Esch-SchifflingenVon Eschlange bis Quartier Blöd: 500 Namensvorschläge für das neue Stadtviertel eingegangen

Esch-Schifflingen / Von Eschlange bis Quartier Blöd: 500 Namensvorschläge für das neue Stadtviertel eingegangen
 Fotomontage Tageblatt/Modell Cobe

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Quartier Blöd, Schiff-sur-Esch: Auch wenn sich einige der rund 500 Teilnehmer am Namenswettbewerb für das neue Stadtviertel auf der Industriebrache Esch-Schifflingen nicht gerade durch den subtilsten Humor auszeichneten, so schafften es doch 365 ernsthafte Vorschläge der Bevölkerung auf die Liste. Die wird nun von einer Jury ausgewertet. In einigen Wochen könnte die frühere Metzeschmelz dann einen zukunftsträchtigen Namen haben.     

2028 sollen die ersten Menschen hier einziehen. Auf dem 63 Hektar großen Gelände des früheren Stahlwerks Esch-Schifflingen entsteht in den nächsten 20 bis 25 Jahren ein neues Stadtviertel für bis zu 10.000 Einwohner. Zudem soll 2028 die geplante schnelle Tramverbindung zwischen der Hauptstadt und Esch dort ankommen. Die Straßenbahn wird in einer zweiten Bauphase zu einer innerstädtischen Tram, die via Boulevard Grande-Duchesse Charlotte den Beneluxplatz erreicht und dann über die Beleser Straße in Richtung Raemerich, Belval bis zur Endstation in Beles fährt.   

145 Jahre nach der Eröffnung der „Metzeschmelz“ legte ArcelorMittal im Februar 2016 das Stahlwerk Esch-Schifflingen definitiv still. Vor rund zehn Jahren, im September 2011, hatte der Stahlriese die vorübergehende Schließung zweier Werke verkündet: eine kleinere Anlage bei Madrid – und das Esch-Schifflinger Werk. Die Produktion wurde im Oktober eingestellt – und nie wieder aufgenommen. 

Seitdem wird am neuen Stadtviertel der Zukunft geplant. Den Architekturwettbewerb hatte die dänische Firma Cobe zusammen mit Urban Agency, Urban Creators und dem Luxemburger Büro Luxplan SA gewonnen. Das neue Stadtviertel soll weitgehend autofrei sein, energieneutral und den Herausforderungen des Klimawandels Rechnung tragen. 30% der bewohnbaren Fläche sollen für erschwinglichen Wohnraum genutzt werden und eine Reihe von Installationen als Industriedenkmäler erhalten bleiben. Die Entwicklungsgesellschaft Agora, die ebenfalls das Belval-Viertel konzipierte, zeichnet für das Riesenprojekt verantwortlich, wobei Agora zu 50% ArcelorMittal und zu 50% dem Luxemburger Staat gehört.

Zu den angenehmen Aufgaben darf die Namensfindung gezählt werden, die nun in die Zielgerade einbiegt. Bis zum 30. November 2021 konnten die Bürger im Rahmen eines Wettbewerbs Vorschläge einreichen, wie das Viertel später einmal heißen soll. Rund 500 Einsendungen gab es insgesamt, davon übrig geblieben sind 365. Die Dopplungen mussten herausgefiltert werden, und auch die „Frechheiten“, wie es Esch Bürgermeister Georges Mischo (CSV) ausdrückt. Und von denen gab es einige, selbst wenn Mischo über die allermeisten den Mantel des Schweigens legt. „Quartier Blöd“ wäre so eine gewesen, noch relativ harmlos. Schiff-sur-Esch, ein „Running Gag“ jenseits der Escher Stadtgrenzen, war nicht dabei, immerhin. Die Industriebrache liegt zu 91 Prozent auf Escher Territorium.

Humor ist …

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und so kann sich Mischo auch über den Vorschlag mit dem Namen seines Vaters amüsieren: „Quartier Josy Mischo“ (G. Mischo: „Ich habe den nicht eingereicht“). Andere Möglichkeit: „Quartier Astrid Lulling“. Die Pioniere der Stahlproduktion kommen ebenfalls zu Ehren, womit die doch ernsthafteren Vorschläge ein geläutet wären: Quartier Sidney Thomas oder aber Quartier Henry Bessemer. Thomas erfand das Verfahren zur Erzeugung von Eisen und Stahl aus phosphorreichem Eisenerz, das nach ihm benannte Thomas-Verfahren. Bessemer ist durch die Erfindung der Bessemerbirne quasi der Vater der Massenproduktion von Stahl. Die Geschichte der Stahlhütte kommt in vielen Namensvorschlägen vor. „Op der …“ oder „An der Metzeschmelz“ wurde mehrfach eingesandt, „Quartier Drotstrooss“ oder „Quartier Feierstëppler“ sind weitere Ideen aus der Bevölkerung. Und ein Mitspieler fühlte sich durch Sport inspiriert. Auch wenn Novak Djokovic zuletzt in der Impfdebatte unangenehm auffiel, so ist er doch einer der besten Tennisspieler aller Zeiten. Ob man deswegen aber einen Stadtteil in Esch nach ihm benennen muss, steht auf einem anderen Blatt.

Das Modell des neuen Stadtviertels<br />
Das Modell des neuen Stadtviertels
 Foto: Julien Garroy/Editpress

Eine Jury wird nun die 365 Vorschläge analysieren. Mit dabei sind die Bürgermeister von Esch und Schifflingen, Georges Mischo und Paul Weimerskirch. Dazu ein Politiker der Opposition, der im Fall Schifflingen LSAP-Chef Carlo Feiereisen sein wird. Dazu kommen zwei Vertreter der Agora sowie je ein Mitglied der Öffentlichkeitsabteilung beider Gemeinden. „Mal schauen, wie schnell wir vorankommen“, sagt Georges Mischo, „vielleicht haben wir ja schon bis zum Monatsende eine Entscheidung“.

Zu kompliziert soll der Name nicht werden, um Besucher von außerhalb nicht mit einem Zungenbrecher zu überfordern. Das jedenfalls ist der Wunsch der Agora. „Catchy“ soll der neue Name vielmehr sein, also eingängig. Bezug nehmen soll er zudem auf beide Gemeinden, nicht bloß auf eine.        

Dem Gewinner des Wettbewerbs winkt übrigens nicht nur die Ehre, Namensgeber eines 10.000-Einwohner-Stadtviertels der Zukunft zu sein, sondern auch ein konkreter Preis: ein E-Roller. Platz zwei bekommt einen Gutschein für eine Übernachtung für zwei Personen in den „Escher Bamheiser“, Platz drei winkt ein 150-Euro-Einkaufbon, einlösbar in den Geschäften von Esch und Schifflingen. Der Vorschlag „Quartier Guinée-Bissau“ steht auch auf der Liste. Der Einsender lieferte die Begründung gleich mit. Er komme aus dem westafrikanischen Land und müsse mobil bleiben. Den E-Roller könne er demnach prima gebrauchen …            

Seit September 2011 ist das Tor des Stahlwerks Esch-Schifflingen definitiv geschlossen 
Seit September 2011 ist das Tor des Stahlwerks Esch-Schifflingen definitiv geschlossen  Foto: Editpress-Archiv
Undine
12. April 2022 - 12.20

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