Von Orban rausgeekelt: US-Universität zieht aus Budapest ab

Von Orban rausgeekelt: US-Universität zieht aus Budapest ab
Hat alles nichts gebracht: Noch vor einer Woche wurde in Budapest für den Erhalt der Elite-Uni demonstriert, nun muss sie ihre Türen schließen (Foto: AFP)

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Weltweit mühen sich Staaten und Metropolen um die Ansiedlung zukunftsträchtiger Bildungseinrichtungen. Ungarns nationalpopulistische Regierung geht den umgekehrten Weg: Zielstrebig hat Budapest die renommierte, aber politisch missliebige Central European University zu dem zu Wochenbeginn angekündigten Abzug nach Wien gedrängt.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad, Budapest

Ob in Ungarns Regierungskabinett zufrieden die Sektkorken knallten, ist unbekannt. Sicher ist, dass Budapest die 2017 in Angriff genommene Vertreibung der missliebigen Central European University (CEU) trotz weltweiter Proteste nun gelungen ist. In einer Erklärung kündigte die CEU zu Wochenbeginn die weitgehende Übersiedlung ihres Lehrbetriebs nach Wien ab September 2019 an. Eine US-Institution sei aus einem Land „vertrieben worden“, das ein NATO-Alliierter der USA sei, so CEU-Rektor Michael Ignatieff. Die CEU sei aus dem Land „herausgezwungen“ worden: „Dies ist beispiellos. Eine europäische Institution ist von einem Mitgliedsstaat der EU verdrängt worden.“

Tatsächlich hat die nationalpopulistische Regierung von Premier Viktor Orban zielstrebig alles unternommen, um die renommierte, aber ihr politisch missliebige Privatuniversität aus dem Land zu ekeln. Im März letzten Jahres wurde von ihr das Hochschulunterrichtsgesetz so verändert, dass die CEU bereits zur Einstellung ihres Lehrbetriebs gezwungen schien. Der in Ungarn und in der USA akkreditierten CEU gelang es jedoch, die Auflage eines Lehrbetriebs im Herkunftsland mit Hilfe der Partnerinstitution Brad College in New York zu erfüllen.

Soros, Staatsfeind Nr. 1

Da sich Ungarns Regierung trotzdem seit Monaten weigert, mit dem Staat New York einen Vertrag zur langfristigen Absicherung der CEU zu unterzeichnen, zieht das seit 25 Jahren in Budapest ansässige Elite-Institut nun die Reißleine. Alle Lehr- und Forschungsprogramme mit US-Abschlüssen werden ab Herbst nach Wien verlagert. In Budapest will die CEU dank ihrer heimischen Akkreditierung nur noch als rein ungarische Universität verbleiben, „so lange dies möglich ist“, so die Presseerklärung.

Obwohl der in Ungarn zum Staatsfeind Nummer eins dämonisierte US-Philanthrop und Finanzjongleur George Soros der Stifter der 1991 in Prag gegründeten und 1993 nach Budapest verlagerten CEU ist, wirkt deren staatlich organisierte Vertreibung eher irrational. Die auf globale Fragen und Prozesse spezialisierte CEU, an der 1.200 Studenten und Wissenschaftler aus über 100 Ländern eingeschrieben sind und 770 Mitarbeiter beschäftigt sind, genießt international einen ausgezeichneten Ruf: Selbst führende Politiker der regierenden Fidesz-Partei zählten in den letzten 25 Jahren zu den über 14.000 Absolventen der Elite-Institution.

Die „exzellente“ Qualität der akademischen Programme der CEU sei selbst bei Ungarns Zulassungsbehörden unbestritten, so CEU-Rektor Ignatieff, der die Vertreibung der Elite-Uni als „schamlose Verletzung der akademischen Freiheit“ geißelt. Ihm zufolge habe die Regierung nicht einmal versucht, akademische Gründe für ihr Kesseltreiben gegen die CEU ins Feld zu führen: „Die Regierung hat eine Ungerechtigkeit gegenüber ihren eigenen Bürgern begangen. Dies ist ein schwarzer Tag für Europa – und Ungarn.“