Ecke biege, sehe ich den ehemaligen und erneuten Gewinner bereits am Ziel stehen. Ich komme an und er stoppt die Zeit. Eine sportliche Geste.
Am Samstag müssen die Wettstreiter zuerst im 1 gegen 1 einen Hindernisparcours überwinden, um sich für das Rennen durch die Gassen zu qualifizieren. Nur wer es zuerst durch die Traktorreifen, über die Wippe und an anderen abstrusen Gegenständen vorbei schafft, ohne zu viel Wasser zu verschütten, der verdient sich einen Startplatz für das finale Rennen. Bis hierhin haben alle Teilnehmer bereits ein T-Shirt gewonnen. Nun galoppieren, rennen, watscheln die 20 besten so schnell es geht und viele hundert Meter lang die Gassen hoch und runter um den ersten, zweiten und dritten Platz. Auf die Gewinner warten Preise, Medaillen und ewige Anerkennung.
Wie dem auch sei: Am Samstag könnte es in Luxemburgs Cafés ein bisschen länger dauern, denn die schnellsten Kellner sind wahrscheinlich in Esch/Sauer unterwegs. Es soll ein Fest für die ganze Familie sein. Die Anmeldung erfolgt am Samstag vor Ort in der rue du Moulin. Die Straße selbst wird gesperrt sein, aber dafür gibt es ausreichend Bushaltestellen und Parkplätze in der Nähe.
Praktische Informationen
Startzeiten / Teilnahmegebühr
Kinder: 14 Uhr / 5 Euro
Erwachsene: 16 Uhr / 10 Euro
Gruppen ab fünf Personen erhalten einen Mengenrabatt.
Ab 18 Uhr gibt es lokal gebrautes Freibier.
De Maart

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