Vom alten Glanz der „Gantebeensmillen“ findet sich in Hesperingen (fast) keine Spur mehr

Vom alten Glanz der „Gantebeensmillen“ findet sich in Hesperingen (fast) keine Spur mehr

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Anfang der 1930er Jahre entstand in und um eine ehemalige Mühle im Alzettetal ein Freibad mit Café. Hier fanden internationale Schwimmwettbewerbe und unvergessliche Tanzabende statt. Und im Winter verwandelte sich die „Gantebeensmillen“ in eine beliebte Eislaufbahn.  Heute ist von all dem Glanz nichts mehr übrig. Der ehemalige Naherholungsort ist nur noch eine Ruine, deren Zukunft ungewiss ist.

Von André Feller (Text) / Mit historischen Fotos von Batty Fischer, Marcel Tockert und Jean Proess (Photothéque VDL) und aktuellen Fotos von Guido Romaschewsky (Editpress)

Noch lange vor der Industrialisierung spielten wasserbetriebene Mühlen als physikalisch-mechanische Energiequelle eine wichtige Rolle im Alltag der Unternehmen. Von den einst quasi unzähligen Mühlen im Lande gibt es heute kaum noch Überbleibsel. Oftmals erinnert nur noch der Flurname an die vergangene vorindustrielle Zeit. Zur damaligen städtisch florierenden Industrie in der Umgebung von Hamm gehörte das Alzettetal mit fünf Mühlen, darunter die „Gantebeensmillen“.

Über die Ursprünge der Mühle ist recht wenig bekannt. Urkundlich nachgewiesen ist eine Immobilientransaktion vom 21. August 1786. Damals erwarb ein gewisser Andreas Müller, Huf- und Waffenschmied von der Gemeinde Bonneweg, einen Platz zur Erbauung einer Schleifmühle. Diese sich am rechten Alzetteufer befindende Mühle wurde einst als „Mille beim Tuerbelsfiels“ bezeichnet. 1821 kaufte Pierre Gantenbein die Mühle und zwei Jahre später, im Februar 1823, erhielt er die Genehmigung zum Umbau der Schleiferei in eine Mehlmühle mit drei Gängen. Die Mühle taucht später in den Katasterplänen mit drei Wasserrädern auf. 1872 verkaufte der Nachfolger, sein Sohn, die Mühle an die Tuchfabrik der Gebrüder Godchaux.

Die „Gantebeensmillen“ steht besonders für die heutige ältere Generation als Synonym für ein ehemaliges Naherholungsgebiet unweit der Hauptstadt inmitten einer idyllischen Natur. Anfang der 1930er Jahre ließ die Familie Legros-Kremer am linken Alzetteufer ein Freibad mitsamt Café errichten. Am 24. Juni 1934 fand die feierliche Eröffnung des Freibades mit einem einzigartigen Ereignis statt. Wie in der Zeitung L’indépendance luxembourgeoise vom 25. Juni 1934 nachzulesen ist, trug der Swimming Club Luxembourg einen internationalen Schwimmwettbewerb aus. Zu Gast waren die Schwimmer des Royal Otter Club aus Antwerpen, die sich äußerst schwertaten, sich vor 1.000 Zuschauern gegen den SCL zu behaupten. Bei allen ausgetragenen Meisterschaften gelang es dem belgischen Verein nur, das 5×100-Meter-Brustschwimmen für sich zu entscheiden. Sehr unsportlich ging es beim abschließenden Wasserpolo zu. Die belgischen Schwimmer verließen aus Protest gegen die Entscheidungen des Escher Schiedsrichters Masson das Becken.

Schwimmmeisterschaft

Das Freibad auf „Gantebeensmillen“ diente in den Folgejahren immer wieder als Austragungsort von internationalen Schwimmmeisterschaften, wie man in verschiedenen Tageszeitungen nachlesen kann. Am 15. Juli 1934 war der Verein aus Roubaix zu Gast. Nicht nur die Sportschwimmer weilten häufig auf „Gantebeensmillen“. Viele Menschen aus der nahen Umgebung nutzten das Freibad als Naherholungsort. Im Tageblatt vom 22. August 1935 wurde ein Volksschwimmfest zusammen mit den Klubmeisterschaften des SCL gegen ERA Esch am 25. August angekündigt.

1945 eröffnete Jules Rolling die „Hostellerie Gantenbeinsmühle“. Der Erfolg und Bekanntheitsgrad der „Gantebeensmillen“ hielt bis in die 1960er Jahre an. Die Menschen kamen nicht nur zum Schwimmen, sondern auch zum Tanzen. So kündigte das Tageblatt vom 30. Juni 1950 in einem größeren Artikel die „Garden Party“ des American Club am 4. Juli 1950 an. Scheinbar gab es viele Gäste am Independence Day, ein Buspendeldienst zwischen dem Pariser Platz und der „Gantebeensmillen“ wurde eingerichtet. Für 150 Franken wurde den Gästen eine Party mit kaltem Buffet, klassischen Tänzen, Dancing und Musik vom Feinsten vom Orchester Johnny Glesener geboten.

Lautes Nachtleben

Getanzt und gefeiert wurde in dem idyllischen Alzettetal viel, wie man auf der Webseite memories.lu vom „RBS – Center fir Altersfroen“ nachlesen kann. So berichtet Marie-Louise Wallers-Rykal von zwei Schwimmbecken, einer Terrasse und einem Café. In den 50er Jahren war das Schwimmbad immer noch ein echter Anziehungsmagnet für die „Bouneweger“, so die Seniorin.

Unterhalb der Terrasse befanden sich moderne Kabinen und Toiletten. Im Laufe der Zeit entstand eine Tanzfläche mit eleganten Arkaden und einem Mosaikboden. Besonders samstags blühte hier das Nachtleben so richtig auf. Des einen Freud, des anderen Leid, beschwerten sich die Einwohner Bonnewegs aus der heutigen rue Pierre Krier und der rue Anatole France über den nächtlichen Autoverkehr. Marie Louise Wallers-Rykal berichtet von ihren ersten Abenteuern als zehn- bis elfjähriges Kind im neuen Sommerrock zusammen mit ihren Eltern im Tanzlokal und dem damaligen Welthit „Harry Lime Theme“ aus dem Film „Der dritte Mann“.

Die „Gantebeensmillen“ war im Winter als Eislaufbahn beliebt, wie man aus dem Luxemburger Wort vom Januar 1947 entnehmen kann. Angekündigt wurden dort die II. Studentenmeisterschaften der Lasel für den 12. Januar 1947 im Eiskunst- und Eisschnelllauf mit Pflichtfiguren.

Verwahrlost

Anfang der 60er Jahre wurde es im Alzettetal ruhiger, das Lokal wurde geschlossen. In den 70ern erwarb ein neuer Besitzer das Gelände und renovierte die Schwimmbecken sowie die bestehende Anlage. Der Restaurantbetrieb funktionierte ebenfalls wieder und der Erfolg war erneut sehr beachtlich – und zwar derart, dass ein zweiter Parkplatz angelegt wurde, berichtet die Seniorin weiter in ihren Erzählungen.

Von den schönen Zeiten ist nichts mehr geblieben. Seit Jahren stehen die verwahrlosten Gebäude leer, 2017 kam es zu einem Brand in einem der Zimmer. Die Mühle ist schon seit Jahrzehnten, nachdem der Naherholungsort eröffnet wurde, verschwunden. Im Laufe der Geschichte des Cafés und Schwimmbads gab es mehrere Besitzerwechsel. Die letzten Transaktionen wurde zwischen den Investoren Alain van Kasteren und Kindy Fritsch sowie dem Inhaber von Greenfinch abgewickelt. Die „Hotel Gantenbeinsmillen s.à r.l.“, Registernummer B114006, wechselte am 26. Januar 2012 den Besitzer. Die Inhaber Joachim Mittermüller und Alain van Kasteren übertragen ihren Anteil von jeweils 50 Prozent der „Hotel Gantenbeinsmillen s.à r.l.“ an die Besitzer des Cafés und Schwimmbads, also an die Gesellschaft K.F. Finance SA, vertreten durch Kindy Fritsch.

Ungewisse Zukunft

Wie es nun um die Zukunft steht, ist noch immer ungewiss. Die Gemeinde Hesperingen hat in der Vergangenheit die Parzellen im PAG mittels einer punktuellen Abänderung neu ausgewiesen. Zuletzt wurden die sogenannte „zone de moyenne densité“ und teilweise die „zone des aménagements publics“ in eine „zone des sports et loisirs“ bzw. eine „zone de verdure“ klassiert. Hiermit ist es möglich, den Tourismus an diesem idyllischen Ort zu fördern. Schon öfter gab es die Ankündigung eines Wellnesshotels, doch bisher wurde daraus nichts, so der Hesperinger Bürgermeister Marc Lies gegenüber dem Tageblatt.
Kindy Fritsch ist wohl am Bau eines Wellnesshotels interessiert, jedoch in einer wesentlich höheren Baudichte, als sich die Gemeindeverantwortlichen das vorstellen. Greenfinch Capital schwebt ein vierstöckiges Hotel von über 20.000 Quadratmetern vor, wie man im Webportal des Investors nachschlagen kann.

Die Gemeinde lehnte dieses Projekt jedoch ab. „Wir befürworten ein Hotel und die Tourismusförderung“, so Lies, „jedoch in einem an die Landschaft angepassten Rahmen.“
Zudem sei die Gemarkung „Gantebeensmillen“ für die Gemeinde je nach künftigem Bauvorhaben mit gewissen Hürden verbunden. Der Zugang zum Areal führt über Bonneweg und somit über das Gebiet der Stadt Luxemburg. Ein Ausbau der Zufahrtswege ist aus diesem Grund sehr aufwendig, ebenso wie die Erweiterung der Trink- und Abwasserinfrastruktur, so Lies.

Kindy Fritsch wurde vor etwa einem Jahr bei der Gemeinde mit dem Hotelprojekt vorstellig. Seither herrscht Funkstille zwischen den beiden Parteien. Marc Lies bedauert die Situation und das triste Dasein der „Gantebeensmillen“.

DagobertEgo
20. Dezember 2018 - 11.11

A propose Ruhestörung und Streit zwischen Gemeinden... Vielleicht hätte die Stadt Luxembourg dieses Problem damals lösen können mit der Verlängerung einer Bonneweger Buslinie hinunter bis zur Gantebeensmillen. Auch hätte der private Besitzer seine Freizeitinfrastruktur unbeding runderneuern müssen. Dazu fehlte aber vielleicht das notwendige Budget...

J.C.KEMP
19. Dezember 2018 - 14.09

Das Problem war der 'Krieg' zwischen der Stadt L. und der Gemeinde Hesperingen. Gantebeinsmillen befindet sich auf Hesperinger Territorium aber fast der ganze Zugang geschah über Bonneweg, mit der Ruhestörung für die Bewohner der Hauptzufahrtsstrasse.

roger wohlfart
19. Dezember 2018 - 13.48

Die Gantebeensmillen sieht schon ziemlich verlottert auf dem obigen Foto aus. Was früher in war, ist heute undenkbar. So verändern Zeit und Fortschritt Mode, Kultur , Geschmack und Lebensstil und zurück bleibt eine gewisse Nostalgie. Die Zeit kann man nicht aufhalten aber im Bild festhalten.