Viktor Orban und die Luxemburger: Alte Feinde

Viktor Orban und die Luxemburger: Alte Feinde

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Die CSV will, dass die ungarische Fidesz die Europäische Volkspartei (EVP) verlässt. Die Feindschaft zwischen Orban und den luxemburgischen Politikern ist nicht neu. Auch wenn die Kritik nicht bei allen gleich laut ist.

„The dictator is coming.“ Der Satz, den Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Mai 2015 zur Begrüßung des ungarischen Premierministers Viktor Orban nutzte, ist legendär. Genau wie die Ohrfeige, die folgte. Juncker wusste als alteingesessener Polithase genau, dass gerade Kameras auf ihn und Orban gerichtet waren und dass seine Worte aufgenommen werden würden. Er nahm es in Kauf und der kurze Streifen sorgte in der ganzen EU für Belustigung und Ärger, je nachdem, wer zu Wort kam.

Anfang August stellte die CSV auf einer Pressekonferenz die Mitgliedschaft der Fidesz-Partei in der EVP wieder infrage. Die Europäische Volkspartei solle über die Anti-Immigrationspolitik des ungarischen Premiers diskutieren, sagte CSV-Parteipräsident Marc Spautz. Die luxemburgische Partei sei dabei, Unterschriften zu sammeln, damit das Thema am 7. und 8. November in Helsinki auf einem EVP-Kongress besprochen werde. CSV-Generalsekretär Laurent Zeimet bestätigte gegenüber dem Online-Magazin Reporter, dass schon sieben Schwesterparteien dem Ruf gefolgt seien. Es würden allerdings noch Schwergewichte in der europäischen Politik, wie beispielsweise die deutsche CDU/CSU, unter den Unterstützern fehlen.

Viviane Reding: „Orban soll gehen“

Die Ablehnung der luxemburgischen Politiker gegenüber Orban ist nicht neu. Noch bevor ein CSV-Politiker den ungarischen Premierminister auf dem Schirm hatte, gab Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (LSAP) sehr deutlich die Richtung vor. Als die Fidesz 2010 ein umstrittenes Mediengesetz einführen wollte, das es Orban erlauben würde, gegen regierungskritische Journalisten vorzugehen, erhob Asselborn die Stimme.

„Das ist eine direkte Gefahr für die Demokratie“, sagt er. Die EU-Kommission müsse etwas unternehmen. Die Europäische Union habe sich immer für Pressefreiheit eingesetzt und das geplante ungarische Gesetz würde die „Meinungsbildung unter die Kontrolle des Staates“ stellen. Im Jahr 2011, als das ungarische Mediengesetz kurz vor dem Abschluss stand, folgte Luxemburgs damaliger Premierminister Jean-Claude Juncker der Kritik seines Außenministers. Dabei war er es, der 2004 „die Einverleibung der Fidesz per Vollmitgliedschaft sehr aktiv betrieb und schon damals innerhalb der EVP hervorgebrachte Bedenken zurückwies“, wie die luxemburgische Wochenzeitung Woxx erst kürzlich erinnerte.

Reding: „Die Zeit ist gekommen“

Währenddessen hatte sich Orban einen weiteren luxemburgischen Feind in der EU-Kommission gemacht. Die damalige Justizkommissarin Viviane Reding sorgte mehrmals dafür, dass geplante Gesetze der Fidesz-Partei vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) landeten. Mit Erfolg. Beispielsweise als Orban 2011 das Rentenalter der Richter von 70 auf 62 Jahre herabsetzen wollte. Die EU und Reding sahen darin einen Versuch, „unbequeme Richter loszuwerden“. Der EuGH gab Reding und der Kommission recht. Auch Asselborn ließ in der Zeit nicht locker. 2012 nannte er Ungarn den „Schandfleck der EU“.

Es war nicht das letzte Mal, dass sich Orban und Reding ein politisches Gefecht lieferten. Reding warnte sogar davor, dass der ungarische Premier sein Land in einen „illiberalen Staat“ umwandeln wolle. Nach dem Ende von Redings Mandat, im Mai 2015, folgte in einem Meinungsbeitrag in der deutschen Zeitung Die Welt das Fazit: „Die Zeit ist gekommen, die Mitgliedschaft von Viktor Orbans Fidesz-Partei in der EVP infrage zu stellen“, schrieb sie.  „Zu lange hat man sich die Missachtung unserer Werte gefallen lassen.“ Damit müsse Schluss sein. Orban solle gehen.

In der EVP sah man das anders. Die Eskapaden des ungarischen Premierministers wurden geduldet, obwohl er schon dabei war, den Rechtsstaat aufzulösen. Er stellte stets die liberale Demokratie infrage, fuhr einen harten Kurs gegen Flüchtlinge und wollte sogar eine Debatte über die Wiedereinführung der Todesstrafe führen. Seit 2015 übernahm er die Themen und den Ton der rechtsextremen Partei Jobbik, nachdem diese drohte ihn in den Umfrage zu überholen. Mittlerweile wird die Fidesz weiter rechts eingestuft als die Jobbik, die wiederum etwas in die Mitte rutschte.

Die Wahl Junckers zum EU-Kommissionspräsidenten

Redings Kreuzzug gegen ihn hat der ungarische Premierminister der CSV nicht verziehen. Als der Posten des EU-Kommissionspräsidenten neu besetzt werden sollte und Juncker zum Favoriten wurde, versuchte Orban, sich ihm in den Weg zu stellen. Erfolglos. Lediglich der britische Premierminister David Cameron war auf der Seite des ungarischen Premierministers. Beide waren der Meinung, Juncker sei zu „integrationsfreudig“, um die EU zu lenken. Im ungarischen Fernsehen erklärte Orban damals, dass ein Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident nicht im ungarischen Interesse sei und dass die Abgeordneten „definitiv nicht“ für Juncker stimmen würden.

Für CSV-Parteipräsident Marc Spautz war damals klar, dass Ungarn sich wegen der vorher genannten Kritiken gegen Juncker aussprach. In einem Blog-Beitrag vom 17. Juni 2014 schrieb er: „Die Ablehnung von Viktor Orban, des ungarischen Ministerpräsidenten, ist auf die Kritik von Jean-Claude Juncker am ungarischen Mediengesetz zurückzuführen ebenso wie auf Stellungnahmen von Viviane Reding, die in ihrer Eigenschaft als Kommissarin für Justiz und Grundrechte den ungarischen Staat auf geltende europäische Verpflichtungen hinwies.“ Ansonsten blieb die Kritik der CSV an Orban bescheiden. Lediglich Reding plädierte immer wieder dafür, die Fidesz auszuschließen.

CSV sieht wieder Ausschluss-Bedarf

Als Kommissionspräsident blieb Juncker auf Konfrontationskurs mit dem ungarischen Premierminister. Immer wieder übten die beiden Kritik aneinander aus. Während Juncker Orban wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit attackierte, konterte dieser, dass die EU sich aus innenpolitischen ungarischen Angelegenheiten heraushalten sollte. Asselborn wurde radikaler und forderte im September 2016 gar unter tosendem Applaus einerseits und dem Vorwurf der „Megafon-Diplomatie“ andererseits den Ausschluss Ungarns aus der EU. Ansonsten blieb die Kritik aus Luxemburg zurückhaltender. Weder die CSV noch Premierminister Xavier Bettel (DP) positionierten sich klar. Bettel widersprach sogar seinem Außenminister und meinte, man solle die EU als Familie betrachten und kein Mitglied ausschließen.

Nun kam Anfang August die Wende und die luxemburgische CSV scheint tatsächlich einen Austritt herbeiführen zu wollen. Am 6. September dieses Jahres sprach Juncker Klartext, als er gegenüber italienischen Reportern erklärte, die Mitgliedschaft der Fidesz in der EVP sei „ein Problem“. Bisher ist unklar, ob der Vorstoß der luxemburgischen Christsozialen bei den europäischen Schwesterparteien auf fruchtbaren Boden stoßen wird. Sie hat noch zwei Monate Zeit, die anderen EVP-Mitglieder zu überzeugen. Und die luxemburgische Partei scheint bereit zu sein, ihre Konsequenzen zu ziehen. Im Gespräch mit Reporter meinte CSV-Generalsekretär Laurent Zeimet, dass sogar ein CSV-Austritt aus der EVP eine denkbare Option wäre.

roger wohlfart
14. September 2018 - 14.04

Juncker zum Orban: " Keng Angscht Viktor, ech bäisse nët ! "

roger wohlfart
12. September 2018 - 9.20

Sehen so Feinde einander an? Bei Juncker würde der Franzose sagen: " Il rit jaune ". Aber der umarmt und küsst ja bekanntlich jeden, ob Freund oder Feind. Juncker's Körpersprache widerspricht seiner Aussage " The dictator is coming " Das ist alles anders als ehrlich!

BillieTH
11. September 2018 - 22.02

Ausschluss-Bedarf... ja klar... fur Angela Merkel