Corona-PandemieVor dem Gutachten zur Impfpflicht: So sieht es jenseits der Grenzen Luxemburgs aus

Corona-Pandemie / Vor dem Gutachten zur Impfpflicht: So sieht es jenseits der Grenzen Luxemburgs aus
In vielen Ländern beschränkt sich die Impfpflicht auf Angehörige der Medizin- und Pflegeberufe – und ist angesichts oft knapper Ressourcen auch da oft umstritten Foto: Pixabay

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Sollte in Luxemburg die Impfung gegen das Coronavirus zur Pflicht gemacht werden? Dazu äußern sich am Dienstag die Experten, die schon in den ersten Jahren der Pandemie die Regierung beraten haben. Doch egal, wie sie eine potenzielle Pflicht medizinisch bewerten – die gesellschaftliche Realität muss auch von der Regierung des Großherzogtums im Auge behalten werden. Ein abgleichender Blick über die Grenzen zeigt: Eine umfassende Impfpflicht hatte praktisch nirgendwo eine echte Chance. 

Wie immer das Gutachten der Luxemburger Experten zu einer Impfpflicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 am Dienstagmorgen ausfällt – es kommt zu einer Zeit, in der das Virus verbreitet als weniger gefährlich wahrgenommen wird, da zwar die Fallzahlen durchaus wieder ansteigen, andererseits sich dies in den Krankenhäusern und bei den Sterbefällen weniger deutlich widerspiegelt.

Obwohl die Fachwelt dies zum großen Teil auch in der großen Impfbereitschaft und guten Immunität der Bevölkerung begründet sieht, könnte, paradoxerweise, trotzdem eine mutmaßliche Notwendigkeit für eine Impfpflicht von weiten Teilen der Bevölkerung also nicht nachvollzogen werden.

All das würde der ohnehin kontrovers diskutierten Einführung einer Impfpflicht kaum mehr Akzeptanz verschaffen. Zudem ist international, nicht nur bei den direkten Nachbarn Luxemburgs, ein durchgehendes Muster erkennbar: In vielen Ländern war eine Impfpflicht jedenfalls auch in ungleich dramatischeren Phasen der Pandemie politisch praktisch nicht zu vermitteln.

In Deutschland wurde Mitte März 2022 lediglich eine „einrichtungs- und unternehmensbezogene Pflicht zum Nachweis einer Impfung, Genesung oder Kontraindikation“ eingeführt – während zwischenzeitlich eine Reihe grundverschiedener Gesetzentwürfe eingereicht worden waren: Sie reichten von Vorschlägen wie einer Impfpflicht ab 18 Jahren, über eine Impfpflicht ab 50 Jahren bis hin zur Ablehnung einer Impfpflicht und einem Vorsorgebeschluss, falls die Corona-Lage gefährlich außer Kontrolle geraten sollte. Ein fraktionsübergreifender Entwurf für eine allgemeine Impfpflicht zunächst ab 60 Jahren scheiterte im April deutlich im Bundestag. Kanzler Olaf Scholz stellte danach entnervt fest, dass es keine Basis für einen neuen Anlauf auf eine allgemeine Impfpflicht geben werde.

So blieb es dabei, dass lediglich Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen prinzipiell verpflichtet sind, einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder eine erfolgte Genesung vorzulegen. Durch die besondere Situation in Deutschland („Föderalismusprinzip“), dass die einzelnen Bundesländer eine hohe Autonomie bei der Gesetzgebung genießen, wurde die faktische Impfpflicht für die Betroffenen in ihrer Durchschlagskraft nochmals geschwächt: So hielten beispielsweise mehrere Bundesländer Übergangsfristen für erforderlich, um den Behörden zu ermöglichen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen und zu kontrollieren. Ohnehin bedeutet die gesetzliche Regelung ein großes Dilemma, denn vielerorts in Deutschland fehlt ohnehin geeignetes Personal in Medizin und Pflege: „Wir sind in einer Zwickmühle. Einerseits müssen wir das Gesetz ausführen, andererseits würden wir gern Personal halten“, erklärte etwa in einem Interview mit dem SWR eine Sprecherin des Rhein-Pfalz-Kreises – dort hatte man Ende Mai erst mal konkret härteres Vorgehen angekündigt: Impfunwillige sollten Geldstrafen von bis zu 2.500 Euro und ein Berufsverbot treffen.

In Frankreich ist die Bevölkerung längst an eine Impfpflicht gewöhnt, die sich gegen mehr als zehn Krankheiten richtet, darunter Masern, Kinderlähmung, Diphterie und Röteln. Trotzdem besteht auch hier seit September 2021 lediglich eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen: für Mitarbeiter von Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen, Pflegediensten sowie für Mitarbeiter von Rettungsdiensten und Feuerwehr. Das Gesetz sah die sofortige Suspendierung für alle betroffenen Mitarbeiter vor, die sich nicht impfen lassen wollten. 

In Belgien, wo man im November 2021 ebenfalls auf dem Weg war, eine Impfpflicht zumindest da einzuführen, wo häufig ein enger Kontakt mit Menschen besteht, die zudem auch noch überdurchschnittlich oft besonders vulnerabel sind, hat man diese Pläne mittlerweile eingefroren, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Die Omikron-Variante mit ihren milderen Verläufen war auch hier ein „Game Changer“: Im Mai 2022 stellte die zuständige Expertenkommission jedenfalls fest, die Entwicklung der Corona-Lage im Nachbarland Luxemburgs sei derzeit so günstig, dass eine umfassende Impfpflicht momentan nicht notwendig sei.

In Italien besteht, ähnlich wie in Frankreich, ohnehin eine Impfpflicht gegen eine Reihe von Krankheiten – und dort führte man auch eine allgemeine Impfpflicht für Personen ein, die älter als 50 Jahre sind: Seit dem 8. Januar 2022 waren alle entsprechend in Italien lebenden Personen zur Impfung gegen das Coronavirus verpflichtet – wer sich weigerte, sollte 100 Euro Bußgeld zahlen – einmalig. Doch auch dieser sanfte Zwang, der von Zutrittsverboten etwa für den öffentlichen Transport oder Kultureinrichtungen begleitet war, wurde inzwischen fallengelassen: Mit den jüngsten Lockerungen ist diese Impfpflicht verfallen: Seit Juni besteht die Impfpflicht nach Alter nicht mehr – und gilt auch in Italien nun lediglich für Menschen, die im Gesundheitsbereich tätig sind.

Ein weiteres Land, das sich zunächst mit pragmatisch zupackenden Regelungen hervorgetan hat, war Österreich. Doch auch hier stellte sich ein Sinneswandel ein: „Die Impfpflicht bringt niemanden zum Impfen“, stellte der österreichische Gesundheitsminister Rauch vor einigen Tagen fest über die Regelung, die prinzipiell seit Februar galt und die von allen Parlamentsparteien bis auf die rechte FPÖ unterstützt wurde. Ursprünglich sollte ab 15. März allen Impfverweigerern eine Geldstrafe von bis zu 3.600 Euro drohen. Doch gegen Ende des Winters dann die Abkehr: Die Regierung aus konservativer ÖVP und Grünen stellte fest, das sei angesichts der vorherrschenden Omikron-Variante nicht verhältnismäßig. Besonders in einer Zeit, die durch viele Sorgen, massive Teuerung und den Ukraine-Krieg geprägt sei, brauche die Gesellschaft nicht den spaltenden Streit um die Impfpflicht, sondern Solidarität, findet der Gesundheitsminister und stellt fest: „Wir bekommen das nur hin, wenn die Bereitschaft auf Freiwilligkeit fußt.“

Umfassende Impfpflichten sind bis dato international nur selten zu finden: In Ecuador muss sich jeder Einwohner ab dem Alter von fünf Jahren impfen lassen, allerdings werden Verstöße auch nicht bestraft. Strengeres Exerzieren der Impfpflicht gibt es vor allem da, wo das Durchgreifen im politischen Alltag ohnehin die Normalität ist und wo Dissenz, Opposition oder demokratische Willensbildung nicht einmal wirklich als nachrangig bezeichnet werden können – wie etwa in Saudi-Arabien oder im Vatikanstaat. (fgg)

Leila
5. Juli 2022 - 9.37

Eine Impfpflicht ist nur vertretbar wenn sie zu 100% wirksam, also immun gegen die Krankheit ist. Bei Corona sind wir mehr oder weniger Versuchskaninchen und das muss auf freiwilliger Basis sein! Ich will nicht bei immer neuen Coronaviren eine angepasste "Impfung" erhalten, wo führt das hin? Eine Bekannte von mir (40 Jhr. vehemente Verfechterin der Impfung), drei mal geimpft, bekam trotzdem Corona und hat immer noch mit schwere Nachwirkungen (CFS, Fibromyalgie, Atemnot) zu kämpfen. Sie ist überzeugt, ohne die Impfungen die Intensivstation von innen gesehen zu haben, doch wie soll das zu beweisen sein? Kann ja nicht.